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Die Romantik ist heute wieder in aller Munde, in der Kunst und der Literatur ebenso wie in der Werbung und der Unterhaltungsbranche. Dies scheint nur konsequent, geht doch die fortschreitende Individualisierung ebenso auf die Romantik zurück wie die umfassende Ästhetisierung unserer Lebenswelt. Um so dringlicher erscheint es heute, an die Anfänge der Romantik und die ursprünglichen Ideen der Frühromantiker zu erinnern. In einer entzauberten Wirklichkeit halten sie an den Fragen nach Einheit, Ganzheit und Sinn des Lebens fest und entwerfen eine Gegenwelt zur Uniformität und Normalität des heraufziehenden bürgerlichen Alltags, die bis heute ihre Anziehungskraft nicht verloren hat.

Der Erfinder der Romantik in der Malerei ist Caspar David Friedrich. Noch zu Lebzeiten in Vergessenheit geraten, wurde er zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt und gilt heute als wichtigster Maler der deutschen Romantik. Auch im europäischen Ausland, in Rußland und in Amerika fand sein Werk in den letzten Jahrzehnten zunehmende Beachtung. Friedrich ist nunmehr auch international als einer der zentralen Künstler des 19. Jh.s anerkannt. Dies zeigen unter anderem die große Caspar David Friedrich-Ausstellung 1972 in der Tate Gallery in London, die kleineren 1991 und 2002 im Metropolitan Museum in New York oder die Ausstellung 1992 im Prado in Madrid. In Deutschland ist unsere Retrospektive die erste nach den beiden großen Ausstellungen zu Friedrichs 200. Geburtstag 1974 in Hamburg und Dresden.

Spätestens seit diesen beiden Jubiläumsausstellungen hat die Friedrich-Forschung einen enormen Aufschwung erfahren, wobei es zu durchaus kontroversen Interpretationen seiner Werke kam. Besonders zwei Linien haben sich herausgebildet: die religiöse und die politische Deutung der Friedrichschen Bildmotive. Gegenüber diesen zuweilen einseitig symbolischen Interpretationsansätzen versucht die Essener Ausstellung vor allem die künstlerische Bedeutung des Werkes hervorzuheben, das heißt, die Frage nach der „Erfindung der Romantik“. Hiermit ist zunächst der Aspekt der Bilderfindung in Friedrichs künstlerischem Schaffen gemeint – im Sinne der Fiktivität seiner Naturansichten, die Detailrealismus und abstrakte Konstruktion in sich vereinen. Darüber hinaus verweist der Titel auf den epochalen Umbruch, den die Romantik in der Kunst ebenso wie im Denken und Fühlen des bürgerlichen Zeitalters vollzogen hat. Entgegen der im 20. Jahrhundert gängigen Assoziation des Romantischen mit dem Gefühlvollen, Ungenauen will die Ausstellung den Blick für die Präzision und Konstruktivität in Friedrichs Werken und für die bewußte Kalkulation ihrer Wirkung schärfen. In diesem Sinne soll eine kleine Gruppe von Arbeiten zeitgenössischer Künstler Friedrichs Aktualität in einer Art Epilog beleuchten.

Die Ausstellung ist thematisch gegliedert. 17 Kapitel führen das Schaffen Friedrichs in seiner ganzen Vielfalt vor Augen: die klassischen Bildmotive der romantischen Malerei finden ebenso Beachtung wie die spezifische Bildregie des Künstlers zur Erfindung romantischer Stimmungen und Empfindungen.

Sensationell ist die große Anzahl von Meisterwerken, die im Museum Folkwang in Essen zu sehen sein werden. Ca. 80 Ölgemälde und über 100 Zeichnungen, Sepien und Aquarelle aus mehr als 50 Museen und Privatsammlungen werden gezeigt. Das Zustandekommen der Ausstellung und die außerordentliche Qualität ihrer Exponate verdanken sich glücklichen Umständen, die die vier bedeutendsten Friedrich-Sammlungen, nämlich in Berlin, Dresden, Hamburg und St. Petersburg bewogen haben, ihre Hauptwerke der Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Diese Möglichkeit wird es in absehbarer Zeit kein zweites Mal geben. Dank der Großzügigkeit der vier Häuser hat die Ausstellung die Chance, zu einer der bedeutendsten zu werden, die dem Künstler je gewidmet wurden.

Pressetext

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Caspar David Friedrich. Die Erfindung der Romantik

Stationen:
13.05.06 - 20.08.06 Museum Folkwang, Essen
13.10.06 - 28.01.07 Kunsthalle Hamburg