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Die Vibration der Dinge
04.06.2022 - 01.10.2022

Unter dem Titel „Die Vibration der Dinge“ wirft Elke aus dem Moore fundamentale Fragen unserer Gegenwart auf. Fragen, die zentral sind für unser Zusammenleben auf diesem Planeten. Ausgehend von einer Lebendigkeit der Materie und somit auch einer Wirkmacht von Objekten werden künstlerische Positionen vorgestellt, die sich mit gesellschaftlich hochaktuellen Fragen nach Eigentum, Verflechtung, Restitution und Verantwortung beschäftigen. Liegt in Objekten eine andere Form von Wirklichkeit oder Wahrheit? Welche sozialen Funktionen und Bedeutungen haben Objekte? Was veranlasst uns Menschen dazu, etwas beherrschen oder besitzen zu wollen?

Objekte sind auch soziale Objekte. Objekte vibrieren und erzeugen Resonanz, das heißt, sie besitzen eine Aufladung, die sich verändern und gar verschwinden kann. Die Auffassung, dass Objekte eine Wirkkraft haben, verändert Beziehungen auf grundlegende Weise. Vor allem vor dem Hintergrund einer forcierten Migration der Objekte, durch Krieg, Raub und anderen Überführungen in neue soziale Kontexte wird deutlich, dass Beziehungen zwischen verschiedenen Menschen, aber auch ihren Objekten unterbrochen wurden. Die gegenwärtige Auseinandersetzung um Restitution verdeutlicht, dass die Wiederherstellung dieser Beziehungen dringend notwendig ist. Dazu gehört über die Rückgabe der Güter hinaus die Anerkennung anderer, auch nicht-kognitiver Wissenssysteme. Erst so können Beziehungen wieder hergestellt werden, die durch Kolonialismus, Imperialismus und Kapitalismus auseinander getrieben wurden und werden.

Kulturelle Institutionen und Ereignisse wie die Triennale Kleinplastik Fellbach tragen eine besondere Verantwortung, denn sie stellen Räume zur Verfügung, in denen Resonanzerfahrungen gemacht werden können. Welche Formen der Rezeption sind notwendig, um Objekte in ihrer Komplexität und Lebendigkeit wahrnehmen zu können? Wie entstehen Beziehungen und Erfahrungen durch Kunstobjekte? Wie verändern sich Kunstobjekte durch ihre Migration?

Elke aus dem Moores Ausstellung entsteht in enger Zusammenarbeit mit einem Künstler und zwei Künstlerinnen, die für die Triennale Kleinplastik Fellbach eigene künstlerisch-kuratorische Projekte entwickeln: Dr. Memory Biwa (Windhoek) forscht zu Geräuschen von Objekten und sich daraus entwickelnden Erzählungen.

Short Biographies

Elke aus dem Moore has been director of Akademie Schloss Solitude in Stuttgart since 2018. Previously, she was head of the Art Department at the German Institute for Foreign Cultural Relations. In this capacity, she coordinated and realized the German Pavilion at the Venice Art Biennale for many years. From 2003 to 2006 Elke aus dem Moore was director of the Künstlerhaus Stuttgart and from 1999 to 2002 curator at the Shedhalle in Zurich. She is co-founder of the International Biennial Association - IBA and the online platform Contemporary And - C&. Elke aus dem Moore's curatorial approach follows the principle of encounter, exchange and dialogue. The interweaving of global social issues with local experiences and practices of contemporary art determine the programmatic orientation of her work.

Memory Biwa wurde 1979 geboren und ist in Namibia aufgewachsen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der kolonialen Vergangenheit ihres Landes, insbesondere dem Genozid in Namibia. Sie hat ihr Studium 2012 mit der Promotion “Weaving the Past with Threads of Memory: Narratives and Commemorations of the Colonial War in southern Namibia”, an der University of the Western Cape abgeschlossen. Die Historikerin und Soundkünstlerin versucht die durch die Kolonialgeschichte erlittenen Verluste und Wunden aufzuarbeiten. Memory Biwa ist Teil des Soundartduos pungwe, das in seinen Arbeiten (Klang-)Archive untersucht und in neue Zusammenhänge stellt. Für die Triennale spürt sie den sounds von Objekten nach, das heißt ihren Geräuschen und Tönen, und wirft so neues Licht auf die Verbrechen des Kolonialismus: Welche Ladung tragen (geraubte) Objekte, vom Hersteller über den Träger bis hin zum Exponat mehr als 100 Jahre später?

Gabriel Rossell- Santillán (Mexico) verfolgt für die Triennale die Geschichte eines Teppichs und erzählt so von der Verwobenheit von Menschen und Dingen. Er lebt und arbeitet in Berlin und Mexico. 2006 bis 2008 war er Meisterschüler an der Universität der Künste Berlin bei Prof. Lothar Baumgarten. In seinen Fotografien, Videos, Objekten und Installationen setzt sich der 1977 in Mexiko-Stadt geborene Künstler mit der Transformation kulturellen Wissens auseinander. Gabriel Rossell-Santillán lebt die Hälfte des Jahres mit der indigenen Wixárika-Gemeinschaft im Nordosten Mexikos. In dem für die Triennale konzipierten Projekt deckt er verschüttetes Wissen aus einer Zeit auf, in der der Pazifik als Zentrum der Erde galt.

Antje Majewski (Berlin) stellt in zwei Projekten in Frage, wieweit ein Wald oder auch ein in der Kolonialzeit nach Deutschland gelangter Thron aus Kamerun überhaupt „besessen“ werden können. Antje Majewski, 1968 in Marl geboren, lebt und arbeitet in Berlin und ist Professorin für Malerei an der Muthesius Kunsthochschule, Kiel. Mittels Malerei, Video, Texten und Performances beschäftigt sie sich mit anthropologischen und philosophischen Fragen. Ihre jüngsten Arbeiten konzentrieren sich auf die Befragung von Objekten, Territorien und Pflanzen sowie auf die Erforschung alternativer Wissenssysteme, des Erzählens von Geschichten und die Möglichkeit transformativer Prozesse. Ihr besonderes Interesse gilt der kulturellen sowie geobotanischen Migration. Majewski arbeitet oft mit anderen Künstlerinnen und Künstlern wie auch ökologischen und städtischen Gruppen zusammen. Die Triennale dient der Realisierung eines solchen kollaborativen Projektes, bei dem der Wald als Schutzraum eine zentrale Rolle spielt.