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Ewig währt die Abstraktion. Nur allzu bekannt sind die Anfeindungen, mit denen die Avantgarde und die von ihr eingeführte Abstraktion quittiert wurden. Dies ist schon lange her. Nichts ist heute gewöhnlicher als abstrakte Kunst. Ihr ehemals revolutionärer, utopischer oder provokanter Impuls ist mit den Jahren erodiert, ihre Vorzeichen haben sich im Laufe ihrer Entwicklung und Historisierung verändert. Unverändert ist jedoch die Frage nach einer Erklärung geblieben. Was verbirgt sich hinter dem ominösen schwarzen Quadrat? Meusers Werk, eine aus Stahl zusammengebaute, rahmenartige Konstruktion, die von orangefarbener Mennige überzogen ist, trägt den augenzwinkernden Titel: „Es gibt Dinge, die kann man nicht erklären.“ Und natürlich wissen wir, daß es unterschiedliche Erklärungen gibt für das schwarze Quadrat, und dass jedes Kunstwerk, egal ob abstrakt oder nicht, von der Spannung hin zu Erklärungen lebt.

Die Ausstellung spürt experimentell einer Tradition von Künstlern im Rheinland nach, die mit so unterschiedlichen Figuren wie Meuser, Herold, Kippenberger oder Polke die Abstraktion unverfroren und undogmatisch oftmals humoristisch gefasst haben. Die Werke führen die ungebrochene Aktualität der Abstraktion und zugleich die Absage an die reine Form vor Augen. Ruinöse Abstraktion: „Es gibt Dinge, die kann man nicht erklären.“ vereint Künstler, deren Abstraktionen mit dem Erklärungsbedarf der einfachen Formen spielen. Eine reduzierte Formensprache gibt zunächst sachliche Kühle vor, entpuppt sich jedoch als eine Konzentration und Emotion vermählende Struktur.

Ausgehend von dem in Düsseldorf ansässigen Künstler MEUSER (1947, lebt in Düsseldorf) kommt eine Gruppe von jüngeren deutschen Künstlern zusammen, deren plastisches Schaffen zu einer Bildhaftigkeit drängt und hinter deren abstrakten Gebilden mit malerischen Qualitäten sich Geschichten zu verbergen vermögen. Es sind Künstler, die plastisch im Raum arbeiten, und doch der Wand als Träger von Bildern eine besondere Wichtigkeit beimessen. Gemeinsam ist den „Bildhauer-Malern“, die aus oftmals vorgefundenen Einzelteilen Objekte konstruieren, die Orientierung hin zur Wand. Schließlich kann die Plastik selbst zum Bildträger werden (MICHAELA MEISE, 1976, lebt in Berlin) oder aber sie verliert sich gänzlich in der Malerei (ANSELM REYLE, *1970, lebt in Berlin).

Je mehr und je schneller Prozesse der Veränderung ihren Gang nehmen, desto mehr Ruinen, Objekte, die ihrer ursprüngliche Funktion beraubt sind, fallen an. Dieser Erfahrung, die ein jeder im Alltag beobachtet, kann in den Werken nachgespürt werden. Die plastischen Bild-Konstruktionen bestehen aus gefundenen oder vorgefertigten Materialien, die zweckentfremdet sind und sich zu neuen Gebilden zusammenfügen. Vereint sind unterschiedliche Arbeitsweisen, die sich jedoch alle auf die eine oder andere Weise auf Alltagserfahrungen zurück binden lassen. Auf diese Weise entsteht eine “ruinöse Abstraktion“, bei der ein kurzer Moment der Reminiszenz an das Vergangene immer bleibt.

Die Präsenz des Ruinösen öffnet einen kleinen Spalt hin zur Erinnerung, zur Benennung von Form, wobei die Collage als künstlerisches Prinzip eine wichtige Rolle spielt. Der Objektcharakter der Werke als Plastik bleibt ständig prekär: Sie können sich als Zeichnung im Raum geradezu auflösen (BERTA FISCHER, 1973, lebt in Berlin), sich als großflächige Malerei enttarnen (ANSELM REYLE, 1970 lebt in Berlin, MARTIN HOENER, *1976, lebt in Frankfurt) oder aber als eigenartiges architektonisches Versatzstück mit möbelartigem Charakter daherkommen (BENITA LIEBEL, MEUSER, MICHAELA MEISE)