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Orientbilder. Fotografien 1850 – 1910

Vernissage: Freitag, 9. Dezember 2016, 20 Uhr

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Die fotografische Eroberung des Orients
Prof. Dr. Bernd Stiegler, Universität Konstanz
16. Februar 2017, 19 Uhr, Veranstaltungsraum.

Im Rahmen unserer Ausstellung „Orientbilder. Fotografien 1850–1910“ laden wir für Donnerstag, 16. Februar 2017, 19 Uhr zu einem Vortrag mit Prof. Dr. Bernd Stiegler ein.

Prof. Stiegler spricht über „Die fotografische Eroberung des Orients“, denn die abendländische Vorstellungswelt vom Orient ist bis heute vor allem eine, die durch Bilder geprägt wurde. Zuerst sind es die Maler, später – seit der Mitte des 19. Jahrhunderts – kommen die Fotografen hinzu. Diese können, den rasch wachsenden Bedarf an Bildinformationen über die geheimnisvolle Weltgegend deutlich effizienter erfüllen. Auf vielen der Fotografien wirkt das Morgenland wie ein imaginäres Gegenbild, wie ein Pendant zum Abendland. Es ist jedoch ein Gegenüber, dessen Andersartigkeit sich auch durch die Wiederholungen ähnlicher Motive kaum auflöst. Es bleibt ein Traumland. Die Bilder und Geschichten über Wüsten, Oasen, Harem, Bazar, Odalisken und Epheben werden oftmals in einer Weise überhöht, der die Realität kaum standhalten kann. In Hinterhöfen tummeln sich Esel und Bettler, Wasserträger und Beduinen, leicht bekleidete Jünglinge und Mädchen, die für die Inszenierungen der Fotografen bereit stehen. Die Fotografien aus Ägypten, der Türkei, Nordafrika und Palästina zeigen vor allem das, wofür sich die Europäer besonders interessierten: das Fremde und das Exotische. Das sind neben den gewaltigen Monumenten vergangener Kulturen, exotische Landschaften, aber auch die Menschen, deren Sitten, Gebräuche und äußere Erscheinung und Kleidung.

Prof. Dr. Bernd Stiegler ist Professor für Neuere Deutsche Literatur mit Schwerpunkt Literatur des 20. Jahrhunderts im medialen Kontext an der Universität Konstanz und Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie. Seine Publikationen zur Theorie und Geschichte der Photographie haben den Rang von Standardwerken.

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Betrachtet man die Geschichte der Orient-Fotografie, die hier in gut 200 zwischen 1850 und 1910 entstandenen Aufnahmen aufgeblättert wird, so kann man die allmähliche Verfestigung der Bilder der Fremde, die doch so vertraut ist, verfolgen. Wir sehen, wie aus vielen einzelnen Bildern, die höchst unterschiedliche Aspekte zeigen, ein Orientbild wird, das dann um 1900 so allgemein geworden ist, dass es keiner genaueren Bezeichnungen der aufgenommenen Orte mehr bedarf. In der Kunstfotografie ist der Orient ortlos und auch zeitlos geworden: Er ist nun ein reines Reich des Bilder und Phantasmen. Heute, aus zeitlichem Abstand, können wir hinter die Kulissen schauen. Wir können die Inszenierungsstrategien in den Blick nehmen und die Bilder studieren als das, was sie sind: als Bilder des Orients.

Die Ausstellung und der Katalog gehen zurück auf ein Projektseminar an der Universität Konstanz, das unter der Leitung von Bernd Stiegler und Felix Thürlemann im Sommersemester 2014 und Wintersemester 2014/15 stattfand. In dem Seminar wurde gemeinsam die Ausstellung konzipiert und die Beiträge für den Katalog mitsamt den Recherchen zu den einzelnen Exponaten erarbeitet.