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Presetext:

Ein Augenblick kann entscheidend sein – im Leben wie in der Fotografie. Für den Fotografen Fred Stein waren es diese kurzen Momente, die sein Leben bestimmten, persönlich wie beruflich.

Als Sohn eines Rabbiners 1909 in Dresden geboren, wurde der überzeugte Sozialist Fred Stein nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gezwungen, seine Position als Jurist aufzugeben und Deutschland zu verlassen. 1933 konnte er unter dem Vorwand einer Hochzeitsreise mit seiner Frau Lilo nach Paris fliehen. Dort stand er vor der Herausforderung, aus dem Nichts eine neue Existenz aufbauen zu müssen. Eine Kleinbildkamera der Marke Leica, die sich Fred und Lilo Stein gemeinsam zur Hochzeit schenkten, gab den entscheidenden Impuls: Die Fotografie wurde seine neue Profession. In Paris konnte Fred Stein nach kurzer Zeit ein eigenes Fotostudio einrichten. Bereits ab 1935 beteiligte er sich an mehreren Ausstellungen, zusammen mit namhaften Fotografen wie Brassaï, Man Ray, Dora Maar und André Kertész. Nach Ausbruch des Krieges gelang dem Ehepaar, nun mit gemeinsamer Tochter, erneut die Flucht.

1941 erreichten sie mit einem der letzten Schiffe New York. Dort nahm Fred Stein die Fotografie wieder auf und nutzte, neben der Leica, eine Mittelformatkamera der Marke Rolleiflex. Die einfache Handhabung dieser Kameras ermöglichte es ihm, durch die Straßen zu flanieren und die Stadt und ihre Menschen in kurzen aber entscheidenden Augenblicken festzuhalten. Zeit seines Lebens konzentrierte er sich auf Straßenansichten und Porträts. Die Ausstellung zeigt das Werk Fred Steins erstmalig umfassend in Deutschland. In mehr als 130 Schwarz-Weiß-Fotografien werden Straßenansichten aus Paris und New York sowie Porträts präsentiert. Darüber hinaus veranschaulichen private Dokumente sowie Original- und Kontaktabzüge Biografie und Werk des Fotografen.

Soziologie der Straße »Du hast nur diesen einen Moment. Wie ein Jäger, der sein Ziel anvisiert, wartest du auf den Augenblick, der aussagekräftiger ist als alle anderen.« (Fred Stein)

In den Städten seiner Emigration – in den 1930er Jahren in Paris und ab den 1940er Jahren in New York – fotografierte Fred Stein unzählige Straßenansichten, darunter auch Aufnahmen der jüdischen Viertel. Neben klassischen Motiven der beiden Metropolen, entstanden zahlreiche Milieustudien und Charakterbilder. Sie stehen in einem soziologischen Kontext von Armut und einfachem Leben in der Stadt und zeigen Straßenarbeiter, Verkäufer, Obdachlose und Familienszenen. Fred Steins Blick verbindet das Alltägliche mit einem Sinn für den außergewöhnlichen Moment. Ebenso fällt sein Humor ins Auge, den er in seinen Bildern häufig aufblitzen lässt.

Psychologie des Porträts »Die Kamera unterscheidet nicht zwischen Berühmtheiten und einem Niemand, zwischen einem guten Freund und einem völlig Fremden, wenn sich der Verschluss öffnet.« (Fred Stein)

Fred Stein bemühte sich die Personen, die er porträtierte, vor der Aufnahme kennenzulernen. Er setzte sich mit deren Werken und Denken auseinander. Nicht selten trat das Foto zugunsten hitziger Diskussionen in den Hintergrund. Oft wurde erst am Ende eines Treffens das Negativ belichtet. Viele Porträts enthalten so noch Spuren der Gespräche.

Über 1200 Porträts entstanden auf diese Weise. Sie lesen sich heute wie ein Who’s who prominenter Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Fred Stein verzichtete auf dramatische Lichteffekte oder nachträgliche Retuschen. Sinn der Porträtfotografie war für ihn »einen Ersatz (im Wege der Fotografie) für den lebenden Menschen zu schaffen, ein Bild, das über den äußeren und inneren Menschen aussagt«, wie er selbst in einem Brief beschreibt.

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Im Augenblick
Fotografien von Fred Stein

Künstler:
Fred Stein