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From Beyond and Back kann man als Portrait von Geoffrey Lowe sehen. Lowe ist einer dieser begehrenswerten Typen, die von Australien hoch nach London gekommen sind. Er ist 1982 in Sydney geboren. Er arbeitet in einem Flagship Store eines internationalen Designers in London. Er liebt es zu feiern. Und doch ist er noch viel mehr.

Lowe kennen zu lernen war anders. Sehr schüchtern saß er am anderen Ende des Esstisches und wir haben nicht viel zueinander gesagt, anfangs. Selten schaute er mir in die Augen beim Reden, wenn er überhaupt redete. Irgendwo aber, denke ich, hat was angefangen und als wir uns das nächste Mal trafen wussten wir, wir haben es losgetreten. Manchmal waren wir zusammen in der Londoner Szene unterwegs. Ich habe nie wirklich verstanden für was der Ausdruck „Szene“ stand. Es gibt eine Menge verschiedener Szenen in London. In die eher poshen Clubs in Soho gingen wir als Appetizer, in die anderen Clubs unter der Vauxhall-Bridge um die Nacht zu Ende zu bringen und dem Morgen zu begegnen, wo die Musik heißer, die Männer sexier und der Beat schneller war. Beyond war damals der letzte Stop, an einem Sonntag Morgen. Ich glaube ich habe einmal 11 Stunden auf dem Dancefloor verbracht. Hoxton war voll in Schwung an Sonntag Abenden, wenn die Touristen wieder nach Haus nach Chelsea oder Notting Hill zurückkehrt waren und die Einheimischen nun noch eine weitere Nacht aus ihrer Haut gekrochen kamen, up or down, abhängig davon welche Substanzen noch in den Taschen übrig waren.

Vielleicht bezieht sich der Titel auf den Club „Beyond“. Jedenfalls lässt es etwas anklingt. Es war nicht immer viel das vom Beyond zurückkam, um ehrlich zu sein. Mit Sicherheit kein Geld und auch Gehirnzellen blieben nicht mehr viele übrig.

Kepenek und ich hatten ein Code-Wort für Geoff und seine Leute. Diese gut aussehenden Urbanistas - Models, Ladenassistenten, „Fashion-Wannabees“ – die auf ihrem Weg weit nach oben waren, und schnell, die am Tag ihr Geld und ihr Kreditkartenlimit für teure Klamotten, Schuhe und Taschen ausgeben, oft an einem einzigen Tag. Abends kamen sie dann einer nach dem anderen in Kepenek’s Apartment vorbei, um auf seinen italienischen Sofas rumzuhängen, den Tequila, Wodka und Absinth rauszuholen und sich in Gremlins zu verwandeln. Diese Gremlins waren die wahren Könige der Nacht, schnappten nach Dir wenn immer es eine Chance gab, hinterließen Bissspuren. Sie waren das Schöne und das Biest in einem einzigen Körper vereint.

Wenn ich jemanden nennen soll der vielleicht einen großen Einfluss auf Kepeneks Arbeit gehabt hat, denke ich, wäre es nicht weit her geholt auf Larry Clark und seine Fotographien des noch werdenden Hollywood Stars Matt Dillon aus den späten 70ern zu verweisen. Da gibt es eine mehr als frappierende Ähnlichkeit zwischen Lowe und Dillon. Dieser gleichzeitg draufgängerische und verwundbar burschikose Blick, der eine halbe Dekade anhält, nicht viel länger. Ich kann sehen, dass beide Fotografen das verstanden haben. Da beide ihrer Serien komponiert sind, reflektieren sie einander durch die Zeit.

Clark hat Dillon einmal auf einem Friedhof fotografiert, nackt auf einem Grabstein. Dillons unberührter Körper ist in Kontrast zu und in Konflikt mit dem unausweichlichen Tod gesetzt. Es ist Erhaben. Ich denke, Kepeneks Serie von Fotografien in Ihrer repetitiven Art beziehen sich auf dasselbe Thema. Es ist, als ob Kepenek zu sich selbst sagt: „Ich muss Dich noch einmal einfangen, noch einmal, und noch einmal, und nur noch ein einziges mal bevor Du weg bist.“ Auf eine vieldeutige und beunruhigende Weise balancieren seine Fotografien zwischen Unschuld und Zerstörung.

Kepenek’s Fotografien sind kosmopolitisch. Sie beziehen sich vor allem auf ein Leben, dass man nur in Großstädten leben kann – London, Berlin, Bangkok, wo jede Person mit jemand anderes austauschbar ist. Es geht Freundschaften an, und es geht Beziehungen an. Von Zeit zu Zeit werden wir gezwungen uns mit Schmerz zu konfrontieren, nur wegen des unbegrenzten Flusses neuer Empfindungen. In diesem Strudel, hat Kepenek seine Kameralinse auf etwas gerichtet, dass ihm sehr nahe ist – so als wäre sein Gerät keine Kamera sondern ein Spiegel. Er nutzt sie als eine Methode des Widerstandes, ein Schild zwischen ihm und etwas, dass in ihm emotionale Unruhe auslöst.

Es ist kein einfacher Prozess sich von seinen Sinnen zu distanzieren und sich für einen Moment die Zeit zu nehmen, die nötig ist, um das Leben so festzuhalten wie es vorbeizieht. Wenn Du Dich von etwas distanzierst, unterscheide auch, wovon Du Dich distanzierst, erfolgreich oder nicht. Was Kepenek mit seinem Spiegel festgehalten hat, ist nun auf den Fotografien zu sehen.

Es heißt, Liebe sei die größte Muse von allen. An zweiter Stelle und weniger beachtet ist Ausdauer.

Jan Hietala (November 27 2008 Sättra Sweden)

Jan Hietala lehrt als Gasttutor unter anderem für die Royal Academy Schools Piccadilly London. Bis vor kurzen hat Hietala im Rahmen seiner Doktorarbeit am Dep. of Visual Cultures des Goldsmiths College, University of London geforscht. Derzeit arbeitet er als Stadtanalyst für Färgfabriken Stockholm.

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Ali Kepenek
From Beyond and Back