press release only in german

Die Kunsthalle Jesuitenkirche nimmt in Kooperation mit der Fördergesellschaft „Museum für Verfemte Künste“, Solingen, den 75. Jahrestag der Feme-Ausstellung „Entartete Kunst“ in München (Eröffnung: 19. Juli 1937) zum Anlass, eine Auswahl von ca. 150 Kunstwerken aus der Sammlung Gerhard Schneider zu zeigen. Die Werke aus dieser Spezialsammlung zur verfemten Kunst und die hinter diesen stehenden Künstlerschicksale erinnern heute eindringlich an die von Intoleranz und Verfolgung geprägte Kunstpolitik der Nationalsozialisten – sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der zentralen Münchener Diffamierungsschau in den Hofgarten-Arkaden sowie mit weiteren Feme-Ausstellungen der Jahre 1933 bis 1941.

Bei groß angelegten „Säuberungen“ in den Museen beschlagnahmten die Nationalsozialisten über 20.000 Kunstwerke von ca. 1.400 Künstlern und Künstlerinnen (eine Auflistung aller Namen nach dem aktuellen Forschungsstand wird dem Anhang des begleitenden Ausstellungskataloges zu entnehmen sein). Auf der Münchener Ausstellung wurden 118 von ihnen mit über 700 Exponaten an den öffentlichen Pranger gestellt. Diese Zahl verrät bereits, dass es bei der Aktion nicht allein um bereits bekannte Namen ging: vielmehr war dem Regime an der Diffamierung fast zweier ganzer Künstlergenerationen gelegen. Diskriminierende, polemisch-aggressive Wandbeschriftungen appellierten an schon vorhandene Aversionen gegen die Moderne und schürten unter dem NS-Schlagwort der „jüdisch-bolschewistischen Kunst“ zugleich antisemitische und antikommunistische Vorurteile. In der Ausstellung können 67 der in München verfemten Künstler/Innen mit ihren vor 1937 entstandenen Werken vorgestellt werden. Darüber hinaus sind in der Sammlung Dr. Gerhard Schneider etwa 400 der rund 1.400 von den beiden Beschlagnahmeaktionen 1937 betroffenen Künstler/Innen mit beispielhaften Werken vertreten.

Auf Basis dieses Bestandes und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse kann ein weit reichender Überblick über die nationalsozialistische Diffamierungskampagne gewonnen werden. Die Präsentation „Moderne am Pranger“ wird vor allem anhand herausragender druckgrafischer Arbeiten dem durch die NS-Aktion verursachten ungeheuren menschlichen und kulturellen Verlust Rechnung tragen. Die Kunsthalle Jesuitenkirche widmet sich in dieser bundesweit einmaligen Form der Erinnerung an die NS-Aktion „Entartete Kunst“. Dank des engen Informationsaustausches mit der Forschungsstelle für „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin und der Mitarbeit des dort tätigen Kunstwissenschaftlers Dr. h. c. Andreas Hüneke als Katalogautor, konnten neueste Forschungsergebnisse in dem die Ausstellung begleitenden Katalog Berücksichtigung finden. Einen umfassenden historischen Überblick zur „Aktion Entartete Kunst“ steuert Prof. Dr. Christoph Zuschlag vom Kunsthistorischen Institut der Universität Koblenz-Landau bei, der ehemals den Aufbau der Berliner Forschungsstelle für „Entartete Kunst“ begleitet hat (Promotionsschrift: »Entartete Kunst«. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland, Worms: Wernersche Verlagsgesellschaft, 1995). Ein weiterer Beitrag in dem umfangreichen Katalog (240 Seiten) stammt von Dr. Gerhard Schneider. Er schildert seine Motivation und kunsthistorischen Entdeckungen aus Perspektive des Sammlers.

„… die Verfolgung von Künstlern und Intellektuellen [führte] zu einem Exodus, der die geistige und künstlerische Entwicklung im Nachkriegsdeutschland wie auch in den Exilländern nachhaltig prägte. Durch die Verkaufsaktionen kam bislang nicht gekannte Bewegung in den internationalen Kunstmarkt: Die deutsche Moderne erfuhr internationale Verbreitung, ihr Bekanntheitsgrad stieg. Die einseitige Stilisierung der Avantgarde-Künstler zu Märtyrern unter dem Nationalsozialismus beeinflusste maßgeblich die Entstehung des Mythos der Moderne.“

Christoph Zuschlag

only in german

Moderne am Pranger
Die NS-Aktion „Entartete Kunst“ vor 75 Jahren
Werke aus der Sammlung Gerhard Schneider
Kuratorin: Christiane Ladleif in Zusammenarbeit mit Gerhard Schneider

Künstler: Ernst Barlach, Max Beckmann, Heinrich Campendonk, Marc Chagall, Lovis Corinth, Heinrich Maria Davringhausen, Walter Dexel, Otto Dix, Lyonel Feininger, Conrad Felixmüller, Walter Gramatté, George Grosz, Hans Grundig, Erich Heckel, Karl Hofer, Karl Hubbuch, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Paul Kleinschmidt, Oskar Kokoschka, Max Liebermann, Franz Marc, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Ludwig Meidner, Wilhelm Morgner, Otto Müller, Heinrich Nauen, Emil Nolde, Otto Pankok, Max Pechstein, Franz Radziwill, Christian Rohlfs, Edwin Scharff, Rudolf Schlichter, Karl Schmidt-Rottluff, Werner Scholz, Kurt Schwitters, Max Slevogt, Gert Wollheim ...