press release only in german

Preisverleihung am Samstag, 17. Januar 2009 / 17 Uhr

Eröffnung der Ausstellung aller Maciunas Preisträger am Samstag, 17. Januar 2009 / 17 bis 20 Uhr / Die Künstler werden anwesend sein!

In der Ausstellung Wer setzt auf die 47? zeigt der Nassauische Kunstverein alle George-Maciunas-Preisträger seit der ersten Vergabe im Jahr 1992. Die Verleihung an die diesjährigen Preisträger, die dänische Künstlergruppe Superflex, und die Vergabe des Förderpreises an den Kosovaren Driton Hajredini findet anlässlich der Ausstellung Wer setzt auf die 47? in diesem Jahr im Nassauischen Kunstverein statt. George Maciunas war ein Spieler, der sein Glück in der Kunst suchte. Am Anfang gewann er, später verlor er - in der Kunst wie im Leben. Wiesbaden ist die Stadt Der Spieler. Und so ist es nicht ohne Logik, dass er seine Fluxus-Spiele hier begann. Das war 1962, vor 47 Jahren. 47 Jahre war er alt, als er 1978 in New York starb. In Erinnerung an ihn wird in Wiesbaden seit 1992 alle 47 Monate der George-Maciunas- Preis vergeben. Zwei der bisherigen vier Preisträger werden in diesem Jahr 47 Jahre alt werden. Alleiniger Juror des von Ute und Michael Berger vergebenen Preises ist René Block, der sich von dieser Aufgabe mit einer Ausstellung im Nassauischen Kunstverein verabschiedet, die die bisherigen und neuen Preisträger vereint. Anlässlich der Verleihung des ersten George-Maciunas-Preises an Maria Eichhorn (*1962) im September 1992 wurde sie gebeten, eine Werkübersicht der Ausstellung „Fluxus da capo" in den Räumen des Nassauischen Kunstvereins zusammenzustellen. In den unteren Räumen war zeitgleich der "Mozart Mix" von John Cage zu sehen. Trotz anfänglicher Bedenken gegenüber einer Präsentationssituation, die ihren Arbeiten einen nicht intendierten, fixierenden Objektcharakter hätte verleihen können, gelang es ihr, eine Auswahl von Werken zu zeigen, die ihre heterogene, nicht an morphologischer Wiedererkennbarkeit orientierte Arbeitsweise verdeutlichten. Unter anderem wurde unter dem Titel "Für die Kinder" ein Konzept in einem kleinen Raum umgesetzt, an dessen Wänden einige Schautafeln zur Bestimmung von Vogelarten hingen – ein Hinweis auf die damals neue Arbeit, die im Außenbereich des Kunstvereins angebracht war: ein Nistkasten für Vögel. Der Nistkasten blieb hängen und wurde über die Jahre hinweg funktionstüchtig und benutzbar gehalten - im Kontext der Fluxus-Bewegung auch eine Reminiszenz an John Cages Lieblingstiere.

Romuald Hazoumés (1962 Benin) poetische Assemblagen bestehen aus Zivilisationsresten, aus Ungeliebtem und Weggeworfenem, das von Europa in Hazoumés Heimat Afrika verschickt wurde. In seiner Arbeit nimmt er eine Umwertung des Materials vor, in dem er daraus Kunstwerke herstellt. Er tourt mit seinem Wagen durchs Land und sammelt Material bei Kraftstoffverkäufern. Ist genügend Material beisammen, fertigt er einen Entwurf an - das Ergebnis gilt als gelungen, wenn er „die Menschen, die oft traurig sind, fröhlich macht“. Er sieht sich selbst in der Tradition wandernder Seher, die sich von der Suche nach Wahrheit nicht abbringen lassen, und so ist es nicht das reine Spiel mit dem Material, das ihn beschäftigt, sondern die Palette der Implikaturen, die jedes einzelne Teil seiner Assemblagen mit sich bringt. Neben seinen Masken wird für die Ausstellung eine ortspezifische Arbeit entstehen. Bei der dritten Vergabe des Preises wurde Mona Hatoum (1952, Libanon) geehrt. Von einer Reise nach London 1975, die als Besuch geplant war, konnte sie nach Ausbruch des Bürgerkrieges im Libanon nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren. Seither lebt Mona Hatoum fern und entfremdet von ihren Wurzeln als eine stets umherziehende wenig sesshafte Existenz. Der bürgerliche Lebensalltag ist ihr so wenig vertraut, dass sie die meisten der zu Objekten erhobenen (Küchen-) Geräte gar nicht zu handhaben wüsste und sie ihr vielmehr geradezu exotisch vorkommen. Dieser einerseits belustigende, andererseits auch erschreckende Abstand zur durchschnittlichen und eigenen Lebenswirklichkeit befähigt sie, den Objekten den Ausdruck mehrfacher Bedeutungsebenen mitzuteilen. Ihr ist es wichtig, ein Kunstwerk auf dem Wege sinnlicher Einstimmung zu erspüren und aus dem Eindruck körperlicher Erfahrung Schlüsse intellektueller wie psychischer Natur zu ziehen. Der Bezug zur unmittelbaren Körperlichkeit zeigt sich im doppeltem Wortsinn in ihren aus dem menschlichen Körper hergeleiteten Arbeiten, seien es Fragmente eines Leibes oder dessen Ausscheidungen. Neben ihrer jüngsten Skulptur DAY BED wird Mona Hatoum ihre CLOUDS und Wachszeichnungen präsentieren.

Dan Perjovschi (*1961, Rumänien) erhielt 2004 den vierten George-Maciunas-Preis in Bukarest, seinem Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. Mit scharfer Ironie kommentiert er in seinen täglich entstehenden, mit wenigen Strichen angefertigten Zeichnungen die Absurditäten und Zynismen des Alltags. Aktuelle Weltnachrichten werden dabei ebenso zugespitzt wie allgemeine gesellschaftliche Phänomene oder Dinge, die ihn persönlich betreffen. Dan Perjovschi wurde international mit seiner raumgreifenden Arbeit "rEST" im Rumänischen Pavillon auf der 48. Biennale von Venedig bekannt. Dort hatte er den Boden des Pavillons mit Zeichnungen, Kritzeleien und politischen Graffiti ausgestaltet, die das Leben im Postkommunismus sowie die Rolle der Ostkunst im Kulturaustausch mit dem Westen thematisierten. Mit der Zeit verblassten die mit Edding gezeichneten Figuren buchstäblich unter den Füssen der AusstellungsbesucherInnen und lösten sich auf - ein subtiler Hinweis auf das Verschwinden und die Transformation der "Ost-Identität" angesichts der historischen Umwälzungen seit dem Mauerfall 1989. Als Wanderer zwischen Ost und West gilt Perjovschi als genauer Kenner und Beobachter beider Welten, die Gegenstand seiner Zeichnungen bilden.

2004 wurde erstmals ein zusätzlicher Förderpreis vergeben; ihn erhielt Nevin Aladag (*1972, Türkei), die in ihren Videoarbeiten die Themen Kommunikation, Vermittlung und Konsensbildung aufgreift. Am Beispiel des Breakdance beobachtete sie die nicht-verbale Ausdrucksform zwischen verschiedenen Kulturen, die auf anderen Ebenen kaum eine Verständigung finden. In ihrer jüngsten Videoarbeit RAISE THE nassauischer kunstverein wiesbaden

ROOF tanzen zu einer für den Betrachter nicht vernehmbaren Musik vier Frauen und scheinen dabei die Oberfläche des mit Teerpappe bedeckten Daches mit ihren Stilettos zu zerreißen. Die elektronische Verstärkung dieser Tanzgeräusche bildet ein neues chaotisches Hörerlebnis, in dem die isolierten Bewegungen der Tänzerinnen vereint sind. Die Performance wurde aufgeführt auf einem Dach im ehemaligen Grenzbereich zwischen West und Ost, das einst den Patrouillen der DDR Grenzsoldaten diente, einem ehemals unter scharfer Beobachtung stehenden Ort. Ein zweites Video, dem aus drei eigenständigen Abschnitten zusammengestellten VOICE OVER, beginnt mit der Fahrt durch eine Wohnsiedlung, dabei hält eine Hand eine Mundharmonika aus dem Autofenster, so dass eine zarte Melodie durch den Fahrtwind entsteht. Nach diesem Prolog folgen zwei wechselnde aber gleichgewichtige Sequenzen: der Schnitt führt zu einem Flussufer, hier regnet es in Strömen auf ein scheinbar verlassenes Schlagzeug. Die andere Sequenz zeigt eine Nachtaufnahme im Park, jugendliche Türken singen Folkballaden im Halbdunkel des Kameralichtes.

George Maciunas Preisträger 2008 ist die Dänische Gruppe SUPERFLEX, den Förderpreis erhält Driton Hajredini aus dem Kosovo.

Die dänischen Künstler Bjørnstjerne R. Christiansen (1969), Rasmus Nielsen (1969), und Jakob Fenger (*1968) arbeiten seit 1993 als Künstlergruppe SUPERFLEX an einer Serie von Projekten, die ökonomische Themen, demokratische Produktion und Selbstorganisation von Arbeitern untersuchen. Die Künstler haben alternative Energieproduktionsmethoden und Herstellung von Gebrauchsartikeln in Brasilien, Thailand und Europa untersucht. Ihre künstlerischen Aktivitäten versuchen, ökonomische Strukturen sichtbar zu machen und eine neue Balance herzustellen. In ihren FREE BEER AND COUNTER GAME STRATEGIES werden in einer sehr schlichten, künstlich inszenierten Welt zwei oder mehr Spieler eingeladen, mit Hilfe einer einfachen Röhren- und Auffangkonstruktion, einem Hammer und Kartoffeln ein Geschicklichkeitsspiel nach vorformulierten Regeln auszuführen. Die Kartoffel wurde einst als exotische Zierpflanze aus Südamerika nach Europa eingeführt, heute ist der verführerische Erdapfel das Grundnahrungsmittel der westlichen Gesellschaft - in dem Spiel fungiert sie als Repräsentantin für Poesie, Antipiraterie, DRM geschütztes Digitalmaterial und Kunstwerke. Im NKV wird zudem ein neues SUPERFLEX Projekt zu sehen sein. Der in Prishtina geborene Driton Hajredini sieht sich immer wieder den Vorurteilen und dem Misstrauen seiner ethnischen und religiösen Herkunft gegenüber ausgesetzt, diese scheint wie eine Sünde an ihm zu haften. Er sucht einen Ausweg bei der christlichen Kirche und betritt dazu einen Beichtstuhl mit versteckter Kamera. Im Dialog mit dem Priester erkundet er, ob es denn eine Sünde sei, ein islamischer Albaner aus dem Kosovo zu sein? Der irdische Gottesvertreter antwortet, es sei zwar keine Sünde, aber vielleicht Pech und empfiehlt, zum fremden Gott zu beten, um mehr Glück im Leben und in der Kunst zu haben. Bei dem Video „The Sin“ (2004) geht es nicht so sehr um die interessante und humorvolle Intrige im Beichtstuhl sondern vielmehr um die Tatsache, dass die vermeintliche richtige Spur den Künstler zu einem falschen Ansprechpartner geleitet hat. Dieses Aufsuchen eines falschen Ortes an sich ist der Schlüssel zur Dekonstruktion der verschiedenen zeitgenössischen künstlerischen Ideologien. Mit seiner Installation „Who killed the Painting“(2003) verweist der diesjährige Förderpreisträger auf den immer wieder propagierten Tod der Malerei und greift diesen vermutlich stattgefundenen Mord auf, nassauischer kunstverein wiesbaden indem er seinen Tatort inszeniert. Die offene Frage „Wer tötete das Gemälde?“, die zum ersten Mal in der Kunstakademie in Prishtina gestellt wurde, bleibt unbeantwortet, tatsächlich scheint die Tote noch zu leben, denn zumindest Driton Hajredini bekennt offen: „Ich schwöre, ich bin ein Maler!“

Die George-Maciunas-Preisträger: Maria Eichhorn (1992) / Romuald Hazoumé (1996), Mona Hatoum (2000) / Dan Perjovschi – Nevin Aladag (2004) Superflex / Driton Hajredini (2008)

only in german

Wer setzt auf die 47?
Die George-Maciunas-Preisträger
Juror: René Block

Maria Eichhorn, Romuald Hazoume, Mona Hatoum, Dan Perjovschi, Nevin Aladag, Superflex , Driton Hajredini