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Die Ausstellung zu Rosemarie Trockel steht im Programm des ifa in einer Reihe mit den monografischen Ausstellungen zu Sigmar Polke, Georg Baselitz und Gerhard Richter. Dies beleuchtet nicht nur den Rang, der dem Werk der Künstlerin innerhalb der Gegenwartskunst zukommt. Die künstlerischen Positionen der älteren Kollegen bilden auf hintergründige Weise zugleich den programmatischen Ausgangspunkt für Rosemarie Trockels eigene Auffassung.

Die selbst noch in den 80er Jahren weitgehend männlich geprägte Kunstszene reizt die Künstlerin zum Widerspruch. Beharrlich formuliert sie an Gegenpositionen, in denen sie dem männlichen Künstlergenie weibliche Rollen und Themen entgegenhält. Die einzelnen Werkgruppen reflektieren ihren Standpunkt eines dezidiert weiblichen Künstlertums. Sie sparen dabei auch nicht mit grundsätzlicher Kritik am bestehenden Kunstsystem. Gleich eines ihrer frühesten Meisterwerke, die in unserer Ausstellung gezeigte "Malmaschine" von 1990, führt virtuos den Gemeinplatz über gefällige, handwerklich-mechanische Prägung von Frauenhand geschaffener Kunst ad absurdum. Durch die mechanische Hervorbringung des malerischen Gestus kann die "Malmaschine" geradezu als Parodie auf den Topos vom Künstlergenie gelesen werden.

Trotz ihrer kritischen Haltung treten Rosemarie Trockels Werke dem Betrachter als phantasievoll beschwingte Gedankenkonstrukte und als anschaulich überzeugende künstlerische Entwürfe entgegen. So gelingt es der Künstlerin, auch schwere Gedankenfracht ironisch und humorvoll zu visualisieren und dogmatische Gegensätze, gar Polemik zu vermeiden. An den ab 1991 verwendeten, in der Art minimalistischer Skulpturen an der Wand hängenden Herdplatten sowie die nachgerade zu Rosemarie Trockels Markenzeichen aufgestiegenen Strickbilder lässt sich diese Strategie wohl am deutlichsten ablesen. Die Künstlerin entkleidet die dem weiblichen Arbeitsalltag entlehnten Requisiten ihrer angestammten Funktion. Auf diese Weise treten die Herdplatten ebenso wie die Strickbilder aus ihrem banal-häuslichen bzw. kunstgewerblichen Bezug.

Rosemarie Trockel entwickelt ihr Werk nicht linear, sondern sie geht in bewusster Absicht künstlerische Umwege. Jede gefundene Antwort stellt sie in geradezu dekonstruktivistischer Methode wieder in Frage oder hebt sie gar auf. Der unvorbereitete Betrachter mag ihr Werk deshalb zunächst als heterogen und daher nicht leicht zugänglich erleben. Doch um jede Werkgruppe spinnt sich ein feinverzweigtes Assoziationsnetz, in welchem die einmal formulierten Motive über die Jahre vielfache Variationen in unterschiedlichen Medien durchmachen und sich so entschlüsseln.

In ihren Werken gehen traditionelle und neue Bildmedien den Betrachter immer wieder erstaunende Verbindungen ein. Dies wird vor allem deutlich an den Tusch-, Kohle-, Bleistift-, Collage- oder Computerzeichnungen, denen eine bedeutende Stellung im Werk zukommt: Zeichnungen begleiten jede neue Werkphase als Erprobungsfeld und Merkskizzen für Überlegungen und Konzeptionen, bilden aber auch eine eigenständige Werkgruppe, wie es besonders an den aktuellen Großformaten sichtbar wird. Neben den Videos legt deshalb unsere Ausstellung besonderes Gewicht auf dieses Medium.

Zur Ausstellung liegt ein Katalog vor.

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Rosemarie Trockel
Kooperation mit Goethe-Institut São Paulo, Brasilien

Stationen:
11.05.06 - 30.07.06 Casa Andrade Muricy, Curitiba / Brasilien
25.01.07 - 25.02.07 Museu Paco das Artes, São Paulo, Brasilien