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Adam Putnam. Reclaimed Empire (Deep Edit)
Eröffnung: Freitag, 3. Februar, 19 Uhr

Glocken, Vogelgesang, Walgesang, synthetische Klänge, Tinnitus, meteorologische Begebenheiten, metallische Obertöne, Landschaft, architektonische Untertöne, zu summenden Fliegen degenerierter Verkehrslärm, 78-U/min-Fragmente auf 33 abgespielt, Rückkoppelungen, glaziale Unterschallfrequenzen …

Dafür, dass er von solch einer unaufhörlichen Abfolge von Tönen und Geräuschen durchdrungen ist, ist Adam Putnams Reclaimed Empire (Deep Edit) erstaunlich ruhig. Oder besser: erstaunlich still. Zumindest durchdringt die unaufhörliche Stille sowohl Ton als auch Bild (und die aus beidem hervorgebrachte dritte Ebene), sodass sie eine gewisse Stummheit, eine gewisse Benommenheit hervorruft.

Es ist ein Video, das aus vielen anderen Videos besteht. Es arbeitet. Es vereinigt. Und unter all den vielen Funktionen, die es ausübt, ist die Wiederholung das durchdringendste Element. Ein Zusammentreffen von Geistern – vom Studioboden gefegten Fragmenten, aus Bruchstücken einer breiteren künstlerischen Praxis herausgeschnittenen Experimenten. Sie kehren wieder und wandeln sich – Segment für Segment – in beide Richtungen auf einer palindromischen Zeitlinie. ’Ein Blick, der nie schwindet, der starrt, ohne zu blinzeln – mechanisch – auf dasselbe Subjekt.’ (1, 17, 45, 60, oder 32, 51, 58, oder 7, 29, ad infinitum).

Die Kamera bleibt statisch, jedoch pulsieren die Bilder: ein auf verschiedene Arten verschleiertes Gesicht, dann noch eines; blasse Wolken, übersättigt in RGB, untersättigt in Sepia, verseucht von fremdartigen Grünschattierungen; nimbusartige Formen, in konstruierten Räumen schwebend; Licht und Schatten im Wechsel oder sich prismatisch brechend (dann verändert wiederkehrend); Pyramiden, die den Himmel zu berühren scheinen, ihn gar übersteigen und auseinander zu brechen drohen; das Chrysler Building; Monolithe und Modelle; Stufen verstreut zwischen X- und Y-Achsen; Torbögen und Abteien; sich konzentrisch und perspektivisch multiplizierende Schwellen. Und die ganze Zeit über schleicht sich – sowohl auf visueller als auch auf zeitlicher Ebene – eine bilaterale Symmetrie ein, die nicht symmetrisch ist, um die Grenzziehungen zwischen dem ’(menschlichen) Körper’, der ’vom Menschen geformten Umwelt’ und der ’natürlichen Welt’ zu destabilisieren.

Einige systematische Einordnungen werden vom Autor bereitgestellt: ’Reflektionen‘, ’Versatzstücke‘, ’Landschaften‘, ’architektonische Hürden‘ und ’die Verschleierten‘. Sie bilden einen Kompass. Man kann sich jedoch leicht verirren in der internen Logik, die hinter dieser Flut von Charakterskizzen steht. Oft oszillieren das Gesehene und das Gehörte auf verschiedenen Wellenlängen. Sie widersetzen sich den engen Grenzen einer Kategorisierung, Interpretation oder Exegese. Sie türmen sich auf und häufen sich an in einer Sequenz präverbaler Monologe, in nicht-diegetischen Stimmungsbildern, in einer rekursiven und esoterischen Echolotung – andeutend und rückblickend, spasmodisch widerhallend und ausgelassen stotternd in 4:3, 16:9 und quadratischen Bildformaten.

Reclaimed Empire (Deep Edit) ist ein Rätsel, dem es sich zu widmen lohnt. Das Kino des Kunstverein München wird vollständig eintauchen in die Atmosphäre dieses dichten Kompendiums aus 81 Videofragmenten – trianguliert von einer Leinwand und zwei Lautsprechern. Putnam sequenzierte die Videos so, dass sie sich mit der Zeit inkorporieren; zwei Monate haben wir dafür anberaumt und hoffen, dass dies dem Film genügt.