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Am 02.02.07, 19 Uhr, eröffnet die Galerie für Zeitgenössische Kunst in der ersten Etage der GfZK-1 den ersten Teil ihrer jährlich wechselnden Sammlungspräsentation. Unter dem Titel „Deutsche Geschichten“ rückt die Entstehung der Sammlung in den Vordergrund. Unterstützt wird die Neuaufstellung durch die Sachsen LB, mit der die GfZK bereits seit 2000 zusammenarbeitet. Zeitgleich gibt die Ausstellung „Flurstücke“ im Erdgeschoss einen Einblick in die Sammlungstätigkeit der Sachsen LB.

Die Gründungs- und auch die Sammlungsgeschichte der Galerie für Zeitgenössische Kunst ist auf das Engste mit den Ereignissen der Nachwendezeit verknüpft. Auch wenn die Musealisierung von Kunst zunächst nicht im Vordergrund der Überlegungen stand, wurde von Anfang an gesammelt: Bereits 1990 übergab der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. Werke von Marcel Odenbach, Rosemarie Trockel, Günther Uecker und Michael Morgner als erste Dauerleihgaben. Im Jahre 1998 wurden diese Werke dann zur Eröffnung des ersten Ausstellungshauses in der Herfurth´schen Villa geschenkt. Ebenfalls Ende 1990 wählte der damalige Direktor der GfZK Klaus Werner aus dem in Auflösung begriffenen „Zentrum für Kunstausstellungen der DDR” Werke von Hubertus Giebe, Hartwig Ebersbach, Werner Stötzer und Friedrich B. Henkel für die Sammlung aus. Dabei handelt es sich um prägnante Arbeiten der 1970er und 1980er Jahre, die mehr oder weniger von den Dogmen der DDR-Kulturpolitik abwichen. Der Sammler Jürgen Weichardt schenkte 1991 mit der Grafikmappe „USA II“ von A.R. Penck dessen letzte grafische Arbeit vor der 1980 erzwungenen Ausreise aus der DDR. Auf seiner Jahrestagung vom 25. bis zum 27. September 1992 übergab der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. dem Leipziger Oberbürgermeister Dr. Hinrich Lehmann-Grube die ersten drei Werke einer umfangreichen Dauerleihgabe, die aus einem weit größeren Konvolut von meist westdeutscher, abstrakter Malerei stammen: von Ernst Wilhelm Nay „Perlen in Rot und Weiß“ (1955), von Fritz Winter „Große Bewegung vor Braun“ (1953) und von Emil Schumacher „Monument des Z“ (1959). Mit der Übergabe wurde ein bedingtes Schenkungsversprechen für die rund 50 weiteren Werke ausgesprochen, das am 21.11.2006 eingelöst wurde. Im Dezember 1992 konnte der Förderkreis der GfZK dank der Unterstützung von Renate Küchler das Gemälde „Tischgesellschaft“ von Harald Metzkes ankaufen. Arend Oetker sowie Ursula und Hans Grüß stifteten mehrere Werke von Carlfriedrich Claus. Mit diesen Arbeiten wurde Anfang der 1990er Jahre die Grundlage für die Sammlungstätigkeit der Galerie gelegt.

Die vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI e.V. geschenkten Arbeiten schlagen einen Bogen von KünstlerInnen, die ihre Arbeiten zum Teil beeinflusst vom Bauhaus entwickelten und deren Kunst von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert wurde, hin zu ost- und westdeutschen, politisch engagierten Haltungen der 1950er und 1960er Jahre. Die Werke stehen für ein Konzept, das Ost und West, Künstlerinnen und Künstler sowie verschiedene Generationen miteinander verknüpft. Künstlerische Positionen, die in der DDR oft kein angemessenes Forum finden durften, verbinden sich mit denen von international agierenden KünstlerInnen und von VertreterInnen jüngerer Generationen. Die Sammlung wurde und wird weiterhin durch Schenkungen von SammlerInnen mit Werken etwa von Hermann Nitsch, Martin Kippenberger, Walter Dahn, Jíří Georg Dokoupil, Jonathan Meese und Sarah Morris sowie von KünstlerInnen erweitert, die in der GfZK ausstellten, wie Mischa Kuball, Horst Bartnig, Sibylle Bergemann und Ilya Kabakov. Die Unterstützung des Förderkreises der GfZK ermöglichte den Ankauf von Arbeiten von Olafur Eliasson, Tobias Rehberger, Tilo Schulz, Dan Peterman, Franz West, Dorit Margreiter und anderen.

Deutlich wurde in den Gründungsjahren der GfZK der Wunsch nach einer Rehabilitierung marginalisierter künstlerischer Positionen und der Traum eines Brückenschlages zwischen Ost und West. Dieser hat sich jedoch nicht für alle KünstlerInnen erfüllt. Viele, die eine wesentliche Rolle innerhalb eines offiziellen Kunstkanons, in Subkulturen oder außerhalb der Kunstbetriebssysteme spielten, tauchen in zeitgenössischen Auseinandersetzungen kaum mehr auf. Auch ihr Platz auf dem Kunstmarkt änderte sich häufig bzw. nahmen einige nicht daran teil. Ihre Arbeiten wirken auf manche heute anachronistisch; ihre künstlerische Sprache erscheint fremd. Die Neuaufstellung der Sammlung setzt auch bei der veränderten Wahrnehmung, Ein- und Wertschätzung von Kunst an und zeichnet Umbrüche in einem visuellen Parcours nach. Absicht der Ausstellung und des Sammlungskataloges ist es, lebendige Diskussionen über veränderte Wert- und Qualitätsvorstellungen, auch vor dem Hintergrund aktueller internationaler und regionaler Debatten, anzuregen. Die Ausstellung wird sich im Laufe des Jahres ergänzen und verändern. Eine Künstlerin und ein Künstler - Marion Porten und Liam Gillick - sind eingeladen, die Sammlung zu kommentieren bzw. in diese zu intervenieren. Ab dem 02.02.07 zeigt Marion Porten Filme mit Interviewsequenzen mit StifterInnen sowie Begleitenden und Fördernden der GfZK, die Auskunft über deren Motivationen und ihr gesellschaftliches Engagement geben. Liam Gillick wird einige Wochen später gestalterisch in die Sammlung intervenieren.

Der von Markus Dreßen gestaltete Sammlungskatalog ist chronologisch strukturiert und fortsetzbar konzipiert. Er erscheint zum Preis von 32 Euro anlässlich der Eröffnung der Ausstellung.

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Deutsche Geschichten
Sammlungsausstellung

Künstler:
Julius Bissier, Hans Brosch, Carlfriedrich Claus, Plamen Dejanoff & Swetlana Heger, Jirí Georg Dokoupil, Hartwig Ebersbach, Nat Finkelstein, Hermann Glöckner, Gotthard Graubner, Hans Hartung, Friedrich B. Henkel, Fabrice Hybert, Klaus Hähner-Springmühl, Jun Yang, Ilya Kabakov, Johanna Kandl, Martin Kippenberger, Imi Knoebel, Maria Lassnig, Rosa Loy, Jonathan Meese, Harald Metzkes, Michael Morgner, Sarah Morris, Billy Name, Marcel Odenbach, A. R. Penck, Neo Rauch, Inken Reinert, Maren Roloff, Friedrich Schröder-Sonnenstern, Erasmus Schröter, Emil Schumacher, Christoph Schäfer, Werner Stötzer, Superflex , Sarah Sze, Rosemarie Trockel, Günther Uecker, Francesco Vezzoli, Auke de Vries, Franz West

Kuratoren:
Heidi Stecker, Barbara Steiner

Kooperation:
Liam Gillick Marion Porten