press release only in german

Anke Doberauer hat sich der Malerei verschrieben, ist Malerin durch und durch. Sie eignet sich Fläche und Form mit einer Kraft und Entschiedenheit, ja einer Ernsthaftigkeit an, die man im Allgemeinen - und immer noch - vorrangig männlichen Künstlern zuschreibt. Kraftvoll ist Anke Doberauer in diese Domäne eingedrungen. Ihre Modelle sind Männer. Männer, die sie sich von der Straße holt, es sind Freunde, Bekannte. Sie malt ohne Auftrag, stets lebensgroß, ihre Leinwände haben eine Standardhöhe von 210 cm mit variabler Breite. Es wird keine Geschichte erzählt, kein Davor und Danach aus- oder angesprochen. Anke Doberauer friert einen Moment aus dem Leben eines Menschen ein.

Offen der Blick und doch seltsam in sich gekehrt, schauen die Männer auf den Betrachter. Es sind keine heroischen Haltungen oder Attitüden, die Anke Doberauer ihren Modellen abverlangt. Sie scheint keinen Zwang, es sei denn einen indirekten, auf die Männer auszuüben. Mit weiblicher Intuition gelingt es ihr, den Mann hinter dem Mann sichtbar zu machen. Sie lädt das Modell ein, sich seine Pose selber zu finden und sich damit zu erfinden. Scheinbar lässig und unbeteiligt stellt sich der Mann zur Schau. Will er ihr gefallen, sich selbst gefallen, ihr gar einen Gefallen tun? Der alles durchdringende Blick der Malerin richtet sich auf das Verletzbare am Wesen des Mannes. "Bernard" wirkt in seiner Schüchternheit ungeheuer verletzlich, während die beiden "Brüder" lasziv und herausfordernd ihre gefallsüchtige Männlichkeit zur Schau stellen. Bei "Graf Róbert Pálffy" rückt unvermittelt die Last des Anspruchs, Taten vollbringen zu müssen, in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Anke Doberauer gelingt es allein durch die verspannte Handhaltung der Figur, ihr jede noch so geringe Illusion von Tatendrang zu nehmen. Man glaubt, die Männer wiedererkennen zu können: Den selbstgenügsamen" Massimo", oder "Yorgo", der mit ungeheurer Selbstsicherheit alle Klischees gesellschaftlicher Kasten ad absurdum führt. "Loup", vor gelbgrünem Hintergrund gemalt, zeigt sich als Kraftpaket mit wackeligem Stand. Eine andere Fragilität zeigt sich bei "Chris", er erscheint unentschieden und haltlos im Raum, so als ob er seine tatsächlichen Kräfte noch nicht ausgelotet hätte.

Unschuld und Erfahrung formen in den Männerbildnissen, die von Kopf bis Fuß auf Farbe eingestellt sind, Paarungen voller Ambivalenz. Jenseits geschlechts¬spezifischer Qualitäten oder Zuschreibungen reizt die Malerei Frauen wie Anke Doberauer zu Spitzenleistungen. Die Malerinnen nehmen den Mann, den Akt oder den Körper wie ehedem Maler: Mit krudem, unverstelltem Blick führen sie uns zu dem Geheimnis, von dem Hugo von Hofmannsthal seine Salome sagen ließ, es sei größer als das des Todes: die Liebe.

Immer bei Tageslicht gemalt, werfen diese Männer nur flüchtige Schatten. Der meist monochrome Hintergrund verwebt sich mit dem abgebildeten Sujet zu einem Ganzen. Auch hier findet Anke Doberauer einen Weg, die Gleichzeitigkeit von Ort und Handlung auf die Leinwand zu übertragen. Die Geschichte des Modells - des Mannes - ist spekulativ, genau so seine Zukunft, real nur der Moment des geraubten Bildes. Das Du und das Ich verschmelzen, es bleibt ihre Sicht der Dinge.

Jenseits der Abstraktion und Reduktion von Form und Farbe hat sich aufs Neue eine Form des expressiven Realismus herausgebildet, der sich als eine Synthese sämtlicher Realismen begreift. Von Rubens "Haupt der Medusa" führt der Weg vorbei an Christian Schads Alabasterhaut und Max Beckmanns Weltentheater zu Anke Doberauer und ihrem Bestreben, dem Mann sein Bild wiederzugeben.

Anne Maier Pressetext

only in german

Anke Doberauer "Männer"