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"Bruits de fond - (weißes) Rauschen ist die Bezeichnung für einen unsichtbaren Klang, der nur auf bestimmten Frequenzen hörbar ist. Gleichzeitig ist dies auch der Titel eines Buches von Don Dellilo, der das Leben in einer amerikanischen Durchschnittsstadt beschreibt, das vom Erscheinen einer schwarzer Wolke aus dem Gleichgewicht gebracht wird.

Die Wahrnehmung einer von Fehlinformationen und Gerüchten veränderten Wirklichkeit schafft ein Szenario, in dem Alles möglich scheint. Paul Valéry schrieb "Es gibt etwas, das falscher ist als falsch, und zwar die Kombination von wahr und falsch." Dieses Spiel zwischen dem Realen und seiner Repräsentation und den verschiedenen ko-existierenden Universen, eröffnet neue Wege, die in dieser Ausstellung verfolgt werden. Die Anwesenheit einer Reklametafel verweist auf die Artifizialität einiger Zeichnungen. Der Bildraum wird zur Bühne, auf der Wahrheit und Lüge in ihrer komplexen Verstrickung nicht mehr voneinander zu trennen sind. Auf der formalen Ebene lässt sich beobachten, dass diese Zeichnungen bildhafter sind. Mit Tusche und Pinsel realisiert und sehr detailliert ausgearbeitet erweitern sie die graphischen Mittel. Die Aufwändigkeit der Herstellung, die Verwendung des Schwarz, die Dichte der Formen - dies alles sind Elemente, die dazu dienen den Blick des Betrachters zu bannen und gleichzeitig das Gesehene in Frage zu stellen.

Die Zeichnung wird hier auch zur Metapher des schöpferischen Prozesses oder der Ausarbeitung des Werkes selbst, in dem sie Elemente zitiert, die auf Baustellen zu finden sind: Gerüste, Ziegelsteine, Blöcke. Anderseits tauchen mysteriöse Formen auf, die dynamisch und im Flusse begriffen wirken. Im Kontrast zur Präzision der Zeichnungen sind dieses Formen schwer zu erschliessen. Sie verwandeln sich in autonome Elemente und spielen mit den Eigenschaften des Schwarz und seiner Fähigkeit Farben zu erzeugen. Einige der größeren Arbeiten, die den Titel "Skulpturen" tragen, sind ausschließlich in schwarzem Filzstift ausgeführt und zeigen überraschende Formen, deren Ursprung nicht eindeutig definierbar ist: geologische, skulpturale oder digitale Strukturen.

Die Wandzeichnung in der Ausstellung spielt mit dem Raum und präsentiert eine neue Form des Arbeitens vor Ort. Oftmals sind die Wandarbeiten genauso präzise und detailliert wie die Arbeiten auf Papier. Die Zeichnung entsteht direkt und ohne jede Projektion oder Vorzeichnung auf der Wand. Trotz ihrer feinteiligen und präzisen Struktur bewahrt sie auch immer ihren flüchtigen Charakter und ist immer im Werden begriffen als ein dynamisches Objekt der Transformation."

Text von: Abdelkader Benchamma, Paris 2011

Abdelkader Benchamma, wurde 1975 in Mazamet (F) geboren. Er lebt und arbeitet in Paris und Montpellier. Seine Arbeit ist auf der diesjährigen Biennale in Venedig zu sehen im Rahmen der Ausstellung "The Future of a Promise. Contemporary Art from the Arab World" (u. a. mit Mona Hatoum, Kader Atia, Yto Barrada) www.thefutureofapromise.com. Es liegt eine aktuelle Publikation mit dem Titel "Dark Matter" vor, die anlässlich seiner Ausstellung in der Galerie du Jour agnès b. in Paris erschienen ist.

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Abdelkader Benchamma
Bruits de Fond