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Norbert Bisky, geboren 1970 in Leipzig, lebt und arbeitet in Berlin. 1993 nahm er das Kunststudium an der Freien Kunstschule Berlin auf und besuchte anschließend die Hochschule der Künste (Klasse Baselitz), wo er 1999 Meisterschüler von Georg Baselitz wurde. In diesem Jahr ist Norbert Bisky Teilnehmer der im Mai beginnenden Biennale von Prag, im Künstlerhaus Bethanien war er bereits 2004 im Rahmen der Gruppenausstellung “Rohkunstbau - Dorf in die Metropole” vertreten . Wir freuen uns, mit der Ausstellung in Studio 1 Norbert Biskys erste große Einzelausstellung in Deutschland präsentieren zu können. Indem sie die jüngsten Arbeiten zu ausgewählten Werkbeispielen aus den letzten vier Jahren ins Verhältnis setzt, bietet die Ausstellung einen repräsentativen Überblick über Biskys bisheriges künstlerisches Schaffen.

Norbert Biskys Bilder aus den letzen Jahren haben etwas Verstörendes an sich. Sie zeigen wohlgestaltete, sportliche und immer strahlend blonde und blauäugige Knaben oder junge Männer, die sich in fröhlichen Gruppen an nicht näher identifizierbaren Orten bei Sport und Spiel tummeln. Aufgrund des fehlenden Kontexts ist für den Betrachter nicht definitiv zu entscheiden, ob hier tatsächlich die in der ehemaligen DDR – die Biskys Jugendzeit prägte – proklamierte Zukunftsvision des sozialistischen Menschen abgebildet ist, oder ob es sich vielleicht doch um eine kalifornische jeunesse dorée handelt, die sich am Strande des Pazifiks ertüchtigt. Einen Moment lang mag man sich auch an die Idealmenschen einer anderen finsteren Dikatur erinnert fühlen, die Eigenschaften wie ‘blond’ und ‘blauäugig’ als Kennzeichen einer “Herrenrasse” festzuschreiben suchte, doch obsiegt letztlich der Eindruck der durch Biskys Maltechnik und Farbwahl erzeugten diaphanen Leichtigkeit, die der Monumentalität und schweren Stofflichkeit der Werke eines nazistischen Realismus diametral entgegensetzt ist.

In etlichen Bildern Biskys findet sich das Motiv der schönen, diesmal frei schwebend ineinander verschlungenen Körper, die mit ihrer luftigen Umgebung förmlich zu verschmelzen scheinen, wobei glückvolles Schweben und fröhliches Spiel ganz plötzlich in grausigen Sturz und verbissenen Kampf umschwingen können, wie es auch Bildtitel wie z.B. “Höllensturz”, “Gomorrah” oder “Scheiß Spiel” nahelegen. Engelsflug oder Höllensturz? Nicht zufällig findet sich dieses Motiv, das von den Werken alter Meister bekannt ist, wiederholt in Biskys Werk. Der Künstler hat sich mit Malern wie Goya oder Tiepolo ausgiebig auseinandergesetzt und bezeichnet letzteren gar als einen “Seelenfreund”. Wenn der Grat zwischen ‘Paradies’ und ‘Hölle’ so schmal ist, wie es in Biskys Bildern aufscheint, wo alles von einem Moment zum anderen zu kippen droht, darf auch die Frage nach der Faszination des Bösen wider besseres Wissen und nach der Lust an der Unterwerfung unter das Böse gestellt werden. Verwirrend ist bei Biskys Bildern die Tatsache, dass in seinen Arbeiten ein klassisches Maß gilt, das den Seh-Sinn auf seine Kosten kommen lässt, und der Künstler damit aufzeigt, dass Ideologie nicht zuletzt auf der Basis von Faszination funktioniert. Die Bilder aus dem Jahr 2004 schließlich sind gekennzeichnet durch ein lockeres, licht-fixiertes non-finito. Es handelt sich zumeist um Gruppenbildnisse in der Art plakativer Kompositionsschemata der 30er, 40er und 50er Jahre in Deutschland und der Sowjetunion, die mit der Erinnerung an die Geschichte als einer Geschichte gemalter Bilder spielen.

Auch die einzige Skulptur in der Ausstellung, die Abguss-Plastik eines menschlichen Körpers in Hollywood-Manier, die von der Decke des Studios 1 herabhängt, lässt die Frage offen, ob es sich hier um einen Stürzenden, einen Fliegenden oder gar eine Verkörperung des Gefallenen Engels handeln soll. Wie bei allen seinen Arbeiten will der Künstler keine Lesart vorgeben, sondern dem Betrachter viel Raum für eigene Interpretation überlassen.

Die Ausstellung von Norbert Bisky wird mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Berlin realisiert. Zur Ausstellung erscheint ein von der Galerie Michael Schultz, Berlin herausgegebener Katalog mit Essais (deutsch/englisch) von Graham Bader und Gerrit Gohlke.

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Norbert Bisky - Malerei