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Eine Beobachtung, eine Erinnerung, eine vage Idee ist der Beginn. Die Form findet sich auf dem Weg. Die Linie ist das Subjekt. Sie atmet, ist zuerst dunkel und haucht sich, heller werdend, aus dem Weiß des Papiers. Sie streckt sich über das ganze Blatt, sie berührt andere, lehnt sich an, überkreuzt, baumelt vom Rand, umrundet, umrandet, schweift über das Papier hinaus.

Mit diesen Sätzen beschreibt Silvia Bächli 2014 prägnant die Entstehung und Gestaltung ihrer Zeichnungen. Seit ihrer ersten Ausstellung in der Barbara Gross Galerie 1988 hat sich ihr Werk kontinuierlich weiter entwickelt. "Immer wieder etwas Anderes machen als vorher ohne das Vorrausgehende aufzugeben, alles mitnehmen und langsam weiterführen" – diese Vorstellung der Künstlerin treibt den ständigen Wandel ihrer Formbildungen an.

Bächlis Zeichnungen sind Reaktionen auf Wahrgenommenes aus ihrer nächsten Umgebung: Dinge und Landschaften ebenso wie Beobachtungen von Bewegungen und Geräuschen. Motive wie der Schattenriss eines weiblichen Torsos, die Silhouette eines Paares und die Darstellung eines Astes sind schon aus frühen Arbeiten vertraut. Sie hängen zwischen Zeichnungen, die weniger eindeutig gegenständlich lesbar sind. Frei gezogene Linien, weich und fießend, dynamisch geschwungen oder akkurat geometrisch, wecken beim Betrachter Erinnerungen an Landschaften, Organisches oder Architektonisches.

Neu ist die Dominanz von Farbe. Wo bisher Schwarz in seinen vielfältigen Verdünnungszuständen den Reichtum der Zeichnung ausmachte, wählt Bächli jetzt Farben – mal milchig, matt, transparent, mal kräftig. Lineamente, rhythmisch geschichtet, verdichten sich zur Fläche. Ein viermonatiger Aufenthalt in Island 2008 wurde als Bächlis 'Initialerlebnis der Farbe' bezeichnet. Die weite, verschneite Landschaft, in der sich farbige Details, etwa eine hellblau gestrichene Türe oder ein grün gedecktes Dach, leuchtend vom Weiß der Schneedecke abheben, klingt in den daraufhin entstehenden Arbeiten nach. Erste farbige Zeichnungen fügen sich in das überwiegende Schwarz-Weiß ihrer Installation auf der Biennale in Venedig 2009. In unserer Ausstellung stellen sie nun den Hauptanteil.

"Bächlis Meisterschaft beruht in ihrem Vermögen, das an sich Konventionelle der jeweiligen Sujets durch Farbgebung und Schattierung derart zu verfremden, dass etwas eigentümlich Neues entsteht, vertraut und fremdartig zugleich," schreibt Michael Semff im Ausstellungskatalog der Graphischen Sammlung München, 2014.

Silvia Bächli, *1956 in Baden, lebt und arbeitet in Basel und Paris. Einzelausstellungen (Auswahl): Silvia Bächli. Brombeeren. Arbeiten auf Papier, Staatliche Graphische Sammlung in der Pinakothek der Moderne (2014); What About Sunday – Silvia Bächli and Eric Hattan, MK Gallery, Milton Keynes (2013); Far apart - close together Kunstmuseum Sankt Gallen (2012), Schnee bis im Mai - Silvia Bächli und Eric Hattan; Kunsthalle Nürnberg (2011); det. das, Schweizer Pavillion auf der 53. Biennale in Venedig (2009); Nuit et jour, Cabinet des arts graphiques, Centre Pompidou, Paris (2007); Museu de Serralves, Porto (2007); Poèmes sans prénoms, Mamco, Musée d'art moderne et contemporain, Genève (2006)

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SILVIA BÄCHLI Weiter. Wird.

künstler:
Silvia Bächli