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Der in München und Berlin-Moabit lebende und arbeitende Bildhauer und Konzeptkünstler Albert Coers (*1975) beschäftigt sich in einer Vielzahl seiner Arbeiten mit Archiven und Sammlungen, insbesondere aber mit dem Thema Bibliothek und dem Medium des Buches. In seiner ersten umfassenden Berliner Einzelausstellung im Kunstverein Tiergarten zeigt er Installationen, Skulpturen, Fotografien und ausgewählte Papierarbeiten. Dabei begreift er Bücher in erster Linie als bildhauerisches Mate rial, widmet sich aber auch ihren inhaltlichen Dimensionen, repräsentativen Werten und persönlichen Nutzungen, indem er das Format Bibliothek nicht nur als Archiv von Wissen, sondern auch als kulturgeschichtliche Konstante hinterfragt.

Aufgrund ihrer Vorgeschichte ist die Galerie Nord für ein solches Ausstellungsprojekt besonders prädestiniert, beherbergte das Erdgeschoß der Turmstraße 75 in Moabit doch bis 2003 eine kommunale Kinder- und Jugendbibliothek. Eine Ausstellung mit künstlerischen Arbeiten, die Bibliotheken und das Medium Buch thematisieren, stellt somit einen engen Bezug zur früheren Funktion des Ausstellungsortes her und bildet eine wesentliche Referenz für die Konzeptionen des Künstlers unter dem Titel „animalibri“.

Allein der Titel – zusammengefügt aus den lateinischen Worten anima (Seele, Leben, Geist) und libri (Bücher) – verdeutlicht Albert Coers’ künstlerische Arbeitsweise auf anschauliche Weise. Denn der Künstler begreift Bücher nicht allein als Repräsentativ format für Wissen, Bildung oder Status, sondern gleichermaßen als leben diges skulpturales Material, wie es bereits in der zentralen Werkreihe „Müde Bücher“ zum Tragen kommt. Diese lässt die Beanspruchungen und den täglichen Umgang mit Büchern auf eindrückliche Weise nachvollziehbar werden und leitet hin zu einer analytischen Betrachtung eines künstlerischen Materials, das seines angestammten Kontextes zunächst beraubt und ihm im Rahmen der Ausstellung auf unterschiedliche Weise wieder zugeführt wird.

Gleiches gilt für die Installation „ENCYCLOPEDIALEXANDRINA“, die mit Materialien aus der legendären klassischen Bibliothek von Alexandria arbeitet, in der alles Wissen der Welt versammelt war, deren Bestände aber auf rätselhafte Weise wieder verschwanden. Als wandfüllende Collage nimmt diese Arbeit zahlreiche historische, künstlerische und gedankliche Fäden auf und verdichtet sie zu einer komplexen Reflexion über unseren Umgang mit verschiedenen Formaten der Archivierung und des Wissenstransfers. Nicht immer ist dabei das Buch selbst präsent, sondern macht bisweilen auch den sog. ‚Stellvertretern‘ Platz, die in Bibliotheken auf Nutzungen, Bearbeitungen und archivarische Umstrukturierungen ebenso hinweisen, wie sie das Thema Anwesenheit bzw. Abwesenheit in großformatigen Wandinstallationen reflektieren.

In Bezug auf Umberto Ecos Sentenz „Von der Rose bleibt nur der Name übrig“ aus dessen Bibliotheksroman „Der Name der Rose“ stellt Albert Coers im Spiel mit Bild- und Textkombinationen, aber auch unter Einbeziehung von Beständen aus privaten und öffentlichen Bibliotheken vielfältige Verbindungen und Bezüge her, die auf den Ort und seine historischen Einschreibungen ebenso reagieren wie auf neue Formen der Wissensgenerierung und ihrer medialen Archivierung.

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Albert Coers
animalibri
Kurator: Ralf F. Hartmann