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Mit der großen Sonderausstellung LADIES FIRST! versammelt das SCHAUWERK Sindelfingen ab 26.10.2014 einige der renommiertesten Künstlerinnen der Gegenwart. Erstmals widmet das Museum eine Schau exklusiv den Künstlerinnen, die in der Sammlung Schaufler vertreten sind. Die ca. 100 präsentierten Werke, darunter Arbeiten von Isa Genzken, Katharina Grosse, Jessica Stockholder und Rosemarie Trockel, umfassen Fotografie, Video, Malerei und Installation. Einzelne Werke werden zum ersten Mal im SCHAUWERK Sindelfingen gezeigt.

Die Sammlung Schaufler, die das SCHAUWERK Sindelfingen beherbergt, umfasst seit mehr als 20 Jahren namhafte internationale Künstlerinnen. Als Sammler interessierten sich Peter Schaufler und Christiane Schaufler-Münch bereits früh für aufstrebende Künstlerinnen und verfügen heute über eindrucksvolle Werkgruppen von Sylvie Fleury, Isa Genzken, Katharina Grosse, Jessica Stockholder, Rosemarie Trockel und vielen weiteren. Insgesamt sind über 30 Künstlerinnen in der Ausstellung LADIES FIRST! vertreten. Ihre Arbeiten ermöglichen einen Überblick über die vielfältigen Entwicklungen in der Kunst der letzten 35 Jahre.

Die Positionen sind dabei so unterschiedlich wie die verwendeten Medien: Während Monica Bonvicini in ihrer Videoarbeit „Destroy She Said“ (1998) die Frauenfiguren in frühen Autorenfilmen untersucht oder schwere Stahlketten zu einer bedrückenden Installation zusammenschweißt, führt Katharina Grosse in ihren großformatigen Bildern die Wucht der Farben und Farbflächen vor. Im Gegensatz zu Grosses abstrakten Gemälden folgen Lisa Ruyters Arbeiten einem erzählerischen Bildkonzept. In ihrer Serie „A Lady Mislaid“ (2004) thematisiert sie Voyeurismus und visuelles Begehren anhand der Blickbeziehungen zwischen vermeintlichem Objekt und Betrachter. Veronika Kellndorfers Arbeiten haben ebenfalls eine narrative Ausrichtung: Sie fotografiert Innen- und Außenräume, um die Aufnahmen anschließend mittels Siebdruck in ein neues Medium zu überführen. Isa Genzken wiederum konfrontiert den Betrachter mit Ensembles aus billigem, größtenteils gefundenem Material. Ihre Werkgruppe „Kinder filmen“ (2005), aus der zwei Arbeiten gezeigt werden, erzählt eindringlich von einer Gewaltkultur unter Jugendlichen, die ihre Übergriffe auf andere filmen und das Videomaterial anschließend digital verbreiten. Neben Werken, die sich explizit mit Fragen nach Identität und Geschlechterbildern beschäftigen, sind ebenso Künstlerinnen vertreten, die keine Rückschlüsse oder Bezüge zu Genderthemen herstellen. Die Neonobjekte von Brigitte Kowanz, die streng minimalistischen Arbeiten von Sherrie Levine und Julia Mangold, aber auch Hanne Darbovens minutiös notierte Zahlenkolonnen sind Beispiele von Kunst, die sich außerhalb des Genderdiskurses verortet. Anderen wiederum bieten Geschlechterklischees eine Vorlage, um sich genüßlich auszutoben: Sylvie Fleury spielt mit den gängigen Schönheitsvorstellungen, reproduziert makellose Hollywood-Schönheiten auf Magazincovern und lackiert das Wrack eines Autos in einem Nagellackton. Den sprichwörtlich „goldenen Käfig“, bei Fleury aus Messing, zeigt sie in einer überlebensgroßen Version mit verbogenen Gitterstäben – als wäre gerade die Flucht gelungen. Ihre Arbeit „First Spaceship on Venus“ (1996), die in der Ausstellung erstmals im SCHAUWERK Sindelfingen gezeigt wird, führt die doppelbödige Strategie noch einen Schritt weiter: Meterhohe Raketen sind hier selbstbewusst gruppiert; einerseits harmonisch feminin in ihrer warmen Farbpalette, andererseits offensiv durch ihre Formgebung. So erinnern die Objekte zugleich an bunte Lippenstifte und an phallische Geschütze.

Auch Roni Horns Bilderzyklus „Pi“ (1997/98) der einen eigenen Raum im SCHAUWERK bespielt, ist mehrdeutig angelegt: Er erzählt von der Nutzung der Federn einer isländischen Entenart zum Nestbau. Die Daunen nutzt auch der Mensch seit jeher für den Eigengebrauch. Endlos spielt sich dieser Kreislauf fort, weshalb auch Horns Bildzyklus ohne Anfang oder Ende funktioniert. Assoziationen zum „Nestbau“ als vermeintlich weiblichem Habitus sind möglich, drängen sich aber nicht sofort auf. In Rosemarie Trockels Arbeiten, die aus weiblich konnotierten Materialien wie Wolle oder Herdplatten bestehen, ist der ironische Bezug zur Häuslichkeit schließlich überdeutlich. Die Auswahl weiblicher Künstlerinnen wirft einen besonderen Blick auf die Sammlung Schaufler. Zugleich verdeutlichen die Werke in ihrer heterogenen Zusammenstellung, welche unterschiedlichen künstlerischen Positionen Künstlerinnen in den letzten Jahrzehnten besetzt haben. Dabei ist die Ausstellung nicht als Beitrag zur Genderdebatte oder als feministisches Statement konzipiert, sondern als Blick in die Sammlung unter weiblichen Vorzeichen.