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Mit “Bees left it or bears do it” widmet die Galerie Bob van Orsouw dem armenischen Künstler Armen Eloyan (geb. 1966) ihre zweite Einzelausstellung, nachdem seine Arbeiten zuletzt institutionell in der Kunsthalle St. Gallen (2008) und der Parasol Unit in London (2007) präsentiert wurden. Weiterhin spielen Comic-Figuren eine zentrale Rolle. Zwar lassen die Motive einen Bezug zur Pop-Art aufkeimen; die Künstler, die Armen Eloyan verehrt, finden sich jedoch unter den abstrakten Expressionisten, insbesondere jenen, welche den Spagat zwischen figurativer und abstrakter Malerei meistern, wie De Kooning oder Guston. Im Unterschied zu früheren Gemälden hat sich Eloyans Palette aufgehellt und die Pinselführung geöffnet. Beides trägt zu einem befreiten Gesamteindruck bei. Die leuchtenden Farben werden zum Teil telquel von der Tube auf die Leinwand ausgedrückt, Umrisse verschwinden, Figur und Hintergrund verschmelzen bis zur Abstraktion.

Die fast "zoologische" Ansammlung von anthropomorphisierten Gestalten aus dem Comic-Tierreich, die im Atelier wie in einer Ahnenreihe neben Vertretern aus Märchen, Legenden und Sagen hängen, eröffnet verschiedene interpretatorische Perspektiven. Die wichtigste umfasst eine Auseinandersetzung mit aktuellen Mythologie-Substituten: Eloyans Arche Noah mit Katzen (Krazy Kat), Hunden (Goofy), Enten (Donald), Mäusen (Mickey, Minnie), Fröschen (Kermit), Schweinen (The Three Little Pigs) oder Hasen (Bugs Bunny) entstammt den Subkulturen und degradierten Mythen im Zeitalter einer allgegenwärtigen Disneyfizierung. Comic-Helden haben seit langem Götter ersetzt, sind Übermittler universeller Urbilder und Archetypen und dienen als Projektionsfläche für unsere Erfahrungen. Ihre individuelle Wesensart ist uns derart präsent, dass die gesamte Bandbreite menschlichen Schicksals mit Leichtigkeit evoziert werden kann (etwa der Mut Popeyes oder die Lügen Pinocchios). Dies gilt umso mehr, als die Bildhaftigkeit der Cartoons einen Vorteil gegenüber der mündlichen Überlieferung von Märchen oder folkloristischen Erzählungen hat: den sofortigen Überblick über das gesamte Bild und eine nachfolgende Assoziationskaskade.

Die rasche Fasslichkeit der Sujets in Kombination mit dem oft nur fingiert narrativen Charakter erlaubt die Fokussierung auf die formalen Qualitäten der gewaltigen Kompositionen Eloyans: eine wuchtige Malerei, eine „tour de force“, deren fast schon skulpturale Formen vulkanausbruchartig aus tektonischen Untiefen zu entstehen scheinen, bevor die dickflüssigen, fettigen Farbmassen mit einer etwas weichen Kruste auf der Leinwand erstarren. Und dennoch scheint kein Schritt der Choreographie dieser malerischen Performance dem Zufall überlassen, vielmehr ist er geführt von sicherer Intuition und künstlerischen Vorbildern. Denn auch für Eloyan ist die Gegenwart in der Vergangenheit begründet, auch wenn er während eines Gesprächs über Vanitas-Symbole in der Kunstgeschichte die einfache Frage stellt: Diese Bilder gibt es schon; warum sollte auch ich Totenschädel malen? Seine malerische Antwort erstaunt uns daher nicht: eine Serie von Stillleben mit orangefarbigen, ausgehöhlten und mit Fratzen versehenen "Halloween"-Kürbissen. Sie sind Stellvertreter für eine Feier, deren ehemaliger Bezug zum Totenreich in unserer zeitgenössischen Gesellschaft fast vergessen ist, und die stattdessen einer kommerzialisierten Maskerade weicht.

Adrian Ciurea, Rheumatologe und Sammler