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Die Ausstellung „Office Hours“ widmet sich dem Büro – einem Ort, dessen Funktion darin besteht, dass an ihm gearbeitet wird. „Office Hours“ fragt danach, auf welche Weise sich Büros materialisieren, die nicht zuletzt ein Konglomerat telekommunikativer Schnittstellen sind. Und untersucht kritisch ein aktuelles Phänomen: die Gestaltung von schönen neuen Arbeitswelten.

Künstlerinnen und Künstler, Designerinnen und Designer reflektieren, welche Folgen das Verschmelzen von Privatleben und Arbeit, die Erweiterung des traditionellen Büros um Wellnessbereiche und Breakouts hat. Sie interpretieren das Büro als räumliche Manifestation von Effizienz, als Maschine mit hyperkomplexer technologischer Dynamik, als Ort sozialer Kontakte sowie als Schaubühne einer psychischen und ästhetischen Konditionierung, dessen Gestaltung dazu beiträgt, dass Menschen ihre Arbeit als mehr oder weniger sinnstiftend empfinden.

Jacqueline Hassink dokumentiert Versuche der symbolischen Aneignung von Arbeitsplätzen. Im Rahmen ihrer Fotoserie „Cubicles“ hält sie Büroräume und Bildschirmschoner von Software-Ingenieuren in Silicon Valley fest. Die persönlichen Gegenstände übernehmen hier die Funktion, der Tätigkeit im Netz elektronischer Datenströme Anschaulichkeit zu verleihen. John Pilson stellt in seinem Video „Above the Grid“ einen Zusammenhang zwischen der nach einem strengen Raster angelegten Stadtstruktur New Yorks und der Aneinanderreihung von Büros her, die arbeitsökonomischen Gesetzen folgt. Dem Raum gewordenen Rationalismus begegnen die Büroangestellten mit irrationalen Handlungen. Das selbstreferentielle System Büro setzt Thorsten Streichardt mit Hilfe typischer Büroutensilien in Szene: Kaffeemaschinen, die zusammengeschlossen sind, pumpen unter lautem Zischen und Stöhnen heißes Wasser im Kreis herum. Andreas Boebel liefert Unterlagen für Berufstätige, die rund um die Uhr Produktivität simulieren müssen. In einem unbeoachteten Moment können sie das weiche Innenleben ihrer Ordner entfalten und sich eine kurze Erholungspause gönnen. Volker Albus führt im Dia vor Augen, auf welche Arbeitsbedingungen der nomadische Büroarbeiter stößt, sobald er ein Hotelzimmer – egal, in welchem Land der Erde – betritt: unzweckmäßiges Mobiliar, halbdunkle Nischen, Rattansessel und Messinglampen machen es dem sensiblen Zeitgenossen nahezu unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn, diesen in seinen Laptop einzugeben. Marc Krusin entwirft eine Lounge, die eben jenen Wohlfühlcharakter entfaltet, der heute für die Büroarbeit so unabdingbar zu sein scheint. Kayle Brandon & Heath Bunting analysieren den Inhalt und die tiefere Bedeutung von Lunchboxes, in denen das zu Hause zubereitete Essen ins Büro transportiert wird, und Peter Friedl dokumentiert per Foto und Video ein Experiment. Er ermöglichte es der Belegschaft der Société des Expositions du Palais des Beaux-Arts in Brüssel, vorübergehend einen Identitätswechsel vorzunehmen: Wer wollte, durfte in ein Kostüm schlüpfen und im neuen Gewand seiner Arbeit nachgehen. Kamal Aljafari zeigt in seinem Film „Visit Iraq“, dass ein leerstehendes Büro der Iraqi Airways in Genf Anlass zu vielfältigen Spekulationen gibt. Zur historischen Fundierung des Themas trägt das Video „Marcel“ von Jean-Luc Godard & Anne-Marie Miéville aus den siebziger Jahren bei: Anhand der Bilder lassen sich selbstbestimmte und entfremdete Arbeit nicht voneinander unterscheiden.

Am 1. Mai: Performance „Tag der Büroarbeit“ von Thorsten Streichardt Zum DESIGNMAI finden unter dem Titel „Sprechstunden“ Vorträge und Filmvorführungen statt.

5. Mai 18.30 Uhr Volker Albus, „Schlafen im Büro“ (Vortrag) 6. Mai 18.30 Uhr Erik Veldhoen, „The Art of Working“ (Vortrag) 7. Mai 18.30 Uhr Stefan Rief, „Office 21. Das Büro der Zukunft“ (Vortrag) 8. Mai 18.30 Cindy Sherman, „Office Killer“, (Spielfilm, 77 min) 14. Mai 18.30 Uhr Katharina Sykora, „Play Time – Play Gender. Über Unpässlichkeiten in Jacques Tatis Bürowelten“ (Vortrag) 15. Mai ab 15 Uhr Thorsten Streichardt, „Büroarbeit des Monats“ (Dauerperformance in der Ausstellung)

Zur Ausstellung erscheint eine Broschüre.

Pressetext

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REALISMUSSTUDIO - Office Hours
Strukturwandel der Arbeitswelten, ein interdisziplinäres Projekt

Eine Ausstellung der Arbeitsgruppe RealismusStudio der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) in Kooperation mit Stylepark

mit Arbeiten von Volker Albus, Kamal Aljafari, Andreas Boebel, Kayle Brandon & Heath Bunting, Peter Friedl, Jean-Luc Godard & Anne-Marie Mieville, Jacqueline Hassink, Marc Krusin, John Pilson, Thorsten Streichardt