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Günter Brus, in der Steiermark geboren und in Graz lebend, ist ein Künstler von Weltgeltung, dessen Werk in den bedeutendsten Museen der Welt von Paris bis New York zu finden ist. Es ist daher für die Neue Galerie eine Selbstverständlichkeit, einen Schwerpunkt ihrer Sammlung dem Oeuvre von Günter Brus zu widmen. Von den fotografischen und filmischen Dokumenten seiner Aktionen über die Aktionszeichnungen zu den Bilddichtungen hat die Neue Galerie (im Rahmen ihrer budgetären Möglichkeiten) mit Unterstützung der Gesellschaft der Freunde der Neuen Galerie und von Günter Brus selbst die verschiedenen Abschnitte seines Schaffens gesammelt.

Das zeichnerische Werk von Brus steht in der größten europäischen Tradition. Das ist jene, die von Rembrandt bis Goya, von Daumier bis Grandville, von Hill bis Artaud, über die bloße Widerspiegelung der visuellen Wirklichkeit hinausgeht, um das zu zeigen, was dem bloßen Auge nicht zugänglich ist. Brus zeichnet die sichtbare Wirklichkeit nicht richtig, sondern er zeichnet, was an der Wirklichkeit nicht richtig ist. Seine Abbildung ist nicht affirmativ, Brus zeichnet Bilder der Welt, die in der Welt nicht zu finden sind. Der menschliche Körper ist der Umfang seines künstlerischen Kalküls, weil durch den Körper sich die menschliche Existenz realisiert. Mit dem Körper artikuliert Brus seine Erfahrungen der menschlichen Existenz. Die Sexualität ist dabei eine Variable in der Gleichung "Körper ist Existenz".

Brus schafft grandiose Zeichnungen, Bilder, die nie zuvor ein Auge gesehen hat. Er zeichnet eine "andere Welt", um unbekannte Strukturen, Regeln, Mechanismen der menschlichen Existenz zu entdecken. Wie im Film, in der Dichtung, im Traum wird die Wirklichkeit transformiert, um den Blick auf die Verstümmelungen der Menschen freizugeben, oder auch um den Menschen die Möglichkeiten der Befreiung von diesen Verstümmelungen vorzuführen.

Dieser assoziative Freiraum findet in der Kombination von alogischem Text und aberwitzigem Bild eine optimale Bühne. Der semantische Dekonstruktivismus auf der zeichnerischen wie der sprachlichen Ebene ist der Schlüssel, nicht zum Paradies, zum Garten Eden, aber immerhin zum Baum der Erkenntnis, den Brus nicht mit der Motorsäge des Mimetismus umlegt, sondern mit Lust und Fantasie umgarnt, zum Blühen treibt. Einsicht in die Welt gewähren die Zeichnungen und Bilddichtungen von Brus, in deren tiefe Verwirrungen, Abgründen, hohe Hoffnungen, gerade weil sie eine andere Welt, die nicht mit eigenen Augen sichtbar ist, zeichnen und aufzeichnen.

Ausstellungsort: Palais Kinsky, Erdgeschoß, Freyung 4, 1010 Wien

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Günter Brus
Das erotische Testament
Kurator: Peter Weibel