press release only in german

Zum vierten Mal widmet die Galerie Rüdiger Schöttle dem dänischen Künstler Anders Clausen eine Einzelausstellung. Sein Werk dreht sich um die Prinzipien der Konsumgesellschaft, Massenproduktion, aber auch um das digitale Zeitalter und die dadurch bedingte Veränderung unserer alltäglichen Verhaltensweisen. In seiner aktuellen Arbeit setzt sich der Künstler mit verschiedenen Beispielen der Evolutionstechnologie und mit Phänomenen der Globalisierung auseinander. Die Ausstellung besteht aus zwei Werkgruppen: Reproduktionen des Urmeters und Vogelfedern, die durch verschiedenste Prozesse bearbeitet wurden. Der Urmeter geht auf eine Erfindung des 18. Jahrhunderts in Frankreich zurück und sollte den zehnmillionsten Teil der Entfernung vom Nordpol über Paris bis zum Äquator betragen. Anders Clausen beschäftigt sich mit der Entstehung dieser uns heute so selbstverständlichen Längeneinheit. Er fertigte Reproduktionen des Urmeters aus Aluminium, Messing und Plastik an. Die im Ausstellungsraum präsentierten Meterstäbe haben ein X-Profil und beziehen sich auf den zweiten Prototypen des Urmeters von 1867 in Paris, ein damals in Platin-Iridium gegossener Meterstab. Um der Bevölkerung eine frei zugängliche Orientierung für das neue Längenmaß zu bieten, wurde der Meter auch im öffentlichen Raum angebracht. Die Definition des Meters wurde seitdem mehrmals überarbeitet, angepasst an wissenschaftliche Entwicklungen. Ähnlich verhält es sich in der Federkunde. In dieser Disziplin geht die Urfeder auf den Archaeopteryx aus dem Oberjura zurück und bietet seit einem Fossilienfund im 19. Jahrhundert die Grundlage für die Evolutionsforschung der Ornithologie. Die Erkenntnisse zur Beschaffenheit der Feder und Entstehung der Klasse Vögel änderten sich je nach aktuellem Wissensstand und Neuentdeckungen von Fossilien der internationalen Forschung. Anders Clausen zog Konturfedern von unterschiedlichen Vogelarten (z.B. Adler, Pute) heran, um daraus mit komplexen Techniken wie Wasserdruck, Galvanisierung, Sprayfarbe und Scherenschnitten kunstvoll schimmernde, gänzlich neuartige Federkompositionen zu schaffen. Die künstliche Farbe und Form steht im Kontrast zur natürlichen Funktion der Feder für den Vogel.

Anders Clausens neue Arbeiten weisen subtil auf den Anfang uns heute selbstverständlicher Begebenheiten hin. Sie erinnern daran, wie flexibel ein bestehendes System sein kann und muss. Wie die Mathematikerin Kristin Shaw feststellte, war der Urmeter in Paris vielleicht das, was das Internet heute für uns ist. Wir sind von dessen Funktionalität und Existenz abhängig geworden. Ursprünglich wurde es jedoch von Wissenschaftlern entwickelt, um Daten auszutauschen.

Anders Clausen (*1978, Kopenhagen) lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte am Royal College of Art in London. Zuletzt waren seine Arbeiten in 2015 bei „Between Bridges“ in Berlin und in der Ausstellung „A perfect Match“ anlässlich des 50. Jubiläums der PIN. Freunde in der Pinakothek der Moderne München zu sehen.