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Seit dem 11. September 2001 hat sich die Rolle der Intellektuellen im politischen Diskurs deutlich verschoben. Im Kampf um globale Hegemonie setzen die politischen Akteure Fakten und Maßstäbe. In dieser Situation sind die Intellektuellen gefordert, sich der Diskurshoheit der Politik zu widersetzen. Welche Rolle spielen die KünstlerInnen unter diesen Gegebenheiten? Sind sie bereit, die Rolle des Public Intellectual zu übernehmen? Und wenn ja, wie?

Das Bild des engagierten Intellektuellen hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehrfach verändert. Für die bildende Kunst wurde das Modell des lokal Agierenden maßgeblich, das die allzu autoritäre Rolle des aufgeklärten Fürsprechers à la Jean Paul Sartre ablöste. Obwohl das lokale Intervenieren der ästhetischen Praxis weit mehr entsprach als das Verfassen abstrakter Pamphlete, schien es den globalen Problemen der Neunziger Jahre nicht mehr angemessen. Angelehnt an eine sich neu bildende Disziplin der Kulturwissenschaften und Positionen wie etwa Edward Said oder Susan Buck-Morss folgend, begibt sich die Kunst seit einiger Zeit auf die Suche nach neuen Kriterien, mit denen sie Partei ergreifen und öffentliche Verantwortung übernehmen kann. Das Symposium The Artist as Public Intellectual? geht mit seiner zentralen Fragestellung den Möglichkeiten der (Neu-) Positionierung künstlerischer Praxis im öffentlichen Diskurs nach.

Teilnehmen werden einerseits KünstlerInnen, die in verschiedenen Jahrzehnten politisches Engagement entwickelt haben, aber auch TheoretikerInnen, die vor dem Hintergrund einer politisierten Psychoanalyse, einer kritischen Bewertung der Medien und einer Auseinandersetzung mit postkolonialistischen Positionen den gesellschaftlichen Ort künstlerischer Praxis zu umreißen versuchen.

FREITAG, 15. 10. 2004

16.00 ANDREA GEYER Andrea Geyer inszeniert soziale Interaktionen in (Stadt-)Räume, die sie als Orte der Produktion von Kultur und Wissen begreift. Die Künstlerin lebt und arbeitet in New York und Freiburg. Sie hat 2000 das Whitney Museum Independent Study Program absolviert und lehrt zur Zeit als Gastprofessorin an der Malmö Art Academy. Einzelausstellungen (Auswahl): 2004 Kunstverein St. Gallen in Katharinen; 2003 Secession, Wien; 2002 Galerie Paula Böttcher, Berlin; 2001 Parlour Projects, New York; 2000 La Panaderia, Mexiko Stadt; PS1 Project Space, Long Island City (mit Sharon Hayes); Gruppenausstellungen (Auswahl): 2004 School Of Missing Studies, Kunstverein München; Open House, OK Center, Linz; 2003 The American Effect, Whitney Museum of American Art, New York; 2002 On Route, Serpentine Gallery, London; Manifesta 4, Frankfurt a.M.; Formen der Organisation, Gallerija Skuc, Ljubljana, Galerie der Hochschule für Grafik und Buchkunst, Leipzig, Kunstraum der Universität Lüneburg.

16.45 MANTHIA DIAWARA Manthia Diawara ist Professor für vergleichende Literaturwissenschaft und Afrikanistik an der New York University. Publikationen (Auswahl) We Won’t Budge, An African Exile in the World (Civitas Books, 2003), In Search of Africa (Harvard University Press, 1998), Black American Cinema: Aesthetics and Spectatorship (Routledge, 1993), African Cinema: Politics and Culture (Indiana University Press, 1992).

17.30 BARBARA KRUGER IM GESPRÄCH MIT SABETH BUCHMANN Barbara Kruger wurde spätestens in den frühen 80er Jahren für ihre konzeptuelle Arbeit auf der Grundlage von appropriierten Bildern und Texten international bekannt. Sie setzt sich konsequent und intensiv mit den Themen Repräsentation, Macht, Identität und Sexualität auseinander, wobei sie Stereotypen und Klischees hinterfragt. Sie war als Verfasserin kulturkritischer Schriften, Lehrerin, Ausstellungskuratorin und Herausgeberin tätig und gestaltete Werbeflächen, Poster sowie eine breite Palette von Produkten. Zunehmend realisiert sie großformatige Installationen und in Zusammenarbeit diverse Architekturprojekte. Kruger, die seit den 70er Jahren in New York und die letzten zehn Jahre auch in Los Angeles arbeitet, ist sowohl sozialkritisch als auch politisch aktiv. Ausgewählte Ausstellungen: 2000 Whitney Museum of American Art, New York; 1999 The Museum of Contemporary Art, Los Angeles; 1992 Magasin, Centre National d'Art Contemporain, Grenoble; 1987 documenta 8, Kassel; 1983 Kunsthalle Basel; Institute of Contemporary Arts, London; 1982 Venice Biennial; documenta 7, Kassel; 1979 P.S.1, New York; 1973 Whitney Biennal Museum of American Art, New York.

Sabeth Buchmann ist Kunsthistorikerin und -kritikerin. Sie veröffentlicht u.a. regelmäßig in der Zeitschrift Texte zur Kunst. Seit 1997 hatte sie Lehraufträge, Assistenzen, Gast- und Vertretungsprofessuren an verschiedenen Akademien und Universitäten inne. Seit März 2004 ist sie Professorin für Kunstgeschichte der Moderne und Nachmoderne an der Akademie der bildenden Künste Wien. Demnächst erscheint eine Publikation über die Bedeutung neuer Technologien für die Neubewertung des Produktionsbegriffs in konzeptueller Kunst.

18.30 ROSALYN DEUTSCHE Rosalyn Deutsche ist Kunsthistorikerin und Kritikerin. Sie lehrt Kunstgeschichte am Bernard College und an der Columbia University, New York. Forschungsschwerpunkte ihrer zahlreichen Veröffentlichungen und internationalen Vortragstätigkeit sind feministische Kunstkritik sowie Kunst im öffentlichen Raum und Urbanismus. Sie ist Autorin von Evictions: Art and Spatial Politics (Graham Foundation / MIT Press, 1996).

SAMSTAG, 16. 10. 2004

15.30 THOMAS HIRSCHHORN Thomas Hirschhorn, geboren 1957 in Bern, ist Künstler und lebt und arbeitet in Paris. Hirschhorn ist für dezidiert politischen Statements in seiner künstlerischen Arbeit bekannt. In seinem Werk setzt er bewusst "arme" Materialien als adäquate Ausdrucksmittel für seine gesellschaftskritische Kunst ein. Ausstellungen (Auswahl): 2004 La bellesa del fracàs / El fracàs de la bellesa, Fundació Joan Miró, Barcelona; 2003 Schirn Kunsthalle, Frankfurt a.M.; 2002 Documenta11, Kassel; 2001 Centre Georges Pompidou, Paris (Prix Marcel Duchamp); Museu d’Art Contemporani de Barcelona; 2000 The Art Institute of Chicago; The Renaissance Society, Chicago; 1999 dAPERTutto, 48. Biennale Venedig; Mirror’s Edge, Bildmuseet, Umea, Suède; 1998 Kunsthalle Bern; Museum Ludwig, Köln; Portikus, Frankfurt a.M.; 1997 Skulptur. Projekte in Münster 1997, Münster.

16.15 SILVIA KOLBOWSKI Silvia Kolbowski lebt und arbeitet als Künstlerin in New York. Thematische Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Fragen der Geschichte und ihrer Politik, des Feminismus und des Unbewussten. Sie ist im Beirat der Zeitschrift October und unterrichtet im CCC-Programm der Ecole Superieure d’Art Visuel, Genf, ebenso wie am Institut für Architektur an der Parsons School of Design, New York. Ihr Projekt an inadequate history of conceptual art wurde 2000 auf der Whitney Biennial ausgestellt und ist zur Zeit gemeinsam mit zwei weiteren Projekten in ihrer Ausstellung in der Secession, Wien, zu sehen.

17.15 ROGER M. BUERGEL Roger M. Burgel ist Ausstellungsmacher, Autor und künstlerischer Leiter der documenta 12 (2007). Derzeit läuft das Ausstellungsprojekt Die Regierung (mit Ruth Noack, Kunstraum der Universität Lüneburg; MACBA-Museu d’Art Contemporani de Barcelona; Witte de With Rotterdam; Secession, Wien, 2003–05). Roger M. Buergel publiziert regelmäßig in Texte zur Kunst und springerin- – Hefte für Gegenwartskunst. Zu seinen jüngsten Veröffentlichungen gehört: Abstrakter Expressionismus. Konstruktionen ästhetischer Erfahrung (Leipzig / Amsterdam 2000).

18.00 MIGNON NIXON Mignon Nixon lehrt Kunstgeschichte am Courtauld Institute of Art, University of London und ist Mitherausgeberin der Zeitschrift October. Sie hat u. a. folgende Publikationen herausgegeben: Eva Hesse (MIT Press/October Files, 2002); The Duchamp Effect (MIT Press / October Books, 1996, gemeinsam mit Martha Buskirk) und feminist issueS (Sondernummer der Zeitschrift October, 1995, gemeinsam mit Silvia Kolbowski). Ihr Buch Fantastic Reality: Louise Bourgeois and a Story of Modern Art wird 2005 von MIT Press / October Books veröffentlicht.

18.45 STEPHAN SCHMIDT-WULFFEN Stephan Schmidt-Wulffen hat von 1992 - 2001 den Kunstverein Hamburg geleitet und Kunsttheorie an der Hochschule für bildende Kunst in Hamburg gelehrt. Seit 2002 ist er Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien.

Pressetext

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The Artist as Public Intellectual?
Ein Symposium der Akademie der bildenden Künste Wien
und der Freunde der Secession

Konzeption: Sylvie Liska, Stephan Schmidt-Wulffen

TeilnehmerInnen: Roger M. Buergel, Rosalyn Deutsche, Manthia Diawara, Andrea Geyer, Thomas Hirschhorn, Silvia Kolbowski, Mignon Nixon, Barbara Kruger

Eine Veranstaltung anlässlich der Ausstellung » inadequate... Like...Power« von Silvia Kolbowski in der Secession (17. 9. – 11. 11. 2004)

Ort: Akademiehof, Makartgasse 3, A-1010 Wien
15. – 16. 10. 2004, ab 15.30 Uhr

weitere Informationen siehe Wiener Secession, Wien