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In der ersten deutschen Einzelausstellung des Künstlers Ali Kazma zeigt TANAS acht Videoarbeiten aus seiner Serie Obstructions. Die Videos porträtieren Menschen in herkömmlichen Arbeitssituationen, wie sie Tag für Tag ihren Berufen nachgehen, Dinge produzieren, reparieren oder instand halten. So betritt Kazma verschiedene Orte wie die Werkstatt eines Uhrmachers, den Operationssaal eines Hirnchirurgen, ein Stahlwerk nahe Istanbul, einen Schlachthof, eine Jeansmanufaktur oder ein Ballettstudio. Präzise Langzeitbeobachtungen und gestochen scharfe Bilder dokumentieren komplexe Handlungen und Tätigkeitsfelder aus dem Arbeitsalltag der Menschen – Schneiden, Stanzen, Stechen, Bohren, Erhitzen, Nähen, Zeichnen, Putzen, Prüfen, Kennzeichnen, Klassifzieren.

Die Arbeit "Brain Surgeon" zeigt die Vorbereitungsphase und den operativen Eingriff eines Hirnchirurgen bei einer an Morbus Parkinson erkrankten Frau. "Slaughterhouse" beginnt mit dem Schärfen der Messer eines Metzgers, dokumentiert den traditionellen Schlachtvorgang, bei dem das Tier nach religiösen Geboten mit einem einzigen sauberen Schnitt getötet wird. In "Clock Master" wird die Fingerfertigkeit eines Uhrmachers beim Restaurieren einer französischen Uhr aus dem 19. Jahrhundert beobachtet während "Jean Factory" die komplizierte Verfahrensweise bei der Massenproduktion von Jeanskleidung thematisiert.

Verbindendes Element aller Videoarbeiten ist der menschliche Antrieb, sich der Bedrohung des fragilen Gleichgewichts von Ordnung und Chaos durch beständige Anstrengung zu widersetzen. So unternimmt der Gehirnchirurg ähnliche Handlungen zur Heilung des menschlichen Körpers wie der Uhrmacher zur Reparatur einer antiken Uhr. Ebenso offenbart die Arbeit des Metzgers auf dem Schlachthof und der Näherin in der Jeansmanufaktur das gleiche Handlungsmotiv, nämlich die Befriedigung existentieller menschlicher Bedürfnisse. Durch die Kombination der unterschiedlich langen Videoarbeiten entsteht eine weitere inhaltliche Ebene, denn das zufällige Zusammenspiel von Bild- und Tonaufnahmen der einzelnen Videos ermöglicht immer neue An- und Einsichten.

Während seine jüngst bei TANAS in der Gruppenausstellung "Nicht einfach, die Welt in 90 Tagen zu retten" gezeigte Videoarbeit "What Remains" den Alltag der Fußballmannschaft Galatasaray im Spannungsfeld von Hotelzimmer-Tristesse und glamourösen Pokalspielen begleitet, gilt Ali Kazmas Faszination in der Serie Obstructions der menschlichen Anstrengung, die Umwelt durch das eigene Tun fortwährend zu gestalten und zu erhalten.

Ali Kazma über seine Arbeit: "Mich interessiert besonders der Lauf der Dinge. Bei Clock Master gefallen mir die verschiedenen Wege der Annäherung an das Thema der Zeitlichkeit – Zeit als Wandel, als Verfall im Gegensatz zum unablässigen Kampf der Menschen darum, sie zu besitzen oder zu kontrollieren – durch Intellektualisierung, Systematisierung, Formgebung, Fürsorge usw. Letztlich ist es aber selbstverständlich ein verlorener Prozess. Im Fall des Uhrmachers arbeitet ein Mann daran eine Repräsentation von Zeit zu reparieren, eine Uhr durch und über die hinweg Zeit vergangen ist. Der menschliche Wille als lokale und zeitliche Blockierungen (Obstructions) gegen die Zeitlichkeit und/oder die Zeitlichkeit als ultimative Blockierung gegen den menschlichen Willen/das menschliche Verlangen. Blockierung ist für mich ein Codewort für die komplizierte Koexistenz von beidem."

Ali Kazma lebt und arbeitet in Istanbul.

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Ali Kazma
Things we do. 8 Arbeiten aus der Videoserie Obstructions