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18.09.2021 - 28.11.2021
ERÖFFNUNG: 17. September, 19 Uhr

Angelika Markul
IF THE HOURS WERE ALREADY COUNTED

Der Kunstverein Arnsberg freut sich mit If The Hours Were Already Counted die erste institutionelle Einzelausstellung von Angelika Markul in Deutschland auszurichten. Die 1977 in Polen geborene Künstlerin lebt und arbeitet in Paris und Warschau. Ihre Arbeiten wurden weltweit in renommierten Ausstellungshäusern wie dem Palais de Tokyo, Paris, dem Musée CSW Zamek Ujazdowski, Warschau, dem Jewish Museum, New York oder dem National Art Museum of China in Peking gezeigt.

Markuls Arbeiten zeugen von der ungestillten Neugier der Künstlerin für verlorene, unbekannte oder gefährliche Orte. Ihre Werke sind jedoch nicht als Dokumentationen, sondern vielmehr als Collagen aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und Science-Fiction angelegt, wobei das Motiv des ewigen Kreislaufs von Werden und Vergehen allgegenwärtiges ist. Der Titel der Ausstellung ist der gleichnamigen Video-Arbeit If The Hours Were Already Counted (2016) entliehen, die zusammen mit der Video-Installation Memory of Glaciers (2017) den thematischen Rahmen für diese Werkschau bildet.

Letztere entwirft eine semi-fiktionale Evolutionsgeschichte. Protagonisten des beinahe vollkommen in schwarzweiß gehaltenen Videos sind ein schmelzender Gletscher in Patagonien und der Churyumov–Gerasimenko Komet, dessen Einschlag sehr wahrscheinlich für die Entstehung von Leben auf der Erde verantwortlich war. In Markul’s Arbeit wird er zum Symbol für die enormen kosmischen Kräfte, die kontinuierlich für Schöpfung und Zerstörung zuständig sind. Der Gletscher spielt schließlich eine ähnlich mehrdeutige Rolle: Während er Wasser und damit die Quelle allen Lebens auf der Erde speichert, sehen und hören wir ihn knacken, in sich zusammenstürzen und verschwinden. Die bedrohlichen Folgen für die Umwelt, die dieses Szenario nach sich zieht, müssen nicht weiter ausgeführt werden.   Auch die Arbeit If the Hours Were Already Counted (2016) greift die Suche nach dem Ursprung des Lebens auf der Erde auf. Der Film zeigt Aufnahmen einer Expedition in eine Kristallhöhle, die vor 20 Jahren zufällig von Minenarbeitern der Naica-Mine in Mexico entdeckt wurde. Markul’s in schwarzweiß gehaltene Arbeit erinnert bewusst an die Ästhetik der Radierungen, die Édouard Riou für Jules Verne’s Reise zum Mittelpunkt der Erde anfertigte. Die Künstlerin hätte keine passendere Referenz wählen können, um die Aufnahmen von WissenschaftlerInnen zu verarbeiten, die sich 300 Meter unter der Erde in einer extrem heißen und feuchten Umgebung wie Astronauten ihren Weg durch riesige Kristalle bahnen – eine außerweltliche Szene, die äußerste Schönheit und Gefahr vereint. Neben der Videoarbeit, wird in der Ausstellung auch ein Kristall aus der Naica-Höhle gezeigt, die heute wieder geflutet und für den Menschen nicht mehr zugänglich ist.   Während der Mensch in Markuls Arbeiten nur selten so direkt in Erscheinung tritt, sind die Auswirkungen und Spuren der Menschheit wie sie sich aus einer fiktiven und zukünftigen Perspektive darstellen, stets präsent. Die Arbeiten von Angelika Markul lassen sich als visuelle und musikalische Symphonien lesen, die Erzählungen über den ewigen Kreislauf des Seins mit Ökologie, Geologie, Astronomie – beziehungsweise mit all jenen Wissenschaften verbinden, die sich gleichermaßen auf die Erforschung von Vergangenheit und Zukunft konzentrieren. Dabei nimmt die Künstlerin eine Wahrheit vorweg, die wir alle spüren und die Claude Lévi-Strauss 1955 niedergeschrieben hat: „Die Welt ist ohne den Menschen entstanden und sie wird ohne ihn enden.“