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Transparenz ist in unserer Kultur zu einem, durchaus ambivalenten, Fetisch avanciert. Von politischen Prozessen, ökonomischen Mechanismen oder sozialen Zusammenhängen erwarten wir, dass sie transparent sind bzw. von den Akteuren für uns durchsichtig gemacht werden. Der Blick hinter die Kulissen, in die Werkstatt, in die Schaltzentralen der Macht, so setzen wir mittlerweile voraus, erlaubt uns zu verstehen, was im Vordergrund passiert, was auf der Bühne vor sich geht. Einblick in die Mechanismen der Macht zu erhalten, ihre hintergründigen Betriebsabläufe sichtbar gemacht zu bekommen, halten wir für unser gutes Recht. Doch ist es wirklich so einfach zu verstehen, was wir sehen? Ist es mit dem Ruf nach „mehr Transparenz“ tatsächlich getan, der immer dann laut wird, wenn die Dinge im Argen liegen? Oder ist dieser, sicherlich, Errungenschaft mit kritischer Aufmerksamkeit zu begegnen.

Transparenz ist inszenierbar, das Medienereignis sozusagen das Medium dafür. Politiken der Transparenz drohen dann – real oder imaginär – in den gegenteiligen Effekt umzuschlagen, wenn sie als Inszenierungstechnik und Instrumentarium genutzt werden, der Verschleierung dienen. Die Kunst der Moderne und Postmoderne ist gekennzeichnet vom Bemühen, die Medien und Arbeitsabläufe der Kunst sichtbar zu machen (etwa die Maximalforderung nach Medienspezifität und -reflexivität des Modernismus) oder die institutionellen, ökonomischen oder ideologischen Rahmenbedingungen zu klären, in dem Kunst stattfindet (etwa in den vielfältigen Strategien der Institutionskritik, des Dokumentarismus oder der Appropriation).

Transparenz ist Errungenschaft emanzipatorischer Bewegungen und aufklärerischer Diskurse. Diese spiegeln sich auch in den künstlerischen Errungenschaften. Was aber, wenn die Fackel der Aufklärung eher blendet als erhellt?

Die Gruppenausstellung „Der Schnitt durch die Oberfläche legt neue Oberflächen frei“ setzt an der Stelle an. Die Arbeiten der KünstlerInnen Anetta Mona Chisa/Lucia Tkacova (Prag/Bratislava) , Clegg & Guttmann (New York/Wien), Liz Deschenes (New York), Jan Paul Evers (Köln), FAMED (Leipzig), Claudia Kugler (Berlin), Gyan Panchal (Paris), Martina Sauter (Düsseldorf) und John Smith (London) sind in ihrer Art höchst unterschiedlich und Ausdruck sehr spezifischer künstlerischer Projekte. Gerade in der Zusammenschau wird allerdings deutlich, wie sehr sich diese Arbeiten mit dem Problem von Darstellbarkeit generell, mit der Frage nach dem, was Bilder als mediale Inszenierung zu leisten vermögen, auseinandersetzen. Und damit in jeweils präziser Weise Antworten darauf geben, was wir eigentlich sehen und was wir davon verstehen können.

Text: Hans-J. Hafner

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DER SCHNITT DURCH DIE OBERFLÄCHE LEGT NEUE OBERFLÄCHEN FREI
Kuratiert von Hans-J. Hafner und Max Mayer

Künstler: Anetta Mona Chisa / Lucia Tkacova, Clegg & Guttmann, Liz Deschenes, Jan Paul Evers, Famed , Claudia Kugler, Gyan Panchal, Martina Sauter, John Smith