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Der Künstler und Schachspieler Marcel Duchamp gehört zu den zwingenden Bezugsgrößen der Kunst seit nahezu einhundert Jahren. Die Beschäftigung mit ihm, so sie sich in schriftlicher Form forschend artikuliert, dürfte gut und gerne einige Regalmeter füllen. Sämtliche Kunstbiennalen eines Jahrzehnts könnten mir Arbeiten, die sich auf ihn beziehen, erschöpfend bestückt werden. Fehlt da noch was?

Der in Zürich lebende Künstler Frank Hesse meint: Ja, und widmet sich ohne falsche Bescheidenheit gleich beiden oben genannten Betätigungsfeldern. Erstaunlicherweise konnt Hesse nämlich unlängst ein Frühwerk "von oder durch Marcel Duchamp" aus dem Jahr 1901 namhaft machen, wodurch notgedrungen dessen Werkverzeichnis einer angemessenen Ergänzung bedurfte.

Hesses künstlerische Strategie der streunenden assoziativen Recherche fördert überraschende Übersetzungsleistungen zu Tage, bei der sich auf poetische Weise Theorie und Praxis, Kunst und Wissenschaft vermischen. Seine humorvolle Verklammerung der einschlägigen Wahrheitsdiskurse führt mitunter zu gezielt produktiven Ent-Täuschungen und stellt unseren Wahrnehmungshaushalt zur Disposition. Gelegentlich muss die Evidenz hierbei hinter die Mehrdeutigkeit zurücktreten.

Der Kunst fällt dabei die Aufgabe zu, als Mittel zur Selbst- und Welterforschung in Stellung gebracht zu werden. In einer Welt, die seit jeher unter Sinnlosigkeitsverdacht steht, schürt Frank Hesse den kreativen Zweifel an unserem Vermögen, das uns umgebende Invenatr hinreichend zu entschlüsseln. Vermeintlich Lapidares schleicht sich in unerwartete Zusammenhänge ein, wo sich Spuren des Banalen durch minimale Formabweichungen als Relikte möglicher Bedeutungen behaupten. Die absichtlich herbeigeführten Störungen des Künstlers grenzen mithin leichtfüßíg an Sabotage unseres nach Ordnung strebenden Weltvertrauens.

Frank Hesse, geboren 1970 in Stuttgart, studierte von 1995 bis 2003 an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. In den Jahren 2008/ 2009 übernahm er eine Gastdozentur an der Hochschule der Künste in Zürich. Das Stipendium des Kunstfonds erhielt er 2007. Er lebt und arbeitet in Zürich.

(Harald Uhr)

Die Ausstellung war von September 2009 eröffnet bis Mai 2010 zu sehen.

Unterstützt von der VG Bild-Kunst

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Frank Hesse
"De ou par Marcel Duchamp"