Kunstsammlung Jena

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Die Kombinationen und Überlappungen von Text und Bild sind so allgegenwärtig, dass wir uns diesen Begegnungen kaum entziehen können. Der sich ergänzende informative Gehalt von Texten und Bildern stellt sich heute jedoch, dank gereifter technischer Möglichkeiten, anders als in den letzten Jahrhunderten dar. Durch die digitale Omnipräsenz von Texten und Bildern in den Medien und im Internet haben sich mit den Angeboten auch die Lese- und Sehgewohnheiten verändert. Auch die Strategien der Künstler bleiben davon nicht unberührt. Inhaltliche und formale Aspekte verschränken sich immer deutlicher mit interdisziplinären Strategien, die bereits aus den Tagen der Dadaisten bekannt sind und von den visuellen Poeten, Concept-, Minimal- und Pop-Art-Künstlern weiterentwickelt und fokussiert worden sind.

Gerhild Ebel kommt vom Wort. Auch ihr Auszug in andere Bereiche der Kunst behält diese Bindung und sucht dieser einen größeren Spielraum, eine andere Form der Darstellung zu geben. Dabei ergründet sie die Zusammenhänge von Text und Bild in immer neuen Beziehungen. Die Quelle ihrer Arbeiten, die subtile Neugier am Entdecken, teilt sich dem Betrachter in einem erfrischend offenen Dialog mit. Doch was so leicht und offen daherkommt, ist sorgfältig kalkuliert und bedacht.

Bereits in einer ihrer frühen Arbeiten, dem Künstlerbuch Die neue Versleere von 1993, untersucht Gerhild Ebel Erscheinungsmuster unserer Sprache, deren Auftreten und Verlöschen in einem Grenzbereich zwischen ästhetischer Wahrnehmung und soziologischer Phänomenologie. Auch die grafische Folge antonyme (1997) verbindet Wort und Bild. Wie der Titel nahelegt, handelt es sich um Wortgegensatzpaare, die Gerhild Ebel grafisch verknappt, gedreht und gegeneinander im Siebdruck auf weißes Papier gedruckt hat.

Immer wieder wendet sich Gerhild Ebel dem Grenzgebiet zwischen Kunst und Wissenschaft zu. Dem Geheimnis des Unsichtbaren auf der Spur, visualisiert sie in diary of sound (2001) Klänge und Geräusche des täglichen Lebens und entwirft in seven people (2001) abstrakte Porträts, bei denen die Eigenschaften der „Probanten“ – Intelligenz, soziale Stabilität, Selbstsicherheit, Unkonventionalität und anderes mehr – mit bestimmten Werten kodiert und in abstrakten Zahlenkolonnen auf farbige Fonds gedruckt werden.

Die Spielarten der Kombination von Text und Bild sind äußerst vielfältig und finden sich in den von Gerhild Ebel herausgegebenen original-grafischen Editionen miniature obscure (1991 bis 2007) und quartett (ab 2008) wieder. Beide zeitschriften für experimentelle literatur und kunst zählen zu jenen international bemerkenswerten Künstler-Buch-Editionen, für die mit thematischen Vorgaben Künstler eingeladen und deren originale Arbeiten in geringer Auflage publiziert werden. Neben Schriftstellern und bildenden Künstlern sind es immer wieder auch Wissenschaftler und Musiker, die mit ihren Beiträgen zum originären Charakter dieser Editionen beitragen. Die thematische Klammer definiert nicht nur den Inhalt, sondern immer auch die Form.

Eine ähnlich strenge Disziplin gilt auch für die eigenen Arbeiten Gerhild Ebels. Möglicherweise wirkt das Studium der Phytopathologie, das Gerhild Ebel 1990 mit einem Diplom in Halle abgeschlossen hat, richtungsweisend für ihre künstlerische Arbeit. Die Verbindung zwischen Einfall und Form ist immer direkt und ohne Schnörkel. Ebels Arbeiten behalten immer, auch in der konkreten Abstraktion, eine von feinsinnigem Humor gestimmte Rückbindung, die auch die eigenen Einfälle nicht ausnimmt. Die Künstlerin hat im Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte eines der bemerkenswertesten Werke im Bereich buchkünstlerisch gefasster Konzeptkunst vorgelegt und damit Eingang in viele der weltweit bedeutendsten Sammlungen auf diesem Gebiet gefunden.

Die Ausstellung antonyme & transcripte zeigt Arbeiten aus nahezu zwanzig Jahren künstlerischer Arbeit, vor allem jedoch neuere Werke. Die strenge Auswahl verweist auf ein weit umfangreicheres Werk, das im Spannungsfeld von konzeptioneller Strenge, Experimentierlust und Humor den Raum für immer neue Ideen schafft. Die Arbeiten Gerhild Ebels sind so komplex wie konkret und so vielschichtig, wie sie in ihren konzeptionellen Bindungen stets erkennbar bleiben.

Gerhild Ebel lebt und arbeitet in Halle und Berlin. Nach dem Studium der Phytopathologie an der Martin-Luther-Universität Halle (Diplom 1990) hat sie zunächst als Wissenschaftlerin gearbeitet und wenig später eine künstlerische Laufbahn gewählt. Bereits ab 1988 ist sie mit konzeptionellen Arbeiten, Installationen, Objekten, Künstlerbüchern, Grafiken, Scherenschnitten, experimentellen Texten und Performances künstlerisch aktiv. Von 1991 bis 2007 gibt sie (gemeinsam mit Cornelia Ahnert) die original-grafische Zeitschrift miniature obscure heraus. Ab 2008 publiziert sie eigenständig die Künstlerzeitschrift quartett. experimentelle literatur und kunst. Gerhild Ebel konnte ihre Arbeiten in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen zeigen, darunter in Argentinien, Australien, Österreich, Brasilien, Kanada, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Ungarn, Italien, Japan, Mexico, Niederlande, Norwegen, Schweden, Chile, Russland, Südkorea, Spanien, Schweiz, USA und Deutschland.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Gerhild Ebel.
antonyme & transcripte
Zeichnungen, Bücher und Installationen

ort:
Kunstsammlung Jena