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Was macht „gute“ Kunst aus? Was unterscheidet einen „guten“ von einem „mittelmäßigen“ Künstler? Mit der zunehmenden Popularisierung von zeitgenössischer Kunst sind die Bemühungen, den Wert von Kunstwerken und Künstlern zu messen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen, enorm angestiegen. Einer der ältesten „Kunst-Wert-Ermittlungsdienste“ ist der Kunstkompass, der jährlich die weltweit gefragtesten Künstler der Gegenwart tabellarisch erfasst. Andere wie artprice.com listen Angaben zu Kunstwerken, Auktionslosen und -ergebnissen auf. Artfacts wiederum generiert aus einer Datenbank von mehr als 250.000 Künstlern ein angeblich objektives Ranking der 60.000 bekanntesten unter ihnen.

„Die Perfekte Ausstellung“, die am 21. Mai 2010 im Heidelberger Kunstverein eröffnet, nimmt diesen Ansatz aufs Korn. Denn: Wenn es möglich sein sollte, den Bekanntheitsgrad eines Künstlers und somit auch die Qualität einer künstlerischen Arbeit numerisch festzuhalten, dann müsste es ebenso möglich sein, eine „perfekte“ Ausstellung zu berechnen. Der Anspruch, den „richtigen“ Künstler oder die „passende“ Arbeit mittels statistischer Verfahren ermitteln zu können, wird im Heidelberger Kunstverein exemplarisch durchgespielt und gleichzeitig augenzwinkernd in Frage gestellt. Ein Beispiel dafür, wie das Ergebnis eines ökonomisierten Umgangs mit Kunst aussehen könnte.

Im Vorfeld der „perfekten Ausstellung“ wurden 26 Gruppenausstellungen, die in den letzten fünf Jahren in Kunstvereinen bundesweit stattgefunden haben, exemplarisch ausgewählt und anschließend statistisch untersucht. Alle Künstler dieser Ausstellungen wurden nach spezifischen Faktoren „ausgewertet“, wie die Position des Künstlers in der Rankingliste von Artfacts zum Zeitpunkt der jeweiligen Ausstellung sowie Geschlecht, Alter, Medium, Nationalität und Rankentwicklung. Darauf basierend wurde die Bandbreite zwischen den bekanntesten und unbekanntesten Künstlern errechnet, wobei hohe, mittlere und niedrige Ranks berücksichtigt wurden. Die acht Künstler, die mit diesem Verfahren ermittelt wurden, vertreten demnach alle „Qualitäten“, die eine Kunstvereinsausstellung ausmachen.

Die Heidelberger Ausstellung besteht aus zwei Teilen: den ersten bilden die acht statistisch ermittelten Positionen. Dort fällt als Erstes Werner Feiersingers übermächtiges Stahlgitter in der Halle des Kunstvereins ins Auge. Die Installation mit Bezug auf Minimal Art und modernistische Architektur kontrastiert mit Kathy Slades verspielt konzeptuellen Stickereien auf Leinwand, die Tonabfolgen berühmter Popsongs wiedergeben. Ein bizarres Biotop aus Nylon sprießt in Carla Mattiis fragilen Wandinstallationen. Die 10-teilige Fotoserie von Maria Sewcz skizziert in nüchternem Schwarz-Weiß ein zurückhaltendes Portrait Ostberlins kurz vor der Wende. Der von den acht Künstlern gestaltete Parcours ist abwechslungsreich und spannend zu durchschreiten. Trotz des ungewöhnlichen Auswahlverfahrens war vorrangiges Ziel, jeder Position mit großem Respekt zu begegnen, und die Arbeiten einfühlsam in das strenge Regelwerk der Ausstellung einzugliedern.

Im zweiten Teil der Ausstellung wird das Konzept der „Wertermittlung“ von Kunst weitergeführt durch künstlerische Positionen, die Strategien und Entwicklungen des Kunstbetriebs beleuchten. Diese Exponate reflektieren quasi die Methoden, die für die Auswahl der Künstler im ersten Teil ausschlaggebend waren. Hier hat die mittlerweile international ausstellende Künstlerin Carey Young den ökonomischen Wert der biologischen Bestandteile ihres Körpers kurz vor der Ausstellungseröffnung berechnet und bietet sich nun mit großen schwarzen Lettern für erschwingliche 16.168,34 £ an. Christian Jankowskis Video zeigt eine Kunstmarkt-TV-Show, in der Skulpturen von Franz West und anderen Künstlern innerhalb einer live von der Art Cologne 2008 übertragenen Werbesendung feilgeboten wurden. Bioswop.net ist eine Internetplattform, auf der Künstler ihre Biografien austauschen können. Je nach Lebenslage und beruflichen Ambitionen können sich Künstler hier den passenden Lebenslauf ausleihen.

Mit der perfekten Ausstellung hat der Heidelberger Kunstverein eine Werkschau konzipiert, die einen numerischen und scheinbar „objektiven“ Umgang mit Kunst ad absurdum führt, indem eine solche Methode tatsächlich in der Ausstellung umgesetzt wird. Zur Vernissage wird der aus Jordanien stammende Habib Asal die aktuelle Rankingliste von Artfacts auf die Wände der Galerie notieren. Eine numerische Auflistung, die mit Vorsicht zu genießen ist.

Was macht „gute“ Kunst aus? Was unterscheidet einen „guten“ von einem „mittelmäßigen“ Künstler? Mit der zunehmenden Popularisierung von zeitgenössischer Kunst sind die Bemühungen, den Wert von Kunstwerken und Künstlern zu messen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen, enorm angestiegen. Einer der ältesten „Kunst-Wert-Ermittlungsdienste“ ist der Kunstkompass, der jährlich die weltweit gefragtesten Künstler der Gegenwart tabellarisch erfasst. Andere wie artprice.com listen Angaben zu Kunstwerken, Auktionslosen und -ergebnissen auf. Artfacts wiederum generiert aus einer Datenbank von mehr als 250.000 Künstlern ein angeblich objektives Ranking der 60.000 bekanntesten unter ihnen.

„Die Perfekte Ausstellung“, die am 21. Mai 2010 im Heidelberger Kunstverein eröffnet, nimmt diesen Ansatz aufs Korn. Denn: Wenn es möglich sein sollte, den Bekanntheitsgrad eines Künstlers und somit auch die Qualität einer künstlerischen Arbeit numerisch festzuhalten, dann müsste es ebenso möglich sein, eine „perfekte“ Ausstellung zu berechnen. Der Anspruch, den „richtigen“ Künstler oder die „passende“ Arbeit mittels statistischer Verfahren ermitteln zu können, wird im Heidelberger Kunstverein exemplarisch durchgespielt und gleichzeitig augenzwinkernd in Frage gestellt.

KÜNSTER, DIE STATISTISCH ERMITTELT WURDEN/ ERSTER TEIL Marcus Coates, Werner Feiersinger, Valery Koshlyakov, Alexander Kotchetow, Carla Mattii, Maria Sewcz, Kathy Slade, Carl Michael von Hausswolff

KÜNSTLER, DIE DEN KUNSTBETRIEB THEMATISIEREN/ ZWEITER TEIL Habib Asal, bioswop.net, Christian Jankowski, Alicja Kwade, Paul Wiersbinski, Adrian Williams, Carey Young

STREITGESPRÄCH | 04.06.2010 | 18 UHR Mit Swantje Karich, FAZ-Redakteurin/ Ressort Kunstmarkt, Marek Claasen, Direktor von artfacts, und Johan Holten, Direktor Heidelberger Kunstverein

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Die Perfekte Ausstellung

Künstler, die statistisch ermittelt wurden / Erster Teil der Ausstellung:
Marcus Coates, Werner Feiersinger, Valery Koshlyakov, Alexander Kotchetow, Carla Mattii, Maria Sewcz, Kathy Slade, Carl Michael von Hausswolff
Künstler, die den Kunstbetrieb thematisieren / Zweiter Teil der Ausstellung:
Habib Asal, bioswop.net , Christian Jankowski, Alicja Kwade, Paul Wiersbinski, Adrian Williams, Carey Young