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Ayse Erkmen schafft in der Ausstellung der Galerie Barbara Weiss ephemere Situationen, die sich an der Grenze zwischen Kunst und einer Welt des praktischen Nutzens bewegen und öffnet gleichzeitig eine neue Sicht auf die Ästhetik des von ihr verwendeten Materials.

Die Gebrauchsmöglichkeiten von alltäglichen Einrichtungsgegenständen wie Jalousien und Teppichen und die Verwendbarkeit von farbigen Buchstaben, die im Alltag für Werbeschriftzüge von Firmenlogos benutzt werden, stellt Ayse Erkmen in einen ungewohnten, überraschenden Zusammenhang. Ayse Erkmen löst die Gebrauchsgegenstände aus ihren alltäglichen Kontexten und verleiht ihnen durch diese Reduktion und die geringere Nutzbarkeit eine luxuriöse Essenz. Die Gegenstände wandeln sich zu ästhetischen Objekten, in denen man verschiedenste Farben, Formen, Oberflächenstrukturen und Zusammenhänge neu entdecken kann.

An den Fenstern der drei Ausstellungsräume und im Eingangsbereich hängen unterschiedlich breite Jalousien in verschiedenen Farben und Materialien. Die Passform und die Farben der Jalousien variieren, und einige geben den Blick auf das Fenster und auf die Straße frei. Drei Teppiche liegen aufgeworfen oder plan ausgelegt auf dem Galerieboden. Sie sind zu schmal und zu lang zum Gebrauch, und dennoch assoziiert ihr fehlender Nutzen ähnlich wie bei den Jalousien eine Funktion für eine Büro- oder Wohnungsinneneinrichtung.

Die aus Plexiglas ausgestanzten, farbigen Buchstaben des Alphabets und die Ziffern von 0 bis 9 hängen ungeordnet an der Wand im Hauptraum. Ayse Erkmen transformiert die Buchstaben und Ziffern zu einzelnen farbigen und unterschiedlich geformten Objekten und entfernt die ihnen üblicherweise zugewiesene Bedeutung, durch die Aneinanderreihung von Buchstaben Wörter zu kreieren und mit Zahlen zu zählen. Ein langes, ungeschnittenes Etikettenband, das in der Bekleidungsindustrie den Namen des Designers oder einer Modemarke im Kleidungsstück kennzeichnet, wiederholt in weiß gestickter Handschrift auf grünem Hintergrund den Namen der Künstlerin. Ayse Erkmen lässt ihre Signatur, die ihren Kunstwerken sonst Einzigartigkeit und Authentizität garantiert, industriell vervielfältigen und führt ihre künstlerische Urheberschaft und Identität ad absurdum.

Im Empfangsbereich sind zwei großformatige Drucke in Korrespondenz zu zwei Arbeitsplätzen an den Wänden platziert. Auf ihnen sind aus einzelnen grafischen Zeichen zusammengesetzte Formen zu sehen. Ayse Erkmen kreiert mit den Zeichen, die sich auf jeden Schreibmaschinen- und Computertastaturen befinden, eine Grafik, Typed Tables – getippte Querschnitte von Tischen.

In der Ausstellung scheint nichts zu passen, die Jalousien und Teppiche entsprechen keiner genormten Größe, den Buchstaben und Ziffern fehlt eine direkte Zuordnung, der Name auf dem Etikettenband und die Zeichen der Tastatur werden verwandelt – damit evoziert Ayse Erkmen beim Betrachter eine visuelle und gedankliche Offenheit, die neue Betrachtungsweisen schafft und Assoziationsmöglichkeiten erweitert.

Auf ihrer schon länger betriebenen Suche nach Wörtern, die einen erzählerischen und ästhetischen Sinngehalt haben, wählte Ayse Erkmen das Wort Habenichts aus. Es fügt sich in ihre Wortsammlung und in die Reihe der zurückliegenden Ausstellungstitel Habseligkeiten und Müßiggang ein. Der puristische Duktus dieser Wörter ähnelt ihrer reduktiven künstlerischen Vorgehensweise, aus der eine schlichte, aber substanzielle Ästhetik hervorscheint.

Ausstellungen (Auswahl): 2006: Awesome, The Physics Room, Christchurch, Neuseeland (solo); 2005: Busy Colors, Sculpture Center, New York (solo), Habseligkeiten, Galerie Barbara Weiss, Berlin (solo); 2004: Durchnässt, Schirn Kunsthalle Frankfurt (solo); 2003: Die performative Installation I, "Gegeben sind..." Konstruktion und Situation, Galerie im Taxispalais, Innsbruck (group); 2002: Müßiggang, Galerie Barbara Weiss, Berlin (solo); 2001: Shipped Ships, Deutsche Bank, Frankfurt/M (solo), Berlin Biennale, Postfuhramt, Berlin (group); 1996: Zuspiel (mit Andreas Slominski), Portikus, Frankfurt (group); 1998: Echolot, Museum Fridericianum, Kassel (group); 1997: Skulpturen Projekte 1997, Münster (group); 1994: Am Haus, Oranienstrasse 18, Berlin (solo); 1993: Das Haus, DAAD Galerie, Berlin (solo)

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Ayse Erkmen
Habenichts