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„Appearance / Auftritt“ lautet der Titel des Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramms der European Kunsthalle auf dem Ebertplatz im September/Oktober 2009. In wöchentlichem Wechsel treten vier international renommierte Künstler/innen – Julia Scher, Katja Davar, Miriam Bäckström und Yane Calovski – mit Präsentationen in Erscheinung, die im konkreten Kontext ihrer Aufführung einen interessanten Resonanzraum finden.

Julia Scher  11.–17. 09. 2009

Den Auftakt macht Julia Scher mit ihrer Audioinstallation „Predictive Engineering (Audio)“, 2009. Eine Mischung aus Verführung und autoritärer Anleitung ruft eine körperlose weibliche Stimme imaginäre Zonen „vorhersehbarer Konstruktionen“ auf, um Passanten in „kollektiver Sicherheit“ zu unterweisen. „Predictive Engineering (Audio)“ erinnert an Techniken der Überwachung und Kontrolle und reflektiert kritisch das verbreitete Versprechen, mithilfe von Technologien menschliches Verhalten vorausschauend lenken und konstruieren zu können. „Predictive Engineering (Audio)“ ist ein für die European Kunsthalle aktualisierter Remix von „Predictive Engineering2“ im San Francisco Museum of Modern Art, 1998/9. Schauplatz und Bühne ist das experimentelle Set-up der European Kunsthalle auf dem Kölner Ebertplatz. In einem jedermann zugänglichen Durchgangsraum platziert, wirft es die Frage auf, welche Öffentlichkeit eine Institution für zeitgenössische Kunst anspricht und welche gesellschaftlichen und kulturellen Übereinkünfte ihr zugrunde liegen. „Predictive Engineering (Audio)“ knüpft an diese Überlegungen an. So überblendet Julia Scher den kontrollierten öffentlichen Raum mit dem der Institution Kunst, während die Techniken der Überwachung und der (Selbst-)Kontrolle lustvoll aus dem Ruder laufen.

Katja Davar  18. – 24. 09. 2009

Katja Davars Zeichnungen und kurze Animationen sind charakterisiert durch die Gegenüberstellung und Überlagerung fließender, organisch wirkender Formen und technischer Strukturen wie Schalttafeln und Benutzeroberflächen, die sie häufig zu surreal anmutenden Raumentwürfen und (Stadt-)Landschaften verdichtet. Ihr Interesse an technischen Steuersystemen, die unseren Alltag organisieren, ist Ausgangspunkt auch ihrer neuen Arbeit „Reachability tree“, 2009, für die European Kunsthalle. Die Schaltpläne aller Ampeln um den Ebertplatz herum dienen ihr als Grundlage einer Stadtansicht, die durch die stark abstrahierte Darstellung von Bewegungs- und Zeitrhythmen entsteht, mittels derer die Nutzung des urbanen Raums geregelt wird. Transformiert in intelligente Planungsalgorithmen werden sie in Katja Davars Grafik und Animation zu einem ornamentalen Muster. Ergänzend ist die Animation „Silence is far form an idle task“ (2009) zu sehen. Diese zeigt eine Unter-Wasser-Landschaft, die durch die Spuren der Ausbeutung der Natur durch den Menschen gekennzeichnet ist und in der, wie aus einer anderen Welt, Sätze und Zitate über die Künstlergruppe Art & Language auftauchen.

Miriam Bäckström  25. 09.– 01. 10. 2009

Im Mittelpunkt des fotografischen und filmischen Werks von Miriam Bäckström steht das Verhältnis zwischen dem Realen und dem Inszenierten. Bekannt wurde Bäckström in den späten 1990er Jahren durch konzeptuelle Fotoserien von Räumen – verlassene Filmsets, Museumdisplays, menschenleere Wohnungen –, deren Geschichte in Abwesenheit ihrer Bewohner erzählt wird. Bäckströms Werke jüngeren Datums fordern Konventionen künstlerischer Subjektivität, des Dokumentarischen und Fiktionalen heraus. In der European Kunsthalle zeigt Miriam Bäckström ihre neue Plakatserie “I am More Important than You” (2009), ein Dialog zwischen einem “Ich” und einem “Du”, der die Grenzen zwischen dem vermeintlich Privaten und der öffentlichen Erscheinung hinterfragt. Bäckströms Beitrag für „Appearance/ Auftritt“ umfasst zudem ihren Film „Kira Carpelan“ (2007, 78 min.): ein psychologisches Experiment, ein Kunstprojekt, ein Dokumentarfilm und zugleich der Name einer jungen Künstlerin, deren öffentliches Bild im Film geschaffen wird.

Yane Calovski 2.10.- 4.11.2009

Was bleibt uns in Erinnerung von einem Ort ohne Geschichte? Dies ist die Leitfrage von Yane Calovskis Film „Hollow Land“ (2009, 8:13 min), den er in seiner Ausstellung in der European Kunsthalle auf dem Ebertplatz präsentiert. „Hollow Land“, ein Videoessay über einen neuen Stadtteil in Amsterdam, nimmt Bezug auf Jean-Luc Godards Kurzfilm über Lausanne, “Letter to Freddy Buache” und die dort artikulierte Unmöglichkeit, eine Stadt in all ihren Facetten darzustellen. „Fiktion ist eine Notwendigkeit“ schlussfolgert er daraus. Fiktionale Momente in urbanen Stadtentwürfen stehen auch im Mittelpunkt der zeichnerischen Reflexionen von Yane Calovskis Arbeit „Master Plan“ (2008). Ausgangspunkt sind die Pläne des japanischen Architekten Kenzo Tange für den Wiederaufbau Skopjes nach dem Erdbeben 1963 – eine vielschichtige Auseinandersetzung damit, wie sich der rationale Raum der Diagramme und Grafiken und der mystische Raum der Illusionen überlagern und die Pläne für morgen in der Realisierung altern.     Kuratiert von Astrid Wege, Anders Kreuger, Rike Frank

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APPEARANCE / AUFTRITT
Julia Scher, Katja Davar, Miriam Backstrom, Yane Calovski
Kuratoren: Astrid Wege, Anders Kreuger, Rike Frank