Fotomuseum Winterthur

FOTOMUSEUM WINTERTHUR | Grüzenstrasse 44 + 45
CH - 8400 Winterthur

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Ai Weiwei ist kein „schmaler“ Künstler. Kein Künstler, der sich einer bestimmten Fragestellung verschreibt, dafür ein Vokabular entwickelt und dann über Jahre, Schritt um Schritt, das ausgesteckte Feld auslotet, ausformt. Ai Weiwei ist ein generalistischer Künstler, verschrieben der Reibung mit und der Gestaltung von Realitäten. Und dergestalt Bildhauer, Konzeptkünstler, Fotograf, Architekt, Interviewkünstler und politischer Aktivist, ein Seismograph für aktuelle Themen und gesellschaftliche Probleme, der als grosser Multiplikator und Kommunikator das Leben zur Kunst und die Kunst zum Leben führt.

Ai Weiwei wurde 1957 als Sohn des Dichters Ai Qing geboren. Nach einem Studium an der Film Academy in Peking ist er 1978 Mitbegründer des Künstlerkollektivs The Stars, das sich gegen den sozialistischen Realismus auflehnt und sich für die künstlerische Individualität und das Experimentelle in der Kunst einsetzte. 1981 geht Ai Weiwei nach New York, wo er an der Parsons School of Design beim Maler Sean Scully studiert. In New York entdeckte er Künstler wie Allen Ginsberg, Jasper Johns, Andy Warhol und vor allem Marcel Duchamp. Duchamp ist wichtig für ihn, weil er Kunst als Teil des Lebens begreift. Es entstanden erste Readymades und Tausende von Fotografien, die seinen Aufenthalt und den seiner chinesischen Künstlerfreunde in New York dokumentieren. Nachdem sein Vater erkrankte, kehrte Ai Weiwei 1993 nach Peking zurück. 1997 begründete er das China Art Archives & Warehouse (CAAW) mit und beginnt von nun an sich auch mit Architektur auseinanderzusetzen. 1999 eröffnete Ai Weiwei ein eigenes Studio in Caochangdi und 2003 gründete er das Architekturstudio FAKE Design. Im selben Jahr war er zusammen mit den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron massgeblich am Bau des Olympiastadions, des sogenannten „Bird’s Nest, beteiligt. Nach Fertigstellung wird es zum neuen Wahrzeichen Pekings.

Ai Weiwei ist sich bewusst, dass er in China und in der Welt nur etwas bewirken kann, wenn er als Intellektueller öffentlich präsent ist. Ai Weiwei tut dies, indem er als begnadeter Kommunikator enorm viel Zeit in Medienarbeit investiert, dazu gehören vor allem auch seinen Blogs und heute sein Twittern. Er ist Realität und er generiert Realität: In vieler Hinsicht entspricht sein Funktionieren deshalb der Vorstellung der „Sozialen Plastik“ von Joseph Beuys. Die Ausstellung im Fotomuseum Winterthur will diese Vielfältigkeit, Vielschichtigkeit, Vernetztheit von Ai Weiwei ins Zentrum rücken und thematisieren. Der Künstler als reales Netzwerk, als Firma, als Aktivist, als politische Stimme, als soziales Gefäss.

Folgende fotografische Arbeiten werden im Fotomuseum Winterthur gezeigt werden: seine frühen Fotografien aus New York, seine ersten fotografischen Kunstprojekte, seine Dokumentarfotografie (die den rasenden Wechsel von Peking dokumentiert, den Abbruch des alten, den Aufbau des neuen Peking), seine Fotografien des „Fairytale“-Projekts, durch das 1001 Chinesen die Documenta 12 besuchten, seine Blogfotografie, die wie ein Notizbuch, wie ein visuelle Chronik sein Agieren, sein Reagieren, den Lauf seiner Tätigkeiten verfolgt. Diese Ausstellung wird die erste grosse Ausstellung mit Fotografien und Videos von Ai Weiwei weltweit sein. Nach dem Fotomuseum Winterthur wird sie im Jeu de Paume in Paris gezeigt.

Begleitet wird sie von einem umfangreichen Buch, das die angesprochenen Bilderwelten miteinander verzahnt und diskutiert.

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