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Eröffnung 25.6.2009, 19.00 Uhr

Duncan Campbell (*1972 in Dublin) ist Gewinner des auf der Art Basel vergebenen „Baloise Kunst-Preises“ 2008. Sein prämierter Film „Bernadette“ wird zusammen mit der ebenfalls 2008 entstandenen Arbeit „Sigmar“ in der MUMOK Factory präsentiert. Die beiden Filme gehen als Schenkung der Bâloise-Gruppe in den Besitz des MUMOK über. Campbells Arbeiten entstehen vor dem Hintergrund seiner Reflexion über die Möglichkeit und Bedeutung, Geschichte bzw. Geschichten zu erzählen. Seine Werke sind getragen von der Überzeugung, dass Erzählungen immer nur subjektiv sein können und auch das Dokumentarische nur „eine sonderbare Form der Fiktion“ ist. Dennoch ist er überzeugt, dass Geschichte erzählt werden muss — zu groß ist ihre Bedeutung für die Gegenwart. Es gilt aber, sie als Prozess zu begreifen und Darstellungsformen zu finden, die auch deren Komplexitäten, inhärente Widersprüche und Diskontinuitäten erfahrbar machen sowie den immer fiktionalen Aspekt von Geschichtsschreibung im Auge behalten. „Ich versuche in meinen Filmen zu erreichen, was Samuel Beckett als 'eine Form, die auch Unordnung beherbergt', bezeichnet.“ (Duncan Campbell)

Die beiden formal äußert präzise strukturierten, untereinander jedoch sehr unterschiedlich erscheinenden Werke „Bernadette“ und „Sigmar“ sind jeweils auf ihre Weise subtile Porträts bemerkenswerter Persönlichkeiten. Als solche sind sie für Campbell aber vor allem Aufhänger bzw. Fallbeispiele für seine Reflexionen über die Problematik des Erzählens im Spannungsfeld von behaupteter Authentizität und Fiktion. Sie oszillieren zwischen dem Dokumentarischen, der subjektiven Erzählung sowie kritischer Reflexion.

In „Bernadette“ (2008) geht es um die irische Bürgerrechts-Aktivistin Bernadette Devlin, die 1969 mit nur 21 Jahren als jüngste Abgeordnete in das britische Parlament gewählt wurde. Der Devise „I will take my seat and fight for your rights“ folgend brach sie mit der traditionellen Irish- Republican-Taktik des „Abstentionism“ (der Verweigerung der Annahme von Parlaments-Sitzen in Westminister). Gleichzeitig engagierte sie sich aber weiterhin im direkten Widerstand auf der Straße gegen eine Diskrimierung der Katholiken. Unter anderem brachte ihr dabei die aktive Beteiligung an den „Bogside-Riots“ (1969) — einer der wesentlichsten Konfrontationen am Beginn der Nordirand-„Troubles“ — eine Gefängnisstrafe ein.

In seinem Film verwendet Campbell dokumentarisches Foto- und Filmmaterial zu Devlin, das er streckenweise straight übernimmt, in weiten Teilen des Filmes jedoch bearbeitet und mit der Stimme eines reflektierenden Erzählers unterlegt. In subtiler Weise zieht diese aus dem Off kommende Stimme immer wieder aufs Neue die Möglichkeit authentischer Informationsvermittlung in Zweifel und wirft dabei auch die Frage nach unserer Selbsterfahrung in Relation zur politischen wie kulturellen Geschichte auf.

In wieder anderer Form geht es auch bei „Sigmar“ (2008) um die Problematik der Kommunikation bzw. Weitergabe von Inhalten. Im Gegensatz zu „Bernadette“ arbeitet Campbell hier unter anderem mit abstrakten Details aus den Werken des deutschen Malers Sigmar Polke sowie mit Aufnahmen von lapidaren Gegenständen aus dessen Atelier. Diese Bilder sind unterlegt mit deutschen Sprachfetzen („Nee! Nee! Nein! Nicht. Nicht. Nicht! Doch…nein!“) eines fiktiven Gesprächs mit dem Maler, dessen Inhalt aber nicht erfasst werden kann.

Neben den beiden Filmen präsentiert die Ausstellung parallel dazu entstandene Siebdrucke, die der Künstler als „Poster“ bezeichnet. Duncan Campbell, geb. 1972 in Dublin studierte an der University of Ulster (BA in Fine Art, 1996) und an der Glasgow School of Art (MFA, 1998). Er lebt und arbeitet in Glasgow.

Ausstellungskatalog Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Vorwort von Edelbert Köb und Eva Badura-Triska, einem Text von Daniel Jewesbury sowie zahlreichen Abbildungen.

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Duncan Campbell
Bernadette and Sigmar
Kuratorin: Eva Badura-Triska