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Ausstellungseröffnung 01. April 2009

Die Ausstellung, die DIE GALERIE vom 01. April bis zum 20. Juni 2009 zeigt, versteht sich als breit angelegte Hommage an den Künstler und verdeutlicht in einem Spektrum an Werken verschiedenster Gattungen ein differenziertes Geflecht an thematischen und stilistischen Bezügen. Rund 60 Gemälde von musealer Qualität, Handzeichnungen und Skulpturen vermögen, biographische und künstlerische Leitlinien nachzuziehen, um eine der vielseitigsten und bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts begreifbar werden zu lassen. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Malerei der 20er bis 40er Jahre, in denen Masson immer wieder Schwellen zu neuen Ausdrucksformen überwand.

Die Vorliebe für das Visionäre und das Traumhafte hatten den 1896 geborenen, in Brüssel und Paris ausgebildeten André Masson in die Nähe des Surrealismus geführt, 1924 hatte er in Paris André Breton kennengelernt und nahm an einigen Aktionen der Surrealisten teil. André Masson nimmt allerdings einen besonderen Platz unter den surrealistischen Malern ein. Er unterstützte die Bewegung mit zahlreichen Schriften und Experimenten, wie seiner „Erfindung“ der écriture automatique, verließ die Gruppe jedoch schon bald aufgrund des autoritären Führungsanspruchs André Bretons. 1929 kommt es zu einem Bruch, dennoch blieb er der Künstlergruppe verbunden. Die späten zwanziger Jahre gehören zu der kreativsten und erfindungsreichsten Zeit in Massons Schaffen.

In den 1930er Jahren setzt sich Masson zunehmend mit den klassischen Mythologien auseinander. Vor allem die Erzählungen aus dem griechischen Altertum, die um die menschlichen Grunderfahrungen vom Entstehen und Vergehen, von Eros und Leidenschaft und um das Dasein als Kampf und fortwährende Metamorphose ranken, werden in der Folgezeit zu Bild und Skulptur bestimmenden Themen.

1936 kehrte der Künstler mit seiner Familie von einem zweijährigen Spanienaufenthalt nach Frankreich zurück und ließ sich in der Normandie, in Lyon-la-Fôret, nieder. Er traf auf den Schauspieler und Regisseur Jean-Louis Barrault, eine für beide Künstler weitreichende Begegnung, und übernahm für dessen Bühnenprojekt Numance die dekorative Ausgestaltung. Diese Beschäftigung mit dem Bühnen- als Bildraum, mit dem Bühnen- als Bildmobiliar sowie mit einer theatralischen Farbchoreographie sind auch in die malerischen Arbeiten dieser Zeit eingeflossen.

1941 emigrierte der Künstler nach einen mehrmonatigen Aufenthalt in Martinique in die USA und ließ sich in New Preston, Connecticut, in Neu-England nieder. Nach seinen eigenen Berichten war es vor allem die Natur, das intensive Farbspiel des Indian Summers zum Beispiel, was ihn bewegte. Er habe sich nicht vom Surrealismus abgewandt, aber in dieser Zeit eine neue Sprache gefunden, meinte er selbst. Seine Naturmythologie, das Werden und Vergehen im tellurischen und kosmischen Sinn, basiert auf diesen Erfahrungen. Die Bilder aus der „amerikanischen Periode“ André Massons verbindet eine explosive, kraftvoll aus dem Dunklen hervorbrechende Farbigkeit. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung wird die „amerikanische Periode“, weil Masson in ihr weitreichende Impulse für Inhalt und Formgebung setzte, mit denen er die Generation junger Maler in den USA, allen voran Jackson Pollock, zu ihren Farbexperimenten des abstrakten Expressionismus anregte.

Das bildhauerische Oeuvre André Massons, der sich selbst nicht als Bildhauer verstand, ist überschaubar, für den Generalisten Masson trotzdem stringent, im Sinne einer anderen, einer dreidimensionalen Ausdrucksform und wird in der Retrospektive ebenso wie die Zeichnung mit einer Reihe von wichtigen Exponaten gewürdigt.

Zweifelsohne gehört André Masson zu den großen Solitären in der Kunst des 20. Jahrhunderts, die in ihrem Schaffen und ihren Reflexionen die Kunstgeschichte nicht nur ihrer Generation entscheidend geprägt haben, sondern auch wesentliche Anstöße für junge Künstler geliefert und neue stilistische Richtungen erst denk- oder malbar gemacht hat. Ohne sich selbst als informellen oder abstrakten Maler zu betrachten, ist der Tachismus aus seiner Auseinandersetzung mit der Kalligraphie und der Ästhetik des Zen-Buddhismus hervorgegangen. Alle zeitgenössischen Tendenzen in der Philosophie, der Psychologie und der Literatur fanden Widerhall in seinem Oeuvre.

Immer aber beschritt André Masson eigene Wege, ließ sich nie vereinnahmen und hat seine Stile vielfach gewandelt. Er bewegte sich eigenwillig und souverän in verschiedensten Stilen und Gattungen. Der fehlende Wiedererkennungswert seiner Handschrift erschwerte zunächst seine Anerkennung, obgleich gerade dieses Charakteristikum den Künstler auszeichnet: als einen genialen Zeichner, einen höchst innovativen Maler, einen bemerkenswerten Bildhauer - eine universale Künstlerpersönlichkeit.

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André Masson - Retrospektive