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Erstmalig zeigt die Sammlung Würth in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall ihre gesamte Kollektion der Werke von Max Ernst. Den Kern der Sammlung bildet eine einzigartige Sammlung von Büchern und Grafiken, die in den letzten Jahren umfänglich durch Ölgemälde, Skulpturen, Papierarbeiten, Original-Collagen, Zeichnungen und Frottagen erweitert werden konnte, sodass das an Vielfalt kaum zu übertreffende, scheinbar grenzenlose bildnerische Universum Ernsts nun aus überwiegend eigenen Beständen abgebildet werden kann.

Max Ernst (1891-1976) zählt zu den anregendsten und einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Die Strahlkraft seines Œuvres reicht weit über seine Zeit hinaus. Einen Teil seiner biographischen Notizen erfindet Ernst frei und hält stets auch ironische Distanz zu seinen eigenen Werken und Techniken: seine Bilder spiegeln Gegenständlichkeit und Erfindung zugleich. Max Ernst ist ein Grenzgänger und Meister des Zwischenreichs. Seine Kunst ist multimedial und Leben und Werk von Brüchen und Themenwechseln geprägt. In ihrer Gesamtheit werden sie zum Ausdruck seines visionär-skeptischen Weltentwurfs.

Als Dada-Max steht der in Brühl bei Köln geborene unfreiwillige Kriegsteilnehmer gleich nach dem ersten Weltkrieg in regem Austausch mit Tristan Tzara, Hans Arp und den Künstlern der Dada-Zentren Zürich und Berlin. In Paris taucht er in den surrealistischen Künstlerzirkel um Andre Breton und Paul Eluard ein, um alsbald einer der Protagonisten „im Dienste der surrealistischen Revolution“ zu werden. Mitte der 20er Jahre entdeckt Ernst die Frottage-Technik, ein Durchreibeverfahren, wozu ihn die Maserung eines Holzbodens in der Bretagne angeregt hat. Mit seinen Collagen und Collageromanen bringt er das Konzept der Surrealisten, sich "im Grenzgebiet von Innen-und Außenwelt“ zu bewegen, auf den Punkt. Im Vogelwesen Hornebom findet er seine Seelenverwandten, inkarniert sich alter ego. Ernst erfindet immer neue Spielarten von vogelartigen Traumgestalten. Er sieht sie in Zeitungsillustrationen, entdeckt sie in durchgeriebenen Muscheln, lässt sie durch seine Bilder flattern. Sie sind sein Volk. Er der Vogelobre, Max der Schnabel, Loplop, der Hornebom. In den USA tritt der von den Nationalsozialisten Verfolgte in intensiven Austausch mit den Händlern und Sammlern der Neuen Welt. Anfang der fünfziger Jahre lebt er wieder in Frankreich. Erst jetzt wird er auch in Deutschland mit Ehrungen überhäuft.

Mit seiner subtilen Destruktion der so genannten Realität und der vorsätzlichen Uneindeutigkeit seiner (alb-)traumartigen Bilderfindungen erschüttert Ernst die Gewissheit, dass Reales nur in seiner alltäglich erlebten Form existiert, so nachhaltig, dass sie noch heute zutiefst provozieren. Denn im Gegensatz zu Sigmund Freud, der den Traum rationalisieren wollte, belässt ihn Ernst in seiner Anarchie (Werner Spies). Stets beruft er sich auf bestehende Informationen und faktisch Vorhandenes, das er jedoch in einer Art alchemistischen Prozess zu verändern weiß, um so der "Konfektionswirklichkeit“ ein Schnippchen zu schlagen und die Tür zu neuartigen Welten aufzustoßen. Mit dem in allen Arbeiten erkennbaren Widerstand gegen "Spießbürger" und "Herdenkünstler“, den genialen Inszenierungen des Grotesken, Absurden, Bizarren, Irrationalen und Unerklärlichen, ist Max Ernst auch weiterhin von stupender Aktualität. Seine collagierten Bilduniversen finden ihre Entsprechung in den Werken bedeutender Filmschaffender von Hitchcock über Fellini bis Lynch. Ihnen bietet die Ausstellung einen Kinosaal, Salle Obscure, als temporäre Heimstatt für einige ihrer wichtigsten Werke und allen Besuchern und Zuschauern anregendes Sehvergnügen.

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Albtraum und Befreiung - Max Ernst in der Sammlung Würth
Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall