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Aus einem flüchtigen Augenblick heraus, beispielsweise ausgelöst durch Licht- und Schattenspiele der Sonne, einer kurzen Illusion, sinnlichem Empfinden der Aura eines Raumes, unmittelbarem Fühlen und Spüren der eigenen Persönlichkeit – aus sich selbst schöpft Zipora Rafaelov die Impulse für ihre künstlerische Arbeit. Ihren intuitiv emotionalen Wahrnehmungen steht immer die Frage nach den Gründen, die Analyse und Reflexion der eigenen Gefühle gegenüber. Sie sind Anlass für ein künstlerisches Werk, das auf engste und sehr innige Weise mit Zipora Rafaelov selbst verknüpft und deshalb in seiner gesamten Vielschichtigkeit und seinem Facettenreichtum schwer zu erfassen ist, sich im Laufe des Lebens der Künstlerin ständig wandeln und weiterentwickeln wird.

Die Beschäftigung und Hinterfragung des eigenen Ichs erklärt, warum seit einigen Jahren, neben den Dingen des Alltags, linear umrissene Frauenfiguren Einzug in das Werk Zipora Rafaelovs gehalten haben. Diese Frauengestalten sind umhüllt, verwoben in der mannigfaltigen Vielfalt der Dingwelt und Natur und oftmals auch als sinnbildlich künstlerisches Portrait Zipora Rafaelovs zu verstehen. Bewusstes Wahrnehmen eines Schattenumrisses des eigenen Körpers weckt Assoziationen, vergessene Erinnerungen und Gedanken, die im Moment des Erkennens in das Bewusstsein gelangen und dann zu Rückschlüssen im Kontext mit Herkunft, Erziehung, Kultur, Tradition und Erlebtem führen. Die Frauengestalt wird zum Symbol der Selbsterkenntnis und zum Charakterbild mit unterschiedlichsten Prägungen: Mutter, Gefährtin des Mannes, Verführerin oder Sünderin.

Tagträume bringen uns in einen Zustand zwischen Wachsein und Hinweggleiten in die persönliche Traumwelt. Zipora Rafaelovs Arbeiten versetzen dem Betrachter in eine ähnliche Zwischenwelt, die für einen kurzen Moment einen Blick in das geistige Innere zulässt. Kleine, aus Multiplex-Sperrholz gesägte oder aus Filmpolyester geschnittene Formen von Dingen des persönlichen Alltags oder Frauenfiguren, Negativ - sowie Positivformen, schweben als Linien im Wechselspiel mit Licht und Schatten in äußerster Transparenz umher. Das Linienspiel und dessen Netz aus Schattenlinien in changierenden Weiß- oder Grauabstufungen verzerrt, verrätselt und verschlüsselt zusätzlich die abgebildeten Figuren. Die immense Vielfalt der Formen trägt dazu bei, dass der Betrachter aufgefordert ist innezuhalten, um im Verlauf des Wahrnehmungsprozesses vertraute Gegenstände wieder zu erkennen. Ebenso plötzlich ist die scheinbare Erkenntnis verflogen, verliert sich der Blick in der unendlichen Fülle, bis sich neue Vertrautheit durch entdeckendes Sehen einstellt.

Zugänge zu den Werken der Künstlerin eröffnen sich nur demjenigen, der durch den Geist Erkenntnis erlangt und damit die Zusammenhänge der Welt durchschaut, denn Wissen allein befähigt zum Sehen. Keinen geringeren Anspruch stellt die Künstlerin Zipora Rafaelov an ihre Kunst, deren Betrachter und schließlich auch an sich selbst.

Ansgar Skibas zeichnerische und malerische Arbeiten thematisieren in seiner Bildserie „Braut“ die Suche nach künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten für einen Romantikbegriff, der als rein emotionales Lebensgefühl zu verstehen ist. Das Motiv der Braut und des Brautkleides steht stellvertretend für die Darstellung einer nichtbildlichen, gedanklichen Gefühlswelt, die verborgen im Unterbewusstsein aus Sehnsüchten, Hoffnungen und Träumen besteht.

Die Pozesshaftigkeit dieser Suche nach einem geistig-emotionalen Gehalt jenseits von Klischeehaftigkeit, Typisierung, Traditionsgebundenheit und Konventionalität wird bei Betrachtung der seriell angelegten zeichnerischen Arbeiten Ansgar Skibas besonders sichtbar. Unabhängig von den zeichnerischen Arbeiten entstehen die Ölgemälde in zeitlicher Aufeinanderfolge. Im Gegensatz dazu sind die Tuschezeichnungen teilweise jahrelangen, immer wiederkehrenden, erneuten Arbeitsprozessen an unterschiedlichen Orten, auch außerhalb des Ateliers, ausgesetzt. Einer meditativen Konzentrationsübung gleich, schöpft Ansgar Skiba aus der zeichnerischen Wiederholung des Brautmotivs große Sicherheit in der Ausführung, die ihm schließlich die Konzentration eine intensive gedankliche Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Thema ermöglicht.

Das Motiv „Braut“ erleichtert dem Betrachter zunächst scheinbar den Zugang zum Bild, denn das Brautkleid erweckt Assoziationen eines Lebensgefühls, welches trotz der Kürze des Augenblicks emotional stark besetzt ist und in Erinnerung bleiben kann. Die scheinbare Vordergründigkeit und Banalität des Motivs wird durch die künstlerische Bildqualität und Verknüpfung mit dem Grundbedürfnis des Menschen nach Einbindung in einen kulturellen Lebenskontext widerlegt. Ansgar Skiba stellt dem Warencharakter der Werbe-Ikonen im Bereich der fotographischen Medien, dem Verlust von Traditionen durch Nivellierung gesellschaftlicher Regeln sowie der Erziehung zu einem vorgegebenen Rollenverständnis die Brautfigur als Inbegriff der Kultur der Weiblichkeit entgegen. Sie werden zur Spiegelfläche eigener Erinnerungen, Assoziationen oder Träume und fordern eine Auseinandersetzung auf geistiger Ebene - verweigern sich jedoch und bewahren Ihre endgültigen Geheimnisse. Ob Braut, Prinzessin, Engel scheinen nicht irdisch in ihrem Zustand der Auflösung in Seelenlandschaft und Licht. Diskret und mit großer innerer Würde fordern sie auf Geheimes, Verborgenes oder Vergessenes in innerer Zwiesprache wiederzuentdecken.

Jutta Meyer zu Riemsloh

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Ansgar Skiba, Zipora Rafaelov: Tagträume
Kurator: Jutta Meyer zu Riemsloh