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Ab dem 27. Juni 2012 wird in der IBB-Videlounge "Metropolis. Report from China" (2006) gezeigt, ein gemeinsames Filmprojekt von Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer. 2004 unternehmen die Künstler eine Reise in Chinas Megastädte Shanghai und Peking, um Material zu sammeln für ein „Remake“ des expressionistischen Stummfilms "Metropolis" von 1927. Mit "Metropolis. Report from China" ist ein Dokumentarfilm entstanden, der einen kritischen Blick auf Chinas Bauboom und die damit einhergehenden sozialen Probleme wirft. Fritz Langs Vision bildet die Projektionsfolie für einen differenzierten Blick auf das heutige China.

Fritz Langs Film „Metropolis“ aus dem Jahr 1927 inszeniert die Kulisse der utopischen Stadt „Metropolis“ als beeindruckende, jedoch dystopische Maschinerie. Die Maschinen bestimmen den Arbeitstakt der in der Unterstadt lebenden Arbeiter, welche diese unermüdlich am Laufen halten müssen. Zugleich profitieren die Menschen in der reichen Oberstadt von den technischen Errungenschaften, welche Annehmlichkeiten wie Aufzüge oder elektrische Beleuchtung garantiert. Die Maschinen bedingen eine – auch städtebaulich sichtbare – soziale Kluft. Metropolis stellt eine hochkomplexe, funktionale Stadtlandschaft dar, die an konstruktivistischen Architekturvisionen orientiert ist.

Für Fritz Lang war es die Stadt New York, die ihn seit einem Aufenthalt 1924 durch ihre gesellschaftliche und architektonische Realität beeindruckte und zu seinem Film inspirierte. Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer hingegen beschäftigen sich während eines einmonatigen Aufenthalts 2004 mit den Megastädten in China, um deren Potenzial als Kulisse eines „Re-makes“ von Metropolis zu recherchieren. Die Faszination für ein Land im Aufbau, das sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts neu definiert, für ein China vor den Olympischen Spielen und vor der Realisierung der ersten superlativen Wolkenkratzer, bewegt die beiden zu dieser Reise. Wird in China jene Vision Wirklichkeit, die Metropolis vorgezeichnet hat?

Maya Schweizers und Clemens von Wedemeyers Dokumentarfilm „Metropolis. Report from China“ zeichnet im Gegensatz zu Langs pathetischem Stummfilm das nüchterne Porträt eines Landes, das über sich hinauszuwachsen versucht, während es sich in ökologischer und sozialer Hinsicht in eine selbst geschaffene Katastrophe bewegt. So suggerieren es die dystopischen Bilder der in Verkehrsstaus erstickenden, dunstigen Megastädte.

Obwohl uns diese Bilder bekannt sind, gelingt es Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer, dem Film eine eigenartige Spannung zu verleihen. Oft widersprechen sich das Gezeigte und das Gesagte, die Bilder und die Aussagen der Interviewpartner wollen nicht zusammenpassen. Warum konnten Megastädte wie Shanghai und Peking trotz der meist unzumutbaren Lebensbedingungen zum Mekka und Sehnsuchtsort westlicher Architekten werden? Sicherlich weil hier noch im großen Maßstab gebaut und Architektur als Statussymbol eingesetzt wird. Doch das Ergebnis dieses Prozesses hat mit der Utopie im Sinne von „Metropolis“ nur noch wenig zu tun. Das chinesische Stadtbild des 21. Jahrhunderts ist vielmehr eine Ballung überdimensionaler, nüchterner Bauten auf dem neuesten technischenStand, wie man sie in Europa oder selbst in Amerika in dieser Häufung heute kaum mehr antrifft.

Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer kontrastieren das filmische Vorbild mit der Gegenwart und regen zum Nachdenken darüber an, inwiefern die gebaute Realität ein Land und seine Bevölkerung beeinflusst. Stellt Lang diese Beziehung noch parabelhaft und überzeichnet dar, so verhandeln die beiden Künstler die Botschaft von Metropolis zeitgemäßer. Metropolis dient ihnen lediglich als Reflektionsfolie, die ein kritischer Betrachter nutzen soll, um sich ein eigenes Bild des heutigen Chinas zu machen. Es gibt nur wenige Projekte, an denen Maya Schweizer ( 1976 in Maisons-Alfort) und Clemens von Wedemeyer ( 1974 in Göttingen) als Künstlerduo arbeiten. Neben „Metropolis. Report from China“ gab es bislang den gemeinsamen Film „Rien du tout“, der 2006 im Rahmen der 4. Berlin Biennale zu sehen war.

Im Rahmen der Ausstellung „12x12. Die IBB-Videolounge in der Berlinischen Galerie“ ist ein Künstlergespräch mit Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer geplant.

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12 x 12. Die IBB-Videolounge: Maya Schweizer, Clemens von Wedemeyer