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VIKTORS SVIKIS | FEINSTAUB, 10.3.- 30.4.2016
Vernissage: 10. März 2016 um 18 Uhr
Galerie Michaela Stock, Schleifmühlgasse 18, 1040 Wien

Als Feinstaub bezeichnet man Teile des Schwebstaubs in der Luft, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verweilen. Die winzigen Partikel sind mit bloßem Auge nicht wahrzunehmen. Feinstaub kann natürlichen Ursprungs sein oder durch menschliches Handeln erzeugt werden.

Beim Arbeiten mit der Kohle entsteht auch jede Menge Feinstaub. In der Galerie Michaela Stock sind in der aktuellen Ausstellung FEINSTAUB Kohlestaubbilder des lettischen Künstlers Viktors Svikis (*1978 in Riga) zu sehen. Eine Auffälligkeit in Svikis' Malweise ist seine Verfahrensweise und eröffnet eine höchst spannungsgeladene Auseinandersetzung von technischer Virtuosität und inhaltlicher Tiefe.

Der Kohlestift wird von ihm mal linear und spitz, dann auch wieder breit verwischt oder malerisch auf das in mehreren Schichten auf die Leinwand kaschierte Papier auf- oder abgetragen. Durch die locker fliegenden Pigmente lässt sich der Staub leicht verwischen, es entstehen leinwandfüllende Schattierungen in allen Grau- und Anthrazithnuancen in Kombination mit einfachen graffitiähnlichen Strichzeichnungen.

Svikis meint hierzu: „Zuerst war der Kohlestaub ein Abfallprodukt auf dem Boden meines Ateliers, das durch intensives Zeichnen entstanden ist. Dann legte ich eine präparierte Leinwand mit kaschiertem Papier unter das entstehende Bild, um so die Spuren dieser Tätigkeit zu konservieren. Auf so eine Art und Weise mit der Kohle zu arbeiten stellt für mich die ganze Essenz der Kunst dar. Ein diskursiver, sich ergänzender Prozess, wo unterschiedliche Ebenen der Zeichenarten zum Ausdruck kommen und in ihrer Vielfalt einander ergänzen."

Svikis ist a priori an der reziproken Beziehung der figurativen-gegenständlichen Zeichnung interessiert. Bild- bzw. zeichentheoretisch betrachtet gibt es Zeichen, die sich gegenüber allen anderen durch einen herausragenden Bezug zur Realität auszeichnen, den Index. Charles Sanders Peirce definiert: „Ein Index ist ein Zeichen, das seine Funktion „kraft einer Eigenschaft erfüllt, die es nicht haben könnte, wenn sein Objekt nicht existierte."1 Ein Index ist ein Zeichen, dass die Verbindung mit dem Bezeichneten durch eine Form von direkter Verursachung erhält, wie Spuren, Markierungen oder Abdrücke.

Bei Svikis geht es um den Bildwerdungsprozess, das Bildwerden selbst wird bei ihm nun zum Thema. Die Bilder unterlaufen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion. Das indexikalische Zeichen funktioniert, wie Peirce es bestimmt, physikalisch, als Abdruck oder Spur und setzt damit die tatsächliche, körperhafte Präsenz dessen, was es bezeichnet, voraus. Der Index von figurativen Zeichnungen wird abstrahiert und es entsteht ein kausaler Zusammenhang zwischen abstrakten und gegenständlichen Zeichnungen. Aus einer Arbeit, wo der Index (die Spur) bestimmend ist, wird eine Ikone (das Zeichen). Aus einer Abstraktion ein gegenständliches Bild und aus Zeichen eine Abstraktion die Zeichen zeichnen.

1 Charles Sanders Peirce, Schriften zum Pragmatismus und Pragmatizismus, H: Apel, Frankfurt/Main 1991, S. 363