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Gepriesen sei die erste süße Qual der Strahlen ihres Blickes, die mich bezwangen, die Pfeile Amors, die mein Herz durchdrangen, die Herzenswunden tief und ohne Zahl. (Francesco Petrarca)

Amors Pfeil, Sinnbild der Liebe, erstrahlt hell, trifft auf das lose, mit einem Band umwickelte Herz, das kurz aufglüht, um sich dann, blutend, in tiefes Schwarz zu verfärben. Toxic Shock haben Tim Noble und Sue Webster ihre Leuchtinstallation aus dem Jahr 2002 betitelt. Diese setzt Liebe mit Verletzung gleich, erfasst deren sinnlich-übersinnliches Wesen formelhaft als einen oszillierenden Zustand zwischen Erfüllung und Mangel, Ideal und Realität, Glück und Schmerz.

Die romantische Sprache der Liebe ruft aus einer Fülle von Bildern die jeweils passende Assoziation auf: Glühende Verehrung und erkaltete Gefühle, das in Flammen stehende oder zu Eis erstarrte Herz, das Wandeln auf Wolken oder den Sturz in den Abgrund der Verzweiflung. Diese jederzeit abrufbaren Metaphern der Liebe sind keine Erfindungen der Werbe- und Filmindustrie. Ihre Wurzeln reichen weit zurück zu den Anfängen der neuzeitlichen abendländischen Kultur. Bis heute hat der Fundus tradierter Sinnbilder der Liebe nichts an Gültigkeit verloren.

Die Ausstellung präsentiert rund 150 Werke von über 80 KünstlerInnen aus Malerei, Zeichnung und Druckgrafik, Fotografie, Film und Installation. T rue Romance skizziert epochen- und gattungsübergreifend eine Geschichte der Liebe und untersucht schlaglichtartig die Entwicklung des großen Gefühls in der bildenden Kunst; sie zeichnet Parallelen zwischen historischen Darstellungen und gegenwärtiger Kunst-praxis. Ausgangspunkt der Betrachtung sind Francesco Petrarcas (1304–1374) Sonette an die ferne Geliebte Laura. In seinem Canzoniere feiert der italienische Dichter und Frühhumanist die Liebe in hoher künstlerischer Inspiration und Sprachform. Als Vorbild löst er im Europa des 15. und 16. Jahrhunderts eine Lawine der Liebesdichtung aus, die auf dem Gebiet der Malerei in den kulturellen Zentren Italiens eine Fülle von Porträtdarstellungen geliebter Frauen anregt.

Die zentralen mythologischen Gestalten der Liebe, Amor und Venus, deren Darstellung in der Renaissance der Antike ihre Hochblüte hat, verdichten sich in der Schau zu ikonografischen Bilderreihen, von Franz von Stucks Amor Imperator über Dora Maars hintergründige Pfeilträgerin bis zu Lois Renners fotografischer Caravaggio-Reinszenierung. Venus wird als Verkörperung von himmlischer und profaner Liebe im Gemälde von Joseph Heintz d. Ä. ebenso thematisiert wie in den zeitgenössischen Revisionen von Mark Boyle und Joan Hills, Valie Export, Ulrike Rosenbach oder Cy Twombly.

Liebesreflexionen in der aktuellen Kunst handeln oft von unerfüllter Sehnsucht, zerbrochenen Träumen, massenmedialer Entleerung, Kommerzialisierung und der Erstarrung der Liebe im Klischee. Der Verlust des Ideals rückt hier ins Zentrum – und doch lebt das Liebeslob in alten und neuen Formen fort: in direkt dem Alltag entnommenen Bildern, emotional aufgeladenen Darstellungen von physischer Nähe und Innigkeit, aber auch in poetischen oder allegorischen Arbeiten wie » Untitled « (Lover Boys) von Felix Gonzalez-Torres, der den Körper des Geliebten in Bonbons aufwiegt.