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Alles ist möglich – aber in der zeitgenössischen Kunst entsteht tatsächlich nur selten etwas „Neues,“ etwas, das unsere Wahrnehmung und unseren Geist wirklich fordert. Werke, bei denen uns während der Betrachtung ein leichter Schwindel erfasst - ein Zeichen dafür, dass das Gesehene in keine bekannte Kategorie passen will. Wie bei der 2001 in Berlin gegründeten Künstlergruppe ARTISTS ANONYMOUS.

Ein Gedankenexperiment. Einmal angenommen, man könnte alle jemals geschaffenen Bilder übereinander legen, bis aus dieser Schichtung von Motiven und Farben Schritt für Schritt ein Einheitsfarbton würde. Das Ende der Farbigkeit. Vielleicht bliebe nur Schwarz. Everything is done. Oder wir nehmen an, es gäbe eine Art Resetbutton, um die innere und äußere Bilderflut zu löschen. Ein Neuanfang. Wahrscheinlich wäre das, was übrig bliebe, reines Weiß. Die Farbe, die alle anderen enthält, oder gemäß Malevich, der „monochrome Nullzustand.“ Everything is possible.

Diese beiden Pole thematisieren – in Form je eines weißen und eines schwarzen quadratischen Gemäldes – den Leitgedanken der Ausstellung bei Galerie Adler: Das komplexe Beziehungsgefüge zwischen künstlerischem Medium und den zahlreichen Aspekten des Farbspektrums. Die beiden Gemälde versinnbildlichen die Grenzpunkte, aus denen sich alles andere entwickelt. Die perfekte und dadurch quasi neutrale Figur des Quadrats, einmal in reinem Weiß und einmal in lichtabsorbierendem Schwarz, fungiert als Hinweis auf die konzeptionelle Herangehensweise der Künstlergruppe, in diesem Fall die Rückbesinnung auf das Wesentliche: Farbe und Form. Dass es sich hierbei um gemalte Bilder handelt, ist Teil des gleichen Gedankens, denn ARTISTS ANONYMOUS beginnen immer mit Malerei, der ursprünglichsten Form künstlerischen Ausdrucks. Nun wird der Betrachter eingeladen, alles bisher Gesehene zu vergessen und sich auf eine Reise in unbekannte Wahrnehmungswelten zu begeben. Farbe ist nicht einfach Farbe – was ist denn überhaupt dort, wo sie nicht sichtbar ist? Kann man Farbe auch „installieren“ ? Welche Empfindungen werden heraufbeschworen, wenn nicht nur Motive, sondern auch Farben „spiegelverkehrt“ erscheinen? ARTISTS ANONYMOUS kreieren Werke, die wie Fotonegative wirken, erschaffen großformatige Fotografien von Original-Malereien, lassen Bilder entstehen, die wie der Nachhall vergangener Bilder erscheinen, oder sie verarbeiten das Thema „Farblosigkeit“ als Installation.

Wäre das „Neue“ an ihrer Kunst einfach nur eine besonders provokante Bildsprache oder die Verwendung außergewöhnlicher Materialien, würde es uns nicht schwer fallen, dafür eine Kategorie zu finden und in oft geübter Weise zu reagieren – beispielsweise mit Gleichgültigkeit. Den fremdartigen Reizen von Positiv-Negativ Bildern jedoch, bei denen nicht mehr klar ist, was Original und was Abbild ist, deren „umgekehrte“ Farbigkeit uns dazu bringt, unermüdlich einen Ursprungszustand definieren zu wollen, stehen wir unvorbereitet gegenüber. Ähnlich entwaffnend wirkt die fast schmerzhafte Schönheit der Werke. Leuchtende Farben, harmonische Formen, und elegante Muster – alles perfekt und sehr geschmackvoll arrangiert, lenken den Fokus im ersten Moment auf den rein ästhetischen Aspekt der Werke. Noch während des Betrachtens aber tritt ein Wandel ein und dem Schauenden eröffnen sich unvermittelt und dadurch mit umso größerer Wucht, die gesamte Komplexität des Produktionsprozesses und die teilweise radikalen Inhalte der Arbeiten.

„Es geht um die Kunst und nicht um den Künstler!“ (AA, 2010). Aus diesem Grund werden Artists Anonymous auch bei dieser Vernissage nicht anwesend sein.

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Artists Anonymous - "everything is possible - everything is done"