press release only in german

2007 übergaben Gertraud und Dieter Bogner dem mumok ihre Sammlung als Geschenk – „ohne Wenn und Aber“. Mit mehr als 100 Bildern, Skulpturen und Objekten sowie 300 Zeichnungen, Gouachen, Druckgrafiken, Autografen, Künstler_innenbüchern und Archivalien handelt es sich um die bisher größte zusammenhängende Donation an das Museum. Seither wird dieser Sammlungskomplex von dem Wiener Sammlerpaar laufend ergänzt. Auf Einladung des mumok entwickeln Gertraud und Dieter Bogner, aus diesem Fundus schöpfend, unter dem Titel Konstruktion_Reflexion eine Ausstellung, die ab 25. November einen nach Themenfeldern geordneten Blick auf die Sammlung wirft.

„Es ist bekannt, dass die staatlichen Budgetsallein längst nicht mehr ausreichen, um die Sammlung aktiv zu erweitern. Der bedingungslose Einsatzfür die Kunst, wie jener des Ehepaars Bogner, ist einmalig. Mit der Schenkung an das mumok haben sie einen wichtigen Beitrag zur Schärfung unseres Profils geleistet. Die Sammlungspräsentationen der letzten Jahre im mumok haben gezeigt, dass ihreWerke eine bedeutende Bereicherung unseres Bestands konstruktiver konkreter und konzeptueller Kunst sind. Nachdem wir 2012 bereits eine ausführliche Darstellung der zahlreichen Arbeiten internationaler Künstler_innen publiziert haben, leistet die von Gertraud und Dieter Bogner kuratierte Ausstellung nun einen weiteren, bedeutenden Beitrag zur Aufarbeitung der Kunstgeschichte der letzten 50 Jahre“,erläutert Direktorin Karola Kraus die Neuaufstellung.

„Mit dem mumok haben wir einen idealen Partner gefunden“,so Gertraud und Dieter Bogner. „Die von uns gestifteten Werke passen nicht nur inhaltlich perfekt zur Gesamtausrichtung des Hauses. Wir sind uns darüber hinaus auch sicher, dass hier die besten Voraussetzungen für eine optimale wissenschaftliche Aufarbeitung und Sicherung im Sinne höchster musealer Standards gewährleistet sind. Für die Eingangsebene des Hauses haben wir eine Auswahl getroffen, die zeigen wird, dass Inhalt und Form untrennbar miteinander verbundene Kategorien sind,“ zeigen sich die Kurator_innengewiss.

Konstruktion_Reflexion–ein Beitrag zur Diskussion über eine Politik der Form
Anhand der Arbeiten lassen sich nicht nur Tendenzen der jüngsten Kunstgeschichte, sondern auch die inhaltlichen Anliegen des Sammlerpaars ablesen. Zunächst gekennzeichnet durch geometrische Abstraktion und systematisch-konstruktive Gestaltungsverfahren, wurde die Sammlung bald durch konzeptuelle und medienreflexiv ausgerichtete Positionen ergänzt. Entgegen Trends der Zeit spielte für die zwei Kunsthistoriker_innen stets der „Inhalt“ als Kategorie konstruktiv-abstrakter Kunst eine zentrale Rolle, weshalb sie ihrePräsentation als Beitrag zur Diskussion über eine „Politik der Form“betrachten.

Form und Inhalt werden dabei als weder voneinander noch von ihren soziokulturellen und gesellschaftsgeschichtlichen Bedingungen abtrennbare Kategorien begriffen. Das Wechselspiel zwischen Formen und Inhalten, bzw. die Realität der Form als Inhalt werden in der Ausstellung in unterschiedlichen, miteinander vernetzten Themenblöcken vorgestellt. Zentrale Motive sind: Theoriebezüge von Malerei und Farbe, dieReflexion von Geschichte und Gesellschaft, oder das Verhältnis von Architektur, Skulptur und Abstraktion in der Tradition einer kritischen Moderne.

Theoriebezüge von Malerei und Farbe
In der Auswahl farbdominierterMalereien und Skulpturen werden immer auch Theoriebezüge erkennbar. Ob in Heimo Zobernigs monochromen Bildern, die zugleich mit ihrer Verpackung ausgestellt sind, oder in abstrakt geometrischen Malereien, wie jenen von Richard Paul Lohse, Jorrit Tornquist und Josef Albers –immer beziehen sichBild und Farbe auch auf ihren Umraum sowie auf die Wahrnehmung. Sie ermöglichen damit eine Reflexion des Mediums Malerei, die die Rolle der Betrachter_innen alsInterpret_innen einbezieht.Dieser reflexivenMalerei werden Skulpturen zur Seite gestellt, die malerische und farbtheoretische Prinzipien ins Dreidimensionale und Abstrakt-Figurative übersetzen, wie etwa die geometrischen Farbstelen Roland Goeschls.

Filmische Arbeiten und Medienkunst aus der Sammlung Bogner
Die Reflexion von Geschichte und Gesellschaft mittels filmischer und fotografischer Darstellungen in Verbindung mit sprach- und zeichenhaften Kunstformen erfolgt u.a. in Werken von Peter Weibel, Dorit Margreiter, Alfredo Jaar und Frantisek Lésak. Soziale Prägungen durch gesellschaftliche Machtstrukturen kommen darin ebenso zum Ausdruck wie der Einfluss der Medienrealität auf persönliche und kollektive Identitätsbilder.

Symbolische Architekturbezüge und mediale Grenzgänge
Eine weitere Gruppe von Arbeiten in der Ausstellung knüpft an die Tradition der konstruktivistischen Moderne an und verdeutlicht in der Verbindung von Architektur, Skulptur und Abstraktion mit ihrem grenzüberschreitendenAnsatz auch deren kritisch-analytisches und utopischesPotenzial. Positionen wie jene von Hartmut Böhm, Dan Graham, Stanislav Kolibal, David Maljkovic und John Hilliard zählen zu diesem Themenbereich. Kolibals Skulpturen, Dan Grahams verspiegelte Architektur in Form des jüdischen Sternes, David Maljkovics filmische Installation über den Architekten Vjenceslav Richter sowie Hilliards fotografische Spiegelung der vier Seiten eines Turmes in einer Fläche umreißen ein breites Spektrum symbolischer Architekturbezüge und medialer Grenzgänge.Sie vermitteln zwischen den historischen Utopien der Moderne und den Erfahrungen der Gegenwart.