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Vernissage: Freitag, 26.09.2008, 18 Uhr Einleitung: Dr. Elmar Zorn, Kulturwissenschaftler

Die Welt, in die uns Andrea Bender, Schülerin von Jörg Immendorff und Dieter Krieg, blicken lässt, scheint außer Rand und Band: Kompromisslos, mit viel Sarkasmus und Ironie, entführt sie uns in die Abgründe der bürgerlichen Gesellschaft. Da erhebt sich der Mob im Trachtenkostüm, bayrisch Urtümliches mischt sich mit heimatlicher Idylle, androgyn-verzehrte Putten wagen obszöne Tänze beim „Traubenglauben“ vor barocker Kulisse. Körper, ausufernd und aus der Form geraten, bevölkern diese grotesken Szenarien: Üppig wuchernd erinnern sie an Rubens - in ihrer rüden Fleischlichkeit und ihrer Disproportioniertheit an den frühen Baselitz. Dabei geht von ihnen eine eigenartige Ambivalenz von erdrückender Dominanz und tragischer Dekonstruktion und Auflösung aus. Es sind Körper, die selbst Opfer ihrer eigenen Hypertrophie geworden sind, die von ihrem eigenen Ballast erdrückt werden, das wabernde Fleisch löst die Körpergestalt in seiner zerfließenden Formlosigkeit und zersetzenden Proportion regelrecht auf. Bei Bender werden diese Körper zum Ausdruck einer ganzen Gesellschaft. Inmitten bürgerlicher Zivilisation und Idylle öffnet sich der Blick auf deren fratzenhafte Abgründe und Gegenwelten, die sie selbst gebiert - die Physiologie wird zum Psychogramm.

Die malerischen Mittel begleiten und unterstreichen diesen Eindruck: Pastoser, dicker und schwerer Farbauftrag, wechselt mit aquarellartiger Transparenz, in der die Körper von ihrer Umgebung wehrlos durchdrungen und zersetzen werden. Zeichnerische Mittel streiten mit reiner Malerei um Vorherrschaft. Was zum Teil wie eine aquarellartige Karikatur daherkommt, formuliert Bender im riesigen Format, dem sich der Betrachter nicht entziehen. Auf formaler und gestalterischer Ebene führen diese Gegensätze vor, was auf inhaltlicher Ebene an Aggression und Humor, an Leichtigkeit und Schwere, an Ironie und Tragik, an Physis und Psyche, an Idylle und Alptraum aufeinander stößt und sich ständig durchdringt.

„Je tiefer man eindringt in die Bildwelt, verknüpft mit der Erinnerungswelt jedes einzelnen Rezipienten, desto deutlicher wird, dass Begriffe wie Widersprüchlichkeit, Ambivalenz und Vieldeutigkeit die Arbeit besser treffen als eine stringente Analyse“ beschreibt die Künstlerin selbst eine Annäherung an ihr Werk.

Der entscheidende Baustein in Benders Bildkonzept ist am Ende allerdings der Betrachter. Alle Bilder sind unmissverständlich und konsequent auf ihn hin komponiert, der unmittelbar angesprochen wird und der, ohne sich wirklich entziehen zu können, zum Teil der Bildwelt wird. Malerisch versiert und genau beobachtent erzählt sie uns schonungslos ehrliche Interpretationen gesellschaftlichen Lebens und macht dem Betrachter deutlich, dass er allein es ist, der die Widersprüche der Welt zur Kenntnis nehmen und eine Position dazu beziehen muss.

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Andrea Bender
Wohl bekomm`s