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Unter dem Motto SEITENWECHSEL lädt das museum kunst palast zu gleich zwei Ausstellungen aus dem eigenen Bestand ein: AUF PAPIER. UNSERE SCHÖNSTEN HANDZEICHNUNGEN und UNSERE SAMMLUNG NEU GESEHEN. Als eines der wenigen Museen im Rheinland vereint das Düsseldorfer Haus im Ehrenhof bedeutende Sammlungen von Glas, Skulptur, Malerei, Graphik, Kunstgewerbe und Neue Medien unter einem Dach. Trotz der umfangreichen, von antiken Gläsern über mittelalterliche Madonnen bis hin zur zeitgenössischen Fotografie reichenden Schausammlung bleibt eine Vielzahl von Kunstwerken dem Publikum meist verborgen, denn mal aus Platzgründen, mal aus konservatorischen Bedingungen wie bei den empfindlichen Graphiken lagern sie in den Depots. Es gehört daher zu den wichtigsten Aufgaben unseres Museums, diese selten gezeigten Schätze immer wieder ans Tageslicht zu bringen und für den Besucher neu sichtbar und erfahrbar zu machen.

Bedingt durch die notwendig gewordene Modernisierung des Brandschutzes in den Räumen der permanenten Kollektion und die damit verbundene Teilschließung ergreifen die Kuratoren des Museums mit einem Seitenwechsel die Chance, in den freien Räumen des Kunstpalastes mit ausgewählten Werken aus der Sammlung ein Seh-Abenteuer zu wagen. Mit dem Ziel, den Kunstreichtum des Museums vorzustellen, aber auch die Bedeutung der einzelnen Abteilungen sichtbar zu machen, wurde bewusst eine Präsentation in historischer Linearität aufgebrochen.

Im Zusammenspiel von wichtigen Hauptwerken aus der Schausammlung mit selten gezeigten Stücken werden neue Werkgruppen komponiert, Gemälde zu Themenensembles zusammengefasst und immer wieder neue Nachbarschaften oder Gegenüberstellungen riskiert. So finden sich schwarze Bilder des 20. Jahrhunderts als extremer Ausdruck farblicher Reduktion im Vis-à-vis mit einem Ensemble von Gemälden des 19. Jahrhunderts, insbesondere der Düsseldorfer Malerschule. Diese handeln in unterschiedlicher Dramatik und narrativer Erzählweise von Katastrophen wie z.B. Andreas Achenbachs Werk „Der Untergang der President“. In diesem Umfeld wird auch eine der jüngsten Erwerbungen des Museums präsentiert: die „Landschaft aus dem Dreißigjährigen Krieg“ von Carl Friedrich Lessing, dessen Werke für die Auflösung der klassischen Gattungsgrenzen von Historien- und Landschaftsmalerei stehen. Als farbliches Äquivalent der Katastrophe wird in der Ausstellung Schwarz vorgestellt, ein Symbol nicht nur machtvoller Finsternis, des Bösen, sondern auch des Erhabenen. Am Beginn der Moderne markiert die Farbe Schwarz in der Malerei ein Endzeitgefühl und scheinbar auch das Ende der Malerei. Denn mit Schwarz sind Raum und Farbe, die beiden Eckpfeiler der visuellen Wahrnehmung fragwürdig geworden. Im Schwarz war die Malerei jedoch auch bei sich selbst angekommen

Vor goldfarbenem Hintergrund wird der große Bestand an mittelalterlichen Madonnen und Heiligendarstellungen gewürdigt und hier als moderne Figureninstallation inszeniert und mit zwei Fotoarbeiten von Candida Höfer, darunter die Ansicht eines Ordenshauses im brasilianischen Bahia mit seiner Sammlung von Heiligenfiguren, in eine neue künstlerische Zwiesprache gesetzt. Noch wenig bekannt ist, dass das museum kunst palast in Düsseldorf eine der bedeutendsten Sammlungen mittelalterlicher Skulptur im Rheinland besitzt. Dazu gehört eine große Anzahl an Marienstatuen unterschiedlicher Stilepochen, die das sich wandelnde Bild von Maria als Himmelskönigin, ausgestattet mit Zepter und Krone, bis hin zu den anmutigen, von mütterlicher Fürsorge geprägten Mariendarstellungen aufzeigen.

Immer wieder trifft der Besucher auf formale und inhaltliche Korrespondenzen, aber auch Konfrontationen, auf Stolperstellen, die Denkanstöße geben sollen. So trifft er mit Blick auf Gemälde von Francisco de Zurbarán, Wilhelm Hübner oder Joos van Cleve auf Bilder des Todes und der Vergänglichkeit, die sich als zentrale Motive durch die abendländische Kunst seit dem Mittelalter ziehen und einen weiteren thematischen Schwerpunkt in SEITENWECHSEL bilden. In der Epoche des Barock entwickelte sich eine besonders große Vorliebe für allegorische Darstellungen, die vor Sinneslust, Eitelkeit und dem Streben nach vergänglichen irdischen Gütern gemahnten. Das Vanitas-Stilleben mit den typischen Symbolen des Buches und des Totenschädels blieb bis ins 19. Jahrhundert das bevorzugte, wenngleich zunehmend sinnentleertes Vergänglichkeitssujet. In der Fotoarbeit von Martin Klimas findet das Vanitas-Motiv seine zeitgenössische Brechung und bietet zugleich einen subtilen Dialog zu den „Katastrophenbildern“ auf schwarzer Wand.

In beispielhaften Ensembles mit Gemälden von Peter Paul Rubens „Venus und Adonis“, Carl Ferdinand Sohn „Rinaldo und Armida“, Max Beckmann „Karneval“ oder Jürgen Klaukes zweiteiliger Fotoarbeit „Viva Espagna“, die z.B. Themen wie „Liebe“ oder „Paare“ pointieren, werden immer wieder neuartige Dialogsituationen zwischen Werken verschiedener Gattungen und unterschiedlicher Epochen aufgezeigt.

Einen kontrastreichen Dialog zwischen Figuration und Abstraktion eröffnet „Das eherne Zeitalter“ von Auguste Rodin, seine erste vollfigürliche Plastik, die wegen ihrer ausgeprägten Realitätsnähe in den Salons von Paris und Brüssel einen Skandal auslöste.

Das museum kunst palast besitzt umfassende Bestände aktueller Kunst nach 1945. Einen der prominenten Sammlungsschwerpunkte bildet die sogenannte Farbfeldmalerei, in der sich die in den schwarzen Bildern angelegte „Besinnung“ der Malerei auf sich selbst fortsetzt. Bei Ellsworth Kelly geht es um Malerei als Inhalt der Malerei, um die Erkundung der Beziehungen von Malgrund, Farbe und Farbauftrag, um Malerei als Ergebnis des Malens. Letztendlich sind diese Bilder erkenntnisgerichtete Wahrnehmungsangebote an den Betrachter, eine Aufforderung zum Sehen.

Erstmals seit längerer Zeit werden in der Schau SEITENWECHSEL die Sammlungen des europäischen und islamischen Kunsthandwerks wieder in größeren Überblicken gezeigt. Aus Europa ist Tafelgerät aus Silber, Zinn, Holz, Stein und Glas zu sehen. Diese Pokale, Becher und Humpen waren Bestandteil einer noch bis in 19. Jahrhundert aufwendig zelebrierten Tafelkultur und wurden zuweilen auch als offizielle Geschenke überreicht. Die in den Kunstgewerbemuseen des 19. Jahrhundert neu angelegten Sammlungen „orientalischen“ Kunsthandwerks spiegeln nicht nur die Sehnsucht nach Exotischem wider, sondern zogen als Anregung für neue ornamentale und formale Lösungen das Interesse der europäischen Gestalter auf sich. Im Bereich der Asiatika werden die in Japan als Gürtelschmuck für Männer hergestellten Netsuke präsentiert. Die geschnitzten Miniaturwerke bilden eine japanische Kunstform, die ihre Blütezeit vom 17. bis ins 20. Jahrhundert erhalten konnte und im museum kunst palast durch eine umfassende Sammlung vertreten ist.

Zu den ebenfalls selten gezeigten Stücken gehören die Beispiele des Alltags-Designs wie Rasierapparate oder Gefäße, die in akkumulierter Inszenierung den Besuchern ihren ästhetischen Gehalt präsentieren.

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SEITENWECHSEL
Unsere Sammlung neu gesehen
Kuratoren: Bettina Baumgärtel, Christoph Danelzik-Brüggemann, Kay Heymer, Dedo von Kerssenbrock-Krosigk, Barbara Til, Beat Wismer

Künstler: Andreas Achenbach, Max Beckmann, Joos van Cleve, Candida Höfer, Wilhelm Hübner, Ellsworth Kelly, Jürgen Klauke, Martin Klimas, Carl Friedrich Lessing, Auguste Rodin, Peter Paul Rubens, Carl Ferdinand Sohn, Francisco de Zurbarán ...