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Fotografie am Wendepunkt Die Bieler Fototage widmen ihre 17. Ausgabe wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und persönlichen «Wendepunkten». Fotografinnen und Fotografen aus 10 Ländern – von Ägypten über Griechenland, Albanien und die USA bis in die Schweiz – halten in 25 Ausstellungen Epochen und Momente fest, in denen allmählich oder urplötzlich alles kippt. Die beiden Festivaldirektorinnen Hélène Joye-Cagnard und Catherine Kohler haben ein breites Programm zusammengestellt, das den Fokus auf die Unbeständigkeit der globalisierten Welt richtet und nach den visuellen Folgen von Unsicherheit und Labilität fragt. Der Grossteil der Werke wird erstmals in der Schweiz gezeigt; fünf Ausstellungen werden als Weltpremieren präsentiert. Zahlreiche Netzwerkangebote für Fotografinnen und Fotografen, Workshops und die beliebte Photo Safari runden das Festival ab und machen Biel vom 6. bis 29. September 2013 zum Mekka der aktuellen Fotokunst. Premiere feiert auch der Ausstellungsort «Sagiloch» in einer ehemaligen Nidauer Tankstelle.

Landwirtschaft, Eifersucht und Präsident Mursi

Type A: Trigger Sei es in der nationalen oder internationalen Politik, in der globalisierten Wirtschaft oder im vertrauten Privatleben: Unsicherheit und Wandel setzen immer stärkere Kräfte frei. Auch die zeitgenössische Fotografie kann sich der Unbeständigkeit unserer Zeit nicht entziehen. Sie zeichnet Momente auf, in denen alles kippt, in denen sich die geballte Spannung der Unsicherheit entlädt. Sie nutzt die kreative Seite von labilen Zuständen, um unsere Sehgewohnheiten durcheinanderzubringen und sie bedient sich nicht zuletzt ihrer vielfältigen technischen Mittel, um uns geschickt mit Wendepunkten zu konfrontieren.

Engagierte Fotografinnen und Fotografen wie Adam Broomberg & Oliver Chanarin, Christophe Chammartin, Mohamed Ezz und das Künstlerduo von Type A werden in Biel Zeugnis von historischen, politischen oder sozialen Wendepunkten ablegen. Das britische Duo Broomberg & Chanarin belebt mit «The Polaroid Revolutionary Workers Movement» den Widerstand gegen eine fotografische Technik, die im Dienste der Apartheid stand, neu. Christophe Chammartin dokumentiert seit vielen Jahren die Auswirkungen der europäischen Landwirtschaftspolitik. Für seine Arbeit «A la conquête, une petite histoire du progrès» besuchte er rumänische Bauern, die sich gegen die Grossunternehmen der westeuropäischen Agrarindustrie behaupten müssen. Adam Ames und Andrew Bordwin vom amerikanischen Kolletiv Type A gelingt das seltene Kunststück, ein Kunstwerk mit der realen Wirtschaft zu verheiraten. Ihre fiktiven Zielscheiben «Trigger» werden mittlerweile von zahlreichen amerikanischen Schützen benutzt. Das Herz von Mohamed Ezz’ Arbeit bilden die ersten demokratischen Wahlen in Ägypten: Seine Serie «The Other Faces of Morsi» zeigt das entstellte Gesicht des Präsidentschaftskandidaten Mursi, dessen Bild von seinen Anhängern auf Wahlplakaten verbreitet wird.

Der Japaner Hazuki Natuno wiederum legt ein intimes und sensibles Zeugnis von persönlichen und individuellen Wendepunkten ab. Seine Serie «Change of Life» dokumentiert das Innenleben der Krankheit Biopolarität. Psychische Probleme, nun jedoch in Zusammenhang mit krankhafter Eifersucht, werden auch in «I would also like to be» von Jenny Rova offenbar. Sie hat auf aktuellen Fotos ihres Ex, dem sie auf Facebook nachspioniert, das Gesicht und den Körper seiner Neuen mit ihrem eigenen ersetzt.

Maya Rochat schliesslich präsentiert ihre eigens für die Bieler Fototage geschaffene Rauminstallation «A Plastic Tool», welche die zahlreichen Möglichkeiten der Einflussnahme des Mediums Fotografie und dessen Wirkung auf den Betrachter hinterfragt und Materialien, Formbarkeit oder Produktion thematisiert.

Das Programm für die Fachbesucherinnen und –besucher der Fototage bietet 2013 wiederum viel Platz für den Austausch. So finden am ersten Festivalwochenende Portfolio-Lektüren mit internationalen Expertinnen und Experten sowie eine gemeinsam mit der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia veranstaltete Podiumsdiskussion zum Thema Nachwuchsförderung, Ausbildung und Promotion statt.

Das Kulturvermittlungsteam der Bieler Fototage lanciert in Zusammenarbeit mit den Insassen und dem Strafvollzugspersonal des Regionalgefängnisses Biel sowie der jungen Zürcher Fotografin Claudia Breitschmid eine neue Initiative. Im Rahmen von verschiedenen Workshops erarbeiten die Teilnehmenden während des Sommers eine Ausstellung für die 17. Bieler Fototage.

Die Ausstellungen 2013 im Überblick Renaud Auguste-Dormeuil (Frankreich) The Day Before _ Star System (Schweizer Premiere)

Ursula Biemann (Schweiz) Deep Weather

Thomas Brasey (Schweiz) Capitalizer (Schweizer Premiere)

Adam Broomberg & Oliver Chanarin (Grossbritannien) The Polaroid Revolutionary Workers Movement (Schweizer Premiere)

Antoine Bruy (Frankreich) En Friche (Schweizer Premiere)

Christophe Chammartin (Schweiz) A la conquête, une petite histoire du progrès

Grégoire Cheneau (Frankreich) Altered States (Schweizer Premiere)

Mohamed Ezz (Ägypten) The Other Faces of Morsi (Weltpremiere)

Thierry Fontaine (Frankreich) Cris (Schweizer Premiere)

Dimitris Michalakis (Griechenland) Burn out

Hazuki Natuno (Japan) Change of Life (Schweizer Premiere)

Lucas Olivet & Cowboy Noir (Schweiz) Wentworth (Weltpremiere)

Adrian Paci (Albanien) The Column (Schweizer Premiere)

Cyril Porchet (Schweiz) Foules

Maya Rochat (Schweiz) A Plastic Tool (Weltpremiere)

Nelly Rodriguez (Schweiz) Isole (Weltpremiere)

Jenny Rova (Schweiz) I would also like to be

Will Steacy (USA) Deadline (Weltpremiere)

Type A – Adam Ames & Andrew Bordwin (USA) Trigger (Schweizer Premiere)

Marlous van der Sloot (Niederlande) Le corps vécu (Schweizer Premiere)

Ester Vonplon (Schweiz) Ruinaulta (Schweizer Premiere)

Aline Zeltner (Schweiz) Copyride

Olivier Christinat (Schweiz) Nouveaux Souvenirs (Schweizer Premiere) (Preisträger Rado Star Prize Switzerland at Biel/Bienne Festival of Photography 2013)

Dorade Revue galante, photographie et forme critique

Ein neuer Ausstellungsort Die Ausstellungen finden über die gesamte Stadt Biel verteilt sowohl in klassischen Ausstellungsräumen als auch in umgenutzten, öffentlichen und privaten Räumen statt. Als neuer Veranstaltungsort «Sagiloch» öffnet eine ehemalige Tankstelle in Nidau erstmals einer Kunstausstellung ihre Türen. Der von einer industriellen Ästhetik geprägte Ort gibt den präsentierten Arbeiten einen außergewöhnlichen, überraschenden Rahmen.