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Die Geschwindigkeit ist heute weniger auto-mobil als vielmehr audio-visuell ...". Wenn Paul Virilio mit dieser These jene Verschiebungen des Begriffs der Geschwindigkeit von einer technischen zu einer medialisierten beschreibt, so bedeutet dies eine grundlegende Veränderung der Wahrnehmung des Raum/Zeit-Gefüges und der damit zusammenhängenden Begrifflichkeiten. Das kollektive Nebeneinandertreten unterschiedlichster Räume und Zeiten - wenn auch imaginär - annuliert die räumliche Distanz. In animated from a distance verhandeln die beteiligten KünstlerInnen jenen inflationären Begriff des Räumlichen und Zeitlichen in Hinblick auf den Blick als Träger unseres Begehrens. Der Blick, der stets projektiven Ursprungs ist (Lacan), wird im Zusammenhang von Bild - Blick - Ideologie und ´Realität´ untersucht. Gibt es einen objektivierbaren Blick, oder ist nicht schon immer ein subjektives Begehren eingeschrieben, ein vorangehendes Bild, das unseren Blick leitet? Das Bild ist demnach nicht nach der Realität, sondern zuerst da, es bildet somit nicht ein Reales, sondern ein Bild des Realen ab. Wenn wir das Bild als Realität fixieren, es somit mehrfach in unser Sehen, in unseren Blick als eingeschrieben betrachten und wenn ?Bild" sowohl Bilder des Begehrens als auch vorgefertigte medialisierte bis generierte Bilder meint, so stellt sich die Frage, wie sich jene Produktion von Geschwindigkeit im Bezug zu jenem Rückmontieren der (subjektiven, medialen, virtuellen) Bilder auf unsere Beziehung zur Wirklichkeit auswirkt. In der Position von Danica Phelps geschieht nun jene Thematisierung eines aktuellen Begriffs von Zeitlichkeit in Bezug zum Räumlichen über die Strategie des Vermessens und Strukturierens ihres Alltags: Ähnlich einer ritualisierten Untersuchung des Alltäglichen dokumentiert die Künstlerin Handlungen hinsichtlich deren Zeitlichkeit, Örtlichkeit und deren ökonomischen Bedingungen.

" Walking 9 - 5" attempts to translate time into space using walking as a measuring device. It's kind of an homage to the working day - that I would walk for the same amount of time that a person might sit at a desk while working, and at the end of the eight hours, I would have arrived at least 20 miles from my starting point. To accomplish this, I started walking every day from my house in Greenpoint, Brooklyn, and walked for 8 hours in as straight a line as possible. I did this for 30 days in 30 different directions ( " Walking 9 - 5: Brooklyn"). I have completed this project in NYC, Amsterdam, and Vienna ( " Walking 9 - 5: Krems").

The other project I will be making while in Vienna. This involves going to a town I have never been to and making a map while I am walking there. I will only spend one day in each town. While making a map, I am also making a drawing, and to accomplish a successful composition in the drawing, I will have to actually walk where I want the lines to go. So, if I want my pencil to draw into the lower left corner of the paper, I will have to walk about 2 hours southeast. (Danika Phelps)

Die Künstlerin bedient sich der Metapher ´working 9 to 5´ als common sense eines funktionalisierten/ ökonomisierten Zeitbegriffs und fragt nach alternativen Wahrnehmungsweisen. Durch das Gehen reaktualisiert sie einen Begriff von Eigenzeit und stellt diesen dem zitierten Zeitrahmen (´9 to 5´) gegenüber.

Arnold Reinthaler entwirft in ´digitally aged´ ein Bild des Stillstands des Zeitlichen oder der Nichtzeit schlechthin: im dialektischen Verhältnis vom Trägermaterial Granit, dem ältesten Gestein der Erde, zur Gravur einer ´ausgeschalteten´ Quartz-Anzeige (Datum, Uhrzeit) bildet die Arbeit eine ironische Infragestellung hinsichtlich jener Thematisierung von ´unendlicher Beschleunigung´ und Flüchtigkeit, in welcher wir leben. Jene Flüchtigkeit der LCD-Anzeige, deren durch Licht vermittelte Information wird in Gestein in dysfunktionalem Zustand eingeschrieben und über die Zeit hinweg als Information zugänglich gemacht.

In ´measuring field of view´ deutet der Künstler jene Frage an, ob und in wieweit dem subjektiven Blick/Begehren nicht stets ein Bild vorausgeht. Dies bedeutet in Hinblick auf das Bild des Örtlichen, der Kartographie, ob beim Entdecken (uns) neuer und unbekannter Territorien nicht stets ein Imago unser Suchen bestimmt und dem Blick vorausgeht. Die pixelhafte Auflösung einer Weltkarte steht somit als Metapher für ein mediatisiertes Weltbild per se, welches der Künstler erneut in Einzeltafeln aufrastert und auszugsweise präsentiert. Die Unkenntlichkeit des Abgebildeten und die Unvollständigkeit der Karte selbst bedeuten im doppelten Sinne die Unmöglichkeit eines ´Bildes der Welt´, höchstens die Formulierung fragmenthafter, mehrfach codierter und übersetzter Auszüge.

Die Fotografien von Michael Höpfner sind weniger als Einzelbilder, sondern vielmehr als Auszüge und Resultate eines konzeptuellen Verfahrens zu lesen. Formal betrachtet sind es Abbildungen von Wüstenlandschaften, Gesteinswüsten, Gebirgen, die ähnlich dem Prozess der Abstrahierens in der Malerei - sowohl in der Bildfindung als auch im Entwicklungsprozess - soweit reduziert werden, dass ein Identifizieren eines bestimmten orthographischen Bezugs unmöglich erscheint. Von Interesse ist nicht die Landschaft, sondern die Konzeption des Bildes der Landschaft. Die Ästhetik der Fotografien, die vollkommen unterschiedlichen orthographischen Ursprungs sind (Afghanistan, Sahara, Nepal....) erscheint homogenisiert. Das ´Bild der Wüste´ ist hierbei der gemeinsame Nenner. Wüste meint hier zum einen eine Projektionsfläche für politische Konflikte und Auseinandersetzungen, aber auch im Sinne einer neoromantischen Projektion hinsichtlich nomadischer Lebensformen.

Der Künstler reist an unterschiedlichste Orte der Welt, um Bilder ´wiederzufinden´, oder genauer: um vorgefertigte Bilder jener Orte zu finden und in Beziehung zum eigens wahrgenommenen Bild zu setzen. Es ist demnach die Differenz, an der Höpfner interessiert ist, die Differenz zwischen mediatisierten (Reiseführer, Medien), imaginären Bildern (der Sehnsucht) und vermeintlich objektiven Bildern.

Im dialektischen Verhältnis zu jenem Exemplifizieren der Differenz steht nun die Homogenisierung, also dem Erzeugen einer Indifferenz hinsichtlich der einzelnen Auszüge. Es geht nicht um den Ort im Speziellen, sondern um Ort schlechthin und dessen ideengeschichtliche Dimension. Das Begehen der Landschaft evoziert einen Begriff von Zeitlichkeit und Räumlichkeit (hier Örtlichkeit), der die Eigenzeit des Subjekts betont sehen will: im performativen Moment/Erleben formuliert das Subjekt seinen Begriff von Zeit; Höpfner bricht jedoch zugleich jenes neoromantische Verständnis durch die Inbezugnahme auf vorgefertigte Bilder/Konnotationen (Klischées) und durch die Egalisierung und Abstrahierung jener bildhaften Auszüge des Zeitlichen und Räumlichen.

David Komary