press release only in german

Preisträger: Johan Grimonprez, Manfred Wolff-Plottegg, Wolfgang Maass, Verena Friedrich, Lenara Verle, Falk von Traubenberg, Oliver Pietsch

Denkbilder. Von den Vorstellungsbildern bis zur Gehirnforschung

Das Gehirn ist das komplizierteste Organ, das wir im Universum kennen. Eine Sonne ist etwas sehr Primitives im Vergleich dazu. Friedrich Dürrenmatt

Neue Entwicklungen in der Hirnforschung haben international eine Debatte um die Willensfreiheit entfacht. Grundlage dafür sind neue bildgebende Verfahren, die sichtbar machen sollen, was im Gehirn passiert, wenn der Mensch denkt. Das Gehirn des Menschen: ein faszinierender Kosmos, ein höchstkomplexes Organ und ein Objekt für Wissenschaftler und Künstler aller Gebiete. Der Internationale Medienpreis für Wissenschaft und Kunst als interdisziplinäre Veranstaltung richtet seine Ausschreibung gleichermaßen an KünstlerInnen wie WissenschaftlerInnen mit der Frage: Wie funktionieren Bilder, die im Kopf entstehen? Wie funktionieren Bilder, die wir uns vom Kopf machen?

Die Macht der neuen technischen Bilder liegt nicht wie früher in ihrer Autonomie und Souveränität, sondern in ihrer Dienstleistungsfunktion. Sie helfen, mehr zu wissen und zu erkennen. Wichtigster Informant für die Wissenschaftler sind die Bilder, die heutzutage über Positronenemissionstomografie (PET) und die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) oder die in Echtzeit messende Elektroenzephalografie (EEG) sowie andere Geräte erzeugt werden. Mit ihrer Hilfe sollen Erklärungen für Bewußtsein, Intelligenz, Gedächtnis, Gefühle gefunden werden. Durch Bilder werden Krankheiten besser analysiert und als Konsequenz auch besser therapiert. Die Bilder vom Gehirn sind ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.

Doch im Gegensatz zu den Bildwissenschaften wie der Kunst- oder Filmhistorie sind die Bilder der Naturwissenschaften geschichtslos. Es bedarf vieler Versuche, eine gelungene Aufnahme zu produzieren und sie richtig zu interpretieren. Der Internationale Medienpreis für Wissenschaft und Kunst 2005 sucht die Grenzbilder in Kunst und Wissenschaft, die Bilder, hinter denen sich das Gehirn und seine Funktion verbergen – die inneren Bilder. WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen sind aufgefordert, die Bedeutung der Bilder für die Wissensermittlung ebenso wie für die Wissensvermittlung zu hinterfragen und in bewegten DENKBILDERN und Animationen zur Diskussion zu stellen.

Letzte Ausgabe

Dieses Jahr fand der letzte Medienpreis statt. Seit 1992 hatte der SWR gemeinsam mit dem ZKM den internationalen Medienpreis 2005 veranstaltet. Rund 200 Stunden Videokunst sind seither in den Programmen des SWR (vormals SWF) ausgestrahlt worden. Das war eine Pionierleistung. Umso mehr bedauert der SWR, sein Engagement für diesen Wettbewerb nicht mehr aufrecht erhalten zu können. Weil die Erhöhung der Rundfunkgebühren in diesem Jahr deutlich geringer ausgefallen ist als von der unabhängigen KEF-Kommission beantragt, sieht sich der Sender nicht mehr in der Lage, seine mäzenatischen Aktivitäten im bisherigen Umfang fortzuführen. Der Finanzrahmen der kommenden Jahre zwingt zu drastischen Einschnitten. Aus diesem Grund hat er sein Engagement für Festivals auf den Prüfstand gestellt und die lange Liste der Festivals reduziert. Unter anderem wird sich der SWR zukünftig nicht mehr am Internationalen Medienkunstpreis beteiligen können.

Die Preisträger des internationalen Medienpreises für Wissenschaft und Kunst 2005

Hauptpreis Video ging an Johan Grimonprez, Hauptpreis Installation für Manfred Wolff-Plottegg und Wolfgang Maass sowie Verena Friedrich, Sonderpreis für Lenara Verle, Zuschauerpreis für Falk von Traubenberg, Lobende Erwähnung für Oliver Pietsch

Baden-Baden/Karlsruhe. Die Jury des Internationalen Medienpreises für Wissenschaft und Kunst 2005 hat entschieden: Den mit 12.000 € dotierten Hauptpreis in der Kategorie „Video“ erhält der Belgier Johan Grimonprez für seine Arbeit „Looking for Alfred“. Der geteilte Hauptpreis Installation, jeweils dotiert mit 6.000 €, geht an den Wiener Architekten Manfred Wolff-Plottegg und den Grazer Computerwissenschaftler Wolfgang Maass für die Installation „Neuronaler Architektur Generator“ sowie an die Studentin Verena Friedrich für die Installation „Hole in One“. Der Sonderpreis geht an Lenara Verle aus Brasilien für ihre Computeranimation „Gridcosm 1000-0000“; dotiert mit 5.000 €, gestiftet von der LBBW, und verbunden mit einem Fernsehporträt und einem Produktionsstipendium am ZKM. Die Zuschauer wählten „Kopfkunst – Mindstorm #01“ des Hamburgers Falk von Traubenberg zu ihrem Lieblingsvideo. Lobend erwähnt wird der Berliner Medienkünstler Oliver Pietsch für seine Found Footage-Arbeit „Tuned“.

Johan Grimonprez ist in „Looking for Alfred“ auf der Suche nach einem Hitchcock-Double. Sein Film lädt die Zuschauer ein zu einer Entdeckungsreise in die Filmgeschichte und in die eigene Erinnerung. Er ist gespickt mit Zitaten aus bekannten Hitchcock-Klassikern, auch Bildkompositon und Kamera-Führung sind stark an diese dem Zuschauer meist gut bekannten Filme angelehnt. Die Installation „Neuronaler Architektur Generator“ verwandelt Nervenimpulse in Architekturbausteine. Verena Friedrich stellt in ihrer Installation „Hole in One“ dar, dass Denken nicht immer geradlinig verläuft. „Gridcosm 1000-0000“ lässt sich als eine schwindelerregende Popart-Tunnelfahrt charakterisieren: Durch einen unendlichen Zoom wird der Betrachter in eine schwindelerregende bunte Bilderflut hineingezogen. „Tuned“ ist eine Collage von Ausschnitten berühmter Hollywood-Filme, zusammengestellt unter dem Thema Drogenrausch.

Die Jury setzte sich zusammen aus Prof. Olaf Breidbach (Direktor Ernst-Haeckel-Haus, Universität Jena), Prof. Sigrid Weigel (Zentrum für Literaturforschung, Berlin), Prof. Nadia Magnenat-Thalmann (Direktorin des Computer Animation MiraLab, Genf) und Prof. Thomas Metzinger (Professor für theoretische Philosophie, Universität Mainz).

Am 29. Oktober 2005 hat im E-Werk Baden-Baden die Preisverleihung stattgefunden. Zu Gast in der Sendung waren die internationalen Preisträger, aber auch der Neurobiologe Manfred Spitzer und der Philosoph Michael Pauen sowie die Psychoanalytikerin Annette Bitsch, die über das Thema Willensfreiheit diskutiert haben. Moderator war der Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur. Der Abend wurde außerdem vom Künstlerduo Raimund Ritz und Johannes Brunner, Regisseur des Kinofilms Oktoberfest, durch mehrere Performances gestaltet. Die Preisverleihung wurde in der Sendung „VIDEO ONLY- die Preisträger“ gezeigt.

Der Internationale Medienpreis für Wissenschaft und Kunst wird vom Südwestrundfunk (SWR) und dem Zentrum für Kunst- und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) in Kooperation mit dem Schweizer Fernsehen (DRS) und ARTE veranstaltet. Sponsor ist die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).