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Mit der Einzelausstellung OUT OF MY HANDS präsentiert der Nassauische Kunstverein ab dem 29. August 2010 neue Arbeiten von Aslı Sungu (*1975 Istanbul, TR), die in diesem Jahr das vom Nassauischen Kunstverein und der Stadt Wiesbaden jährlich ausgeschriebene Stipendium „Follow Fluxus – Fluxus und die Folgen“ erhielt. Das Ziel des noch jungen Stipendiums ist es, internationale junge Künstlerinnen und Künstler zu fördern, die in ihrem Werk die Ideen der Kunstbewegung Fluxus aufgreifen und diese weiterentwickeln.

Aslı Sungu arbeitet im Bereich Video und Malerei. Während ihres Aufenthaltes in Wiesbaden im Rahmen des Stipendiums „Follow Fluxus – Fluxus und die Folgen“ produzierte die Künstlerin eine Fotocollage und zwei neue Video-Filme, die in der Ausstellung OUT OF MY HANDS erstmals präsentiert werden. Die Hilflosigkeit des Menschen angesichts von Situationen, die außer Kontrolle geraten, wird in allen drei Arbeiten reflektiert. Während in den beiden Videoarbeiten der Gegensatz von Chaos und Kontrolle, die im Alltag abrupt aufeinander treffen, gezeigt wird – ein Thema, das Sungu bereits in vorangegangenen Arbeiten untersuchte – behandelt die Fotocollage ein stark autobiografisches Moment.

In dem Video UNVERMEIDBAR (2010) bahnen sich Missgeschicke im Kontext alltäglicher Geschehnisse an: Ein Glas mit Wasser droht über die Tischkante zu kippen, oder Milch in einem Topf ist kurz vor dem Überkochen. Im letzten Moment greift eine Person, die Künstlerin selbst, aus dem Off ein und versucht, die Eskalation im Alltäglichen zu verhindern – doch die Berührung gelingt nicht, das Bild ist eine Reflexion.

Die zweite Videoarbeit UNSICHTBAR (2010) wurde im Opelbad Wiesbaden und im Cercle d’Orient / Büyük Kulüp Freibad in Istanbul gedreht: In einem überfüllten Schwimmbecken tummeln sich Besucher. Der Eindruck des chaotischen Treibens – ein vertrautes Bild des Sommers – wird jäh unterbrochen durch einen einzelnen athletischen Schwimmer, der zielgerichtet und in gerader Linie eine Bahn durch das Becken zieht. Er agiert dabei unbeirrt und wird scheinbar absorbiert vom restlichen Treiben.

UNBERÜHRBAR (2010) vereint als Diaprojektion eine Collage aus 9 Elementen. Aslı Sungu fotografierte ihre Mutter in ihrer Wohnung in Istanbul aus verschiedenen Abständen. In den präsentierten Bildern nahm sie jedoch eine deutlich sichtbare Perspektivverschiebung vor – je weiter die Tochter sich von ihrer Mutter entfernt, desto größer und präsenter erscheint die Mutter. Umgekehrt, je näher sich die beiden sind, desto mehr verschwindet die Mutter.

Die lakonische Bildsprache von Aslı Sungu unterstreicht ihren künstlerischen Blick. Die analytischen Arbeiten gleichen einer Versuchsanordnung. Dafür verwendet sie ausschließlich minimalistische Mittel, um die Wahrnehmung der Komplexität von Alltagserscheinungen zu steigern. Der Betrachter wird dabei vom scheinbar objektiven Beobachter zum selbstreflexiven Teilnehmer.

Zum Stipendium und zur Ausstellung erscheinen eine Publikation und eine Edition.