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Wir freuen uns sehr, die neuen Arbeiten von Anne-Mie van Kerckhoven in ihrer dritten Einzelausstellung präsentieren zu können.

Quer durch Geschichte und Disziplinen verfolgt Anne-Mie van Kerckhoven Arten und Weisen, die Welt zu beschreiben, die sie zwischen den Gegenpolen von Eros und Ratio ansiedelt. Inhaltlich macht sie dies an den Konzepten vom sexualisierten, weiblichen Körper einerseits und einer technoiden, algorithmischen Logik andererseits fest, formal äußert sich diese Spannung in computergenerierten wie auch von Hand gezeichneten Bildentwürfen. Das Interieur bildet dabei seit Jahren einen Ort, der mit Verweisen auf vor allem philosophische Konstrukte aufgeladen wird und deren Vertreter sich in van Kerckhovens Ausstellungen zu diskursiven Seancen zusammenfinden. Das Interieur muss sich als Reflexionsraum einer Künstlerin, die selbst die Welt von einer feministischen Warte aus besieht, fast zwangsläufig eröffnen - ist es doch der traditionell angestammte Ort der Frau und Sinnbild für die Eingeschränktheit des weiblichen Aktionsradius.

Ihre jüngste Ausstellung "Oh, the Sick Lady - Ah, the Sick Lady (Explodes from Within)" vereint die sicherlich persönlichste Werkgruppe der Antwerpener Künstlerin und entstand während eines einjährigen DAAD-Stipendiums in Berlin. Die Erfahrung der räumlichen Distanz hat starken Niederschlag in den neuen Arbeiten gefunden: in den vier präsentierten Leuchtkästen sind die Innenräume nun nicht mehr Bühnen zur Entfaltung abstrakter Gedankenwelten, sondern psychogrammatische Architektur, in die sich die Befindlichkeiten der Künstlerin wortwörtlich einschreiben. "Back in Berlin" (2006) ist das erste Interieur, das während ihres Gastaufenthalts entstand. Das digital manipulierte Bild beruht auf einer Innenansicht des Schlosses Charlottenburg, in der die Künstlerin als schwarzer Schemen erscheint. Am unteren Bildrand finden sich einer Legende gleich zwölf Begriffe, die sich konkret auf bestimmte Motive im Bild beziehen und als Verweissystem für die Gedankenwelt der Künstlerin, die sich so direkt ins Bild setzt, fungieren. "Bedstorie Bed" (2006) ist in vieler Hinsicht bereits wieder distanzierter. Auf einer französischen Gravur des 17. Jahrhunderts basierend scheint hier ein tradierter, kunsthistorischer Topos auf, der unerlaubte, erotisierte Blick des Mannes auf die Frau. Wie bei allen der Leuchtkästen findet sich auch hier am unteren Rand eine Folge von Begriffen, die wie konzeptuelle Extraktionen aus dem Bild erscheinen, umgekehrt aber auch mögliche Zugangscodes bereitstellen. Dagegen repräsentieren das Hauptmotiv überblendende, abstrakt-geometrisch Formen ein Weltverständnis, das durch die künstlerischen Ansätze der Moderne gefiltert ist.

Die zwölf Zeichnungen, die sämtlich 2006 und 2007 entstanden und zunehmend collagierter werden, scheinen zwar aufgrund ihrer Handschriftlichkeit große psychologische Aussagekraft zu besitzen, dennoch zieht sich van Kerckhoven hier wieder auf grundsätzlichere Überlegungen zurück. Sie offenbart, wie sich geschlechtsspezifische Macht- und Repräsentationsverhältnisse manifestieren und sich dabei an konkret Fasslichem wie Raumzuteilungen und deren Einrichtungen festmachen lassen. Die angedeuteten Figuren in den Blättern beruhen auf einem Buch über Darstellungen weiblicher Gottheiten und deren Totemtiere, daneben scheinen Versatzstücke aus Möbeldesign und auch gänzlich abstrakte "Bewusstseinsformen" auf. Naturgemäß offenbart die Künstlerin in ihren Untersuchungen derart unterschiedlich abstrahierter Denkleistungen - praktischer wie spiritueller Natur - ihre eigenen intellektuellen Entwürfe und vermittelt dadurch dem Betrachter zusätzlich ihre ganz persönliche Weise, die Welt zu beschreiben.

Astrid Mania

BUM COLLAR - Exclusive Concert Anne Mie van Kerckhoven (visuals & electronics), DDV (voice & effects), Mauro Pawlowski (guitar), Paul Mennes (browntones & engineering); www.clubmoral.com Saturday, March 17, 9 pm

Parallel findet in der daadgalerie, Zimmerstraße 90/91 die Ausstellung "Über das ICH" von Anne-Mie van Kerckhoven statt.