artist / participant

press release only in german

Eröffnung 12. Oktober 2009, 19.00 Uhr

Zum 90. Geburtstag von Maria Lassnig widmet das MUMOK der bedeutendsten österreichischen Künstlerin der Gegenwart eine große Personale, die sich auf Arbeiten der letzten zehn Jahre konzentriert.

Die rund 60 präsentierten Gemälde belegen die Sensibilität der Malerin für die Körperempfindungen und zeigen zu welchem vielfältigen Spätwerk voller Farbkraft und Lebendigkeit Maria Lassnig gefunden hat. Unter den Exponaten finden sich einige neue großformatige Bilder, die im MUMOK zum ersten Mal öffentlich ausgestellt werden.

Maria Lassnig gilt als Vorreiterin und Visionärin für nachfolgende Generationen von Künstlern und hat deren künstlerische Entwicklungen entscheidend mitgeprägt. Im Zentrum ihres Schaffens steht seit sechzig Jahren beinahe ausschließlich die Künstlerin selbst bzw. das, was sie ihre „Körperempfindung“ nennt: „Es ist sicher, ich male und zeichne nicht den ‚Gegenstand’ Körper, sondern ich male Empfindungen vom Körper.“ (Maria Lassnig, 1999). Dabei veräußerlichte sie stets gnadenlos ihre Gefühle. Ob Stärken oder Hinfälligkeiten — was sie auf ihren Reisen ins Innere entdeckte, setzte sie in ausdrucksstarke Bilder um.

Maria Lassnig, die sich gern mit der Aura der Einzelgängerin umgibt und von sich selbst sagt: „Ich wäre gern böser“, hat es wie wenig andere Künstler verstanden, sich über Jahrzehnte hinweg weiterzuentwickeln. Sie schaffte es, sich in verändernden gesellschaftlichen Kontexten jedes Mal aufs Neue zu bewähren. Nicht zuletzt deshalb war ihr Werk immer schwer einzuordnen: Eine Stilrichtung besaß jeweils nur solange Gültigkeit, als sie der Visualisierung neuer Erfahrungen nicht im Wege stand.

In den letzten Jahren hat Maria Lassnig Gemälde geschaffen, die durch ihre Freiheit, ihre lebendige Farbigkeit, ihre Affektgeladenheit und ihre oft verblüffenden Bildfindungen bestechen. Eine große Rolle spielt dabei die Erinnerung, wie die Künstlerin im amerikanischen Kunstmagazin Artforum betont: „Die Außenwelt dringt so sehr auf einen Menschen ein, dass man eigentlich gar nichts anderes darstellen könnte.“

Die Ausstellung wirft einen fokussierten Blick auf „Das neunte Jahrzehnt“ von Maria Lassnigs Schaffen und zeigt wie sie sich darin mit ihren früheren Werken auseinandersetzt ohne sich jedoch zu wiederholen. Sie interpretiert bereits aufgegriffene Themen neu und begegnet dabei sich selbst nicht ohne gewisse Ironie. Auch mystische Elemente finden sich in ihren neuesten Arbeiten. In den sogenannten „Kellerbildern“ etwa, die in einem heißen Sommer im kühleren Keller ihres Hauses in Kärnten entstanden sind. Sie bat einige jüngere Nachbarn ihr Modell zu stehen und gab ihnen Plastikfolien, die sie vor ihre Köpfe halten sollten. Maria Lassnig bezieht sich dabei auf zellophaniertes Obst, das sie während ihrer Zeit in New York zum ersten Mal in einem Supermarkt gesehen hat. In den frühen 1970er Jahren entstanden darauf hin ein Stillleben mit zellophanierten Äpfeln sowie ein Selbstporträt mit Folie.

Ebenfalls zu sehen sind zahlreiche Selbstbildnisse mit Tieren sowie eine Gruppe von Erinnerungsbildern, die Lassnig bis in ihre Akademiezeit zurückführen. Sie gestaltete mit nackten Modellen einen kleinen „Adam und Eva“-Zyklus.Tendenziell werden ihre Arbeiten in den letzten Jahren zunehmend freier, sie erlaubt sich beispielsweise die charakteristische Strichtechnik mit einer naturalistischen Malweise zu verbinden.

Die Ausstellung „Das neunte Jahrzehnt“ ist nach 1985 und 1999 die dritte Personale von Maria Lassnig, wobei die vorangegangen Präsentationen als klassische Retrospektiven konzipiert waren.

Das Museum Ludwig in Köln präsentiert ab dem 14. März „Maria Lassnig. Im Möglichkeitsspiegel“. Die Kölner Ausstellung zeigt neben den informellen Zeichnungen der späten 40er Jahre und den Aquarellen der 80er und 90er Jahre auch die New Yorker Trickfilme.

Kurzbiografie

Maria Lassnig wird 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten geboren. 1941 tritt Lassnig in die Meisterklasse Wilhelm Dachauer an der Wiener Akademie der bildenden Künste ein, die sie bereits 1943 wieder verlassen muss, da er ihre Werke als „entartet“ einstuft. Sie führt ihr Studium bei Ferdinand Andri und Herbert Boeckl fort. In den 1950er und 1960er Jahren verbringt sie mehrere Jahre in Paris und kommt in Kontakt mit dem Surrealismus und zeitgenössischen Kunstströmungen, wie der amerikanischen und französischen informellen Malerei; es entstehen erste Körperbewusstseinsaquarelle. Von 1968 bis 1980 lebt Maria Lassnig in New York, wo sie einen Zeichentrick-Kurs an der School of Visual Arts besucht und erste eigene Zeichentrickfilme realisiert. 1980 kehrt Lassnig nach Österreich zurück und erhält als erste Frau im deutschen Sprachraum eine Professur für Malerei an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Ihre Arbeit erfährt große internationale Aufmerksamkeit als sie im gleichen Jahr gemeinsam mit Valie Export Österreich auf der 39. Biennale in Venedig vertritt und an der documenta 7 (1982) teilnimmt. Für ihr Lebenswerk wurde die Künstlerin mehrfach geehrt und ausgezeichnet: u. a. mit dem Großen Österreichischen Staatspreis (1988 als erste bildende Künstlerin), dem Oskar Kokoschka-Preis (1998) und dem Max Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt am Main (2004). Pressevorinformation 14. Jänner 2008 3

only in german

Maria Lassnig
Das neunte Jahrzehnt
Kurator: Wolfgang Drechsler