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Auch wenn in unserer Epoche gerne neue Kulturtempel entworfen werden, wird weiterhin über zum Teil überholte Begriffe wie "White Cube" und "Black Box" diskutiert. Der Kubus widerspiegelt eine minimalistische räumliche Form, die aber wegen ihrer Gestalt eine Box (Schachtel) bleibt, welche einem Bild und seinem Rahmen ähnelt. Dieser neu aufgegriffene und banalisierte Ansatz ermöglicht eine gewisse Objektivität und Neutralität, welche diesen Kubus mit einer Welt konfrontiert, in der es keine wissenschaftliche Rationalität gibt und die sämtlicher Emotionen beraubt ist. Für diese Ausstellung lädt Fri-Art einen Künstler und zwei Architekten zu einer Zusammenarbeit ein, bei der nicht nur der Museumsraum, sondern auch dessen innere Struktur neu überdacht wird. Das Projekt ver-bindet das Indi-viduum mit seiner Umgebung und bietet sich an, ein gemeinsames räumliches Konzept zu entwickeln. Gleich-zeitig wird eine Reflexion über die "Beschaffenheit" der Welt weitergeführt und in Gang gehalten.

Anne Lacaton & Jean Philippe Vassal, welche sich international vor allem mit der Neugestaltung des Palais de Tokyo einen Namen gemacht haben, arbeiten immer mit einer gewissen Ethik. Sie versuchen eine Architektur-sprache zu entwickeln, welche über die Form hinausreicht. Da sie diese stets dem Programm unterordnen, ver-wenden die beiden bei ihrer Arbeit beispielsweise keine Modelle und ermuntern so die Zuschauer, die Architektur von innen nach aussen zu betrachten. Sie versuchen vermehrt, Architekturmodelle zu erproben, die mit ihrer Zeit und Topographie eine Einheit bilden. Zwänge und Vorschriften werden so zu Pluspunkten, welche die schöpferi-sche Kraft stimulieren. Somit werden die technischen Mittel ständig neu überdacht. Die Wahl der Materialien und der kostengünstigen Vorgehen erfolgen zugunsten des Raums. Jean-Philippe Vassal: "Die für die Rosen bestimmte Architektur beispielsweise ist mindestens zehnmal intelligenter als die für die Menschen. Es liegen Welten zwischen dem thermischen Komfort, den die Pflanzen in einem Gewächshaus geniessen, und den Bedingungen, unter denen die Bewohner eines Hauses leben. Angesichts dessen wird man sich schliesslich bewusst, wie stark Wohnhäuser noch in einer 'Schutzlogik' gefangen sind. Ihre Beziehungen zur Umgebung sind defensiver Art: möglichst wenig Fenster, möglichst viele Mauern und möglichst viel Isolation (...) Dank den jahrzehntelangen Forschungen weisen die Gewächshäuser heutzutage einen Intelligenzgrad auf, welcher im Vergleich mit der Architektur als Science Fiction anmutet. Die Temperatur kann auf fast einen halben Grad und die Feuchtigkeit auf nahezu ein Prozent genau eingestellt werden (...)". Ihre Programme sind voller Eleganz und Poesie, so dass die rationellsten Konstruktionen starke Eindrücke in Bezug auf die Beschaffenheit eines Ortes hervorrufen. Im Fri-Art werden acht Projektionen und ein Interview mit den beiden Architekten vorgestellt, in dem diese über acht ihrer Projekte sprechen.

Der Aargauer Künstler Daniel Robert Hunziker steht in einer ganz besonderen Beziehung zum Raum. Die mit dem Begriff der Räumlichkeit verbundenen architektonischen Gepflogenheiten sind ein integrierender Bestandteil seines Werks. Indem er die Architektur in sein Werk integriert, gelingt es ihm, dieses einem Ort einzugliedern. Seine räumlichen Inszenierungen und seine Konstruktionen ermöglichen es, Teile von Realitäten gemeinsam in Bilder umzusetzen und plötzlich sichtbar werden zu lassen. Auch die Wahl der Materialien und deren Zusammenstellung wird nie dem Zufall überlassen. Durch die Verbindung von Natur und technischem Know-how erhalten seine Werke einen Massstab, der sich an keinerlei Normen hält. Mit Vorliebe manipuliert der Künstler die Beziehungen des Massstabes und verleiht dem Modell häufig reale Ausmasse. Der Zuschauer sieht seine eigene räumliche Sensibilität und die ihm von der Gesellschaft auferlegten Baunormen somit aus einem anderen Blickwinkel. Nach Ansicht von Fri-Art reflektieren seine drei neuen Werke mit dem Titel "Findling" (2003) eine räumliche Suche, welche mit einer Neugestaltung des Ortes verbunden ist. Die Werke erinnern in ihrer Form an jene erratischen Blöcke, welche als Zeugen der Eiszeit besonders in der Region Freiburg an den ungewöhnlichsten Orten zu finden sind. Daniel Robert Hunziker spielt mit dem Raum und stellt diese monumentalen Blöcke mit ihren geodätischen Formen vor, welche sich um sich selber drehen und die Umgebung durch ihre zahlreichen Formen neu definieren. Teile des Modells des neuen Raums, der für Fri-Art konzipiert wurde, werden in der Vitrine des XXe zu entdecken sein. Endlich wird an einem Ort die Begegnung des unendlich Grossen mit dem unendlich Kleinen stattfinden.

Indem ein gemeinsames Reservoir von räumlichen Erfahrungen angelegt wird, zeigt diese Suche zwischen Kunst und Architektur den Abgrund einer Museumsumgebung auf, welche nicht nur unser Verhältnis zur Welt, sondern auch das Werk selbst in Frage stellen sollte. Als Vermittler der Wirklichkeit verwandeln sich Kunst und Architektur somit in "Chirurgen" des Sichtbaren, welche immer mehr Schichten in das Realitätsgefüge graben und dieses zunehmend offen legen. Pressetext