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Die Abwesenheitsnotiz ist Bestandteil eines jeden Email-Programms, das bei eingehender Nachricht mittels einer automatisch generierten Meldung die Außenwelt über das eigene Fernsein informiert und Gründe für die befristete Unerreichbarkeit benennt. Darüber hinaus kann die Abwesenheitsnotiz als kommunikatives Gelenk fungieren, indem sie an eine Vertretung verweist oder standortunabhängige Kontaktmöglichkeiten aufzeigt.

Die produktive Auseinandersetzung mit Abwesenheiten und Übergangssituationen ist in der Entwicklungsgeschichte des Museums Abteiberg vielfach angelegt und findet sich auch in Hans Holleins postmoderner Architektur in Metaphern der Ruine, des Fragmentarischen und der Täuschung wieder. Entsprechend markiert das Museum X die Abwesenheitsnotiz für das in der Sanierungszeit nicht präsente Abteibergmuseum, ohne es jedoch nachahmen oder ersetzen zu wollen.

Vor diesem Hintergrund verstehen sich die von sechs internationalen Künstlern realisierten Projektbeiträge als kontaktstiftendes Moment zwischen Sender und Empfänger, als Notizen oder Kommentare in einer Zeit temporärer Abwesenheit. In Auseinandersetzung mit Öffentlichkeit, Alltagswahrnehmung und Bedeutung des Museums im städtischen Kontext dient Museum X als Anlass, Ausgangspunkt und Plattform. Die Zwischenzeit der Sanierung und Neuorientierung ist Chance und Herausforderung, diese Themen in unmittelbarer Nähe zum Museum X und zur Stadt mit ganz unterschiedlichen Akzenten künstlerisch umzusetzen:

Mark Bain wird das Vakuum des leer stehenden Theatersaals im Museum X in akustische Schwingungen transponieren und die Stille und Verlassenheit dieses Ortes hörbar machen. Auf dem Platz wird sich ein amorph geschwungener Bauzaun der FEHLSTELLE vor der Museumsfront entlang schlängeln, dessen üblicherweise rückseitig angebrachte Stützkonstruktionen nach außen zur Stadt weisen und ausschnitthafte Durchblicke von der Einkaufszone auf das Museum und vom Museum auf die Strasse zulassen. Auf beiden Seiten fühlt man sich entweder außen vor oder mitten drin, auf jeden Fall als Teil des Lebens, das eine Baustelle ist. Die modellhafte Stadtlandschaft von Jan Brokof im Schaufenster der Theatergalerie erscheint in einem (Un)maßstab, der sich zwischen Architekturmodell- und Realgröße bewegt. Straßenfluchten und Hochhauskomplexe wirken je nach Betrachterstandpunkt räumlich, dreidimensional oder aber entlarven sich in Referenz zur Fassade des Museum X als flächige Attrappen, wobei die Technik des Holzschnitts das Vexierspiel zwischen Täuschung und Illusion forciert. Die Frage nach städtischer Repräsentation stellt sich auch bei Tilmann Meyer-Faje, der für Mönchengladbach das Porträt einer lebendigen Stadt entwirft, das als filmischer Stadtführer vorgeführt wird: Eine Text-Bild-Collage aus touristisch aufbereiteten Heimatbüchern, die auf den ersten Blick ortsspezifisch und porträtierend daherkommt, erweist sich tatsächlich als Patchwork austauschbarer Phrasen und urbaner Allgemeinplätze. In seiner Zeitungskolumne „Night Writer“ berichtet Duro Toomato über ein Phantom in fabelhaft verdichteter Tiergestalt, das in Geschäfte der Hindenburgstrasse nach Ladenschluss eindringt und seine ganz persönlichen Eindrücke der städtischen Atmosphäre niederschreibt. Das Atelier für Sonderaufgaben zelebriert einen semiöffentlichen Durchgang durch die nie fertig gestellte Passage des ursprünglichen Abteibergkonzepts von Hans Hollein. Vor allem Anwohner in der Nachbarschaft dieses Areals sind eingeladen, den bis heute fehlenden baulichen Link zwischen Stadt und Abteibergmuseum im gemeinsamen Durchqueren performativ in die Tat umzusetzen. Die Aktion wird anschließend filmisch wie fotografisch im Museum X dokumentiert sein. Ausgehend von der Scheinwirklichkeit des Museum X, das einen konventionellen Ausstellungsbetrieb vortäuscht und mit den Erwartungshaltungen seiner Besucher spielt, geht es in allen Beiträgen um Simulationen, die Abwesenheiten sichtbar machen und diese zugleich mit neuer Präsenz füllen.

- Atelier für Sonderaufgaben: Frank u. Patrik Riklin (St. Gallen); Mark Bain (Amsterdam); Jan Brokof (Berlin/Dresden), FEHLSTELLE (Düsseldorf): Johannes Döring, Barbara Hilski, Thomas Neumann, Thyra Schmidt, Juergen Staack; Tilmann Meyer-Faje (Amsterdam), Duro Toomato (Amsterdam) -

ist ein deutsch-niederländisches Euregio-Projekt am Niederrhein mit Projektstandort Schloss Ringenberg bei Hamminkeln, das temporär mit einzelnen Kulturinstitutionen der durch den Crossart Marketingverbund etablierten Museumsroute kooperiert. benennt die Lücke zwischen bildender Kunst und Publikum mit dem Ziel, Künstler, Ausstellungsmacher und Publikum in einen produktiven Austausch zu bringen und eine allseitige Faszination für aktuelle Kunst nachhaltig zu beleben. In diesem Prozess entwickelt eine binationale Kuratorenplattform mit zehn Teilnehmern bis Mitte 2008 modellhaft neue/erweiterte Vermittlungsansätze und -verfahren, die sich am konkreten Bedarf der Projektpartner orientieren.

Als Teilnehmer der Kuratorenplattform sind Carla Orthen (Düsseldorf) und Holger Nickisch (Amsterdam) für das Projekt „Abwesenheitsnotizen“ verantwortlich.

www.schloss-ringenberg.de/gap/

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ABWESENHEITSNOTIZEN
Eine Ausstellung des GAP 
Auf Einladung des Museum X
Kuratoren: Susanne Titz, Carla Orthen, Holger Nickisch

Atelier für Sonderaufgaben  (Frank & Patrik Riklin), Mark Bain, Jan Brokof, FEHLSTELLE  (Johannes Döring, Barbara Hilski, Thomas Neumann, Thyra Schmidt, Juergen Staack), Tilmann Meyer-Faje, Duro Toomato